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Hüfners Wochenkommentar Trendwende oder Chimäre?

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Was steckt dahinter? Wirtschaftet der Staat doch besser als wir denken? Immerhin hat es die öffentliche Hand in Deutschland in den letzten Jahren geschafft, die Haushaltsdefizite, die sich 2010 auf 105 Milliarden Euro belaufen hatten, auf eine "Schwarze Null" zu reduzieren. Das ist eine Leistung, die nicht viele andere Staaten hinbekommen haben.

Zur Verringerung der Schuldenquote reicht dies freilich nicht aus. Dazu muss der Staat nicht nur keine Defizite mehr machen. Er muss Überschüsse erwirtschaften. Nur dann kann er die aufgenommenen Kredite zurückzahlen. Das liegt im Augenblick noch in weiter Ferne.

Dass die Schuldenquote von 2010 bis 2015 trotzdem zurückgeht, liegt an zwei Dingen. Zum einen hat sich das Bruttoinlandsprodukt um fast 400 Milliarden Euro erhöht. Damit wird der Nenner größer und die Schuldenquote verringert sich. Das war der wichtigste Effekt. Selbst wenn der Staat also keine Kredite zurückzahlt, geht die Schuldenquote allein durch das Wirtschaftswachstum zurück.

Zum anderen aber sind auch die Verbindlichkeiten des Staates kleiner geworden, und zwar um 73 Milliarden Euro. Das ist zwar nicht so groß wie der Wachstumseffekt. Aber immerhin trägt auch dies zu rund einem Fünftel zur Verbesserung der Schuldenquote bei. Das ist überraschend. Die Verbindlichkeiten des Gesamtstaats gehen zurück, obwohl er in seinen laufenden Ausgaben und Einnahmen keinen nennenswerten Überschuss erwirtschaftet.

Der Grund liegt in den Spätfolgen der Finanzkrise. Nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers 2008 hatte der Staat faule Kredite einzelner Banken (unter anderem der Hypo Real Estate) in seine Bücher genommen. Dadurch sollten die Institute vor der Insolvenz gerettet werden. Diese Kredite wurden in "Bad Banks" ausgegliedert. Sie werden jetzt Stück für Stück abgewickelt. Dadurch verringern sich die Verbindlichkeiten des Staates.

Das ist aber kein Zeichen finanzpolitischer Solidität. Es ist lediglich Ausdruck, dass die Aufräumarbeiten nach der Finanzkrise vorankommen. Die Situation im Bankensektor hat sich gebessert. Der Staat zieht sich aus seiner Hilfsfunktion zurück. Der Prozess wird noch einige Jahre weitergehen. Die FMS Wertmanagement, in der sich die Portfolien der Hypo Real Estate befinden, hatte Ende letzten Jahres noch ein Portfolio von 119 Milliarden Euro. In der Spitze waren es 176 Milliarden Euro.

Für den Anleger

Freuen Sie sich über die Verbesserung in den öffentlichen Finanzen. Das ist ein gutes Zeichen. Gehen Sie aber nicht davon aus, dass wir jetzt schon wieder solide Verhältnisse erreicht hätten. Zum einen ist der Schuldenstand im kommenden Jahr mit 72 Prozent immer noch sehr hoch. Zum anderen ist der erreichte Stand noch fragil. Jede Zinserhöhung oder Verschlechterung der Konjunktur kann schnell wieder zu steigenden Schuldenquoten führen. In den letzten 25 Jahren gab es schon häufiger Verbesserungen beim Schuldenstand. Sie waren jedoch nur kurzlebig.

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