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Hüfners Wochenkommentar „Ich zweifle, dass QE in Europa sinnvoll ist“

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Des Rätsels Lösung liegt nicht in Unklarheiten der Politik, sondern in der Anwendung verschiedener Instrumente zur Liquiditätsbereitstellung. Die Federal Reserve steuert die Liquidität dadurch, dass sie Wertpapiere am offenen Markt kauft. Dadurch erhalten die Verkäufer der Papiere Geld, das sie für Käufe in der Realwirtschaft oder für Kredite an Unternehmen und Private verwenden können.

Im letzten Jahr hat die Fed dadurch 85 Milliarden US-Dollar pro Monat in die Märkte geschleust. Jetzt sind es noch 45 Milliarden US-Dollar. Nach wie vor bekommen die Märkte also zusätzliches Geld, nur etwas weniger als vorher. Die Bilanzsumme der Fed steigt noch, nur nicht mehr so steil. Das ist das "Quantitave Easing" (Q/E).

Die Europäische Zentralbank gewährt den Banken Kredite über Wertpapierpensionsgeschäfte. Der große Schub kam 2011/2012 mit einem 3-jährigen Geschäft in Höhe von brutto rund eine Milliarde Euro. Das war in Form des "LTRO" = (Longer Term Refinancing Operation).

Die Banken konnten das Geld nach eigenem Gusto verwenden. Sie konnten Kredite an Unternehmen und Private vergeben (was die EZB am liebsten gesehen hätte), sie konnten hochrentierliche Staatsanleihen der südeuropäischen Schuldnerländer kaufen (was viele taten) oder sie konnten das Geld vorzeitig kündigen und der EZB zurückgeben. Letzteres hat zum Rückgang der Bilanzsumme der EZB geführt. Das war gar nicht im Sinne der EZB.

Um zu verhindern, dass das restriktiv wirkte, hat die EZB ihre sogenannte "Full Allotment"-Politik weitergeführt. Das heißt, sie hat den Finanzinstituten versprochen, bei allen Wertpapierpensionsgeschäften so viel Geld zuzuteilen, wie sie beantragten. Was sich geändert hat, war nur die Fristigkeit der Gelder. Bei dem großen LTRO bekamen sie 3-Jahres-Geld, bei den normalen Pensionsgeschäften Geld zu kürzeren Fristen.

Jede der beiden Methoden der Liquiditätsbereitstellung hat Vor- und Nachteile. Das amerikanische System ist die stärkere Medizin. Die Notenbank verlässt sich nicht auf die Kooperation der Banken. Sie entscheidet alleine, wie viel Geld sie schafft. Sie wendet sich zudem an alle Wertpapierbesitzer, nicht nur an die Banken. Keiner kann sich ihrem Einfluss entziehen. So kann man eine Krise effizienter bekämpfen.

Andererseits ist es schmerzhafter, wenn die Medizin abgesetzt wird, wenn also die Wertpapiere wieder verkauft werden müssen. Das treibt dann die Zinsen nach oben. Es erklärt, weshalb die Fed derzeit so vorsichtig vorgeht.

Das europäische System ist die schwächere Medizin. Sie wirkt nicht so stark. Sie kann dafür aber auch leichter zurückgeführt werden. Die EZB muss dann die Kredite einfach nicht verlängern. Das belastet die Kapitalmärkte weniger. Der Wirtschaft wird auch nicht direkt Geld "weggenommen". Allerdings haben die Banken weniger Geld.

Im Augenblick denkt die EZB darüber nach, ob sie nicht ein Q/E-Programm amerikanischer Machart auflegen sollte. Sie hofft damit, die Deflation wirkungsvoller bekämpfen zu können. Ich zweifle, dass das sinnvoll ist.

Es würde zwar mehr Power bringen. Die Bilanzsumme der EZB würde steigen. Ob es aber auch zu viel höheren Preissteigerungen führt, ist selbst nach den Berechnungen der EZB fraglich. Zudem würde es schwerer, den Ausstieg zu realisieren, wenn sich die Situation normalisiert. Auch daran muss man ja denken (zumal es vielleicht doch nicht mehr so weit entfernt ist).

Für den Anleger

Glauben Sie nicht alles, was die Notenbanken sagen. Die amerikanische Geldpolitik ist nicht so restriktiv, wie es nach den Worten der Fed scheinen mag. Die Liquidität nimmt immer noch kräftig zu.

Freilich ist auch die Geldpolitik im Euroraum nicht so expansiv, wie man es aus den Äußerungen der EZB ablesen könnte. Der absolute Betrag der Liquidität auf den Märkten geht zurück. Nirgendwo wird so heiß gegessen, wie gekocht wird. Wenn die Märkte jetzt etwas unsicherer sind, dann liegt es nicht an mangelnder Liquidität.

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