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Hüfners Wochenkommentar Europa versus USA – die Wachstumsüberraschung

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Was ergibt sich daraus für die Märkte? Eigentlich müsste es zu erheblichen Umschichtungen kommen. Internationale Anleger müssten sich von Amerika verabschieden und sich Europa zuwenden. Das tun sie aber offensichtlich nicht. Der US-Dollar ist auf den Devisenmärkten immer noch recht stark. Die amerikanischen Aktien haben sich im bisherigen Jahresverlauf insgesamt sogar besser entwickelt als die europäischen. Die amerikanischen Rentenmärkte haben auf die Wachstumszahlen kaum reagiert. Die Langfristzinsen sind nach wie vor wesentlich höher als in Europa. Das liegt zum Teil aber an den Wertpapierkäufen der EZB.

Die Finanzmärkte scheinen gegenüber der realwirtschaftlichen Entwicklung also resistent zu sein. Das ist ungewöhnlich. Es gibt dafür aber einen einfachen Grund. Das sind die schwierigen politischen Verhältnisse in Europa. Zu den immer noch nicht ganz aufgearbeiteten Risiken in den südeuropäischen Krisenländern kommen in diesem Jahr das Thema Brexit und das leidige Flüchtlingsproblem hinzu. Die Politik macht die wirtschaftliche Dynamik Europas zunichte. Das ist kein neues Phänomen. Das hat es auch schon früher gegeben.

Die geldpolitischen Maßnahmen gleichen sich wieder an


Es wird jedoch nicht so bleiben, wenn nicht noch etwas ganz Überraschendes passiert. Vielmehr ist zu vermuten, dass die Geldpolitik in den USA und in Europa unter den Wachstumsgegebenheiten nicht auf so extrem unterschiedlichen Positionen bleibt. Die Federal Reserve wird einen langsameren Gang bei den Zinserhöhungen einschlagen (vermutlich nur noch eine Zinserhöhung in diesem Jahr). Die Europäische Zentralbank wird ihre Lockerung zwar nicht beenden. Sie wird vermutlich aber auch keine – oder wenn, dann nur bescheidenere – neue Expansionsmaßnahmen beschließen.

Für die Devisenmärkte heißt das: Die wichtigste treibende Kraft für die Dollar-Aufwertung in letzter Zeit wird schwächer. Der Markt wird weniger auf die Geldpolitik schauen als auf die realen Gegebenheiten. In den USA wird der Widerstand gegen weitere Wechselkursaufwertungen stärker werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass der US-Dollar am Jahresende gegenüber dem Euro bei 1,20 steht, ist aus meiner Sicht größer, als dass er bei der Parität ist.

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