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Hüfners Wochenkommentar Vier Denkfehler in der Griechenlandkrise

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Drittens: Es heißt, die Partner Griechenlands in der Währungsunion seien nicht bereit, Athen mit neuen Geldern unter die Arme zu greifen. Verwiesen wird darauf, dass nicht nur Deutschland, sondern beispielsweise auch Spanien einen Schuldenschnitt ablehnt.

Auch das ist nur die halbe Wahrheit. Wenn man genau hinhört, dann ist die Bereitschaft der Gläubiger, den Griechen zu helfen, selbst nach den harschen Worten zu Beginn der neuen Regierung erstaunlich groß. Keiner ist interessiert, es zum Knall kommen zu lassen. Jeder redet mit den neuen Leuten. Das liegt weniger an ökonomischen Überlegungen – Griechenland macht mit seinen 10 Millionen Einwohnern gerade mal 2 Prozent der Gemeinschaft aus. Entscheidend ist: Europa braucht die Griechen, um handlungsfähig zu sein, auch in der Ukrainefrage. Die Amerikaner machen Druck auf Brüssel, sich mit Athen zu arrangieren. Sie müssten sonst ihre Flottenpräsenz im Mittelmeer erhöhen.

Voraussetzung ist allerdings, dass Athen seine wirtschaftspolitischen Intentionen offen legt. Nur dann können die Gläubiger einschätzen, ob sie ihr Geld zurückbekommen können. Nur dann kann man sehen, ob es eine Basis für eine Zusammenarbeit in der Währungsunion gibt. Eine Währungsunion funktioniert nur, wenn sich alle an gemeinsame Regeln halten. Im Übrigen sind viele Länder im Euro interessiert, ob es ein Alternativkonzept zu dem bisherigen "Brüsseler Konsens" der Austeritätsspolitik gibt. Die Frage des wirtschaftspolitischen Konzepts ist wichtiger als alle Diskussionen über smarte Lösungen beim Schuldenschnitt.

Bisher lässt sich Athen hier nicht in die Karten schauen. Aus Wahlkampfäußerungen ist nur zu entnehmen, dass es mehr Staatseinfluss auf die Wirtschaft geben wird und mehr Umverteilung zugunsten der unteren Schichten. Das allein reicht aber nicht. Statt eines Investmentbankers sollte man lieber einen Wirtschaftspolitiker als Berater engagieren.

Viertens: Die neuen Männer in Athen machen den Eindruck, als hätten sie beliebig Zeit, um die Finanzierungsprobleme zu lösen. Sie lehnten gleich zu Beginn rundweg eine kurzfristige Hilfe der Partner in Höhe von 1,7 Milliarden Euro ab. Das sei nicht nötig.

Auch das ist nicht korrekt. Richtig ist, dass das Zeitfenster, das Athen hat, sehr eng ist. Im Augenblick kann sich das Land noch mit Hilfskrediten der Zentralbank (ELA = Emergency Liquidity Assistance) über Wasser halten. Es gibt auch noch Reserven im Haushalt. Im Zweifel könnte sie nach dem Muster Zyperns Kapitalverkehrskontrollen einführen, um den Kapitalabfluss ins Ausland zu stoppen. Aber je näher der Zeitpunkt kommt, an dem Zahlungen an die Gläubiger geleistet werden müssen, umso schwieriger wird es. Es kann dann schnell zu Verzögerungen bei den Zahlungen kommen, was einen Staatsbankrott auslösen könnte. Wenn es wirklich zu einem "Grexit" kommen sollte, dann am ehesten "Per Accident".

Für den Anleger

Bereiten Sie sich auf weitere Turbulenzen in der Währungsunion vor und sichern Sie Positionen ab. Das Mantra, dass ein "Grexit" für die Gemeinschaft gar nicht so schlimm ist, gilt nicht mehr. Zwar würde er am Ende nicht zu einem Zusammenbruch des Euros führen. Er würde aber Schockwellen auslösen, die bestimmt nicht geringer wären als das was wir nach der Freigabe des Schweizer Franken im Januar erlebten.

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