LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 4 Minuten
ANZEIGE

Im Gespräch mit Dag Rodewald UBS „Factor Investing ist definitiv kein Modethema“

Das Interesse für Faktor-Investments ist derzeit sehr groß, jeder will mitmachen. Worauf führen Sie die starke Nachfrage vor allem zurück?

Rodewald: In einem Umfeld anhaltend niedriger Zinsen und erhöhter Unsicherheit suchen Anleger nach alternativen Anlagekonzepten. Und immer mehr Anleger entdecken dabei die Vorteile von Factor Investing. Faktor-basierte Strategien weichen bewusst von den breiten, marktkapitalisierungsgewichteten Standardindizes ab. Faktoren wie Qualität und Low Volatility können dabei helfen, das Risiko-Ertrags-Profil eines Portfolios über lange Zeiträume zu verbessern. Auch historische Performance- und Risikoanalysen zeigen, dass bestimmte Faktor-basierte Portfolios den breiten Markt langfristig übertroffen haben.

Aber handelt es sich auch wirklich um einen nachhaltigen Trend?

Rodewald: Der Bereich wird in den nächsten Jahren ein beherrschendes Thema in der ETF-Industrie bleiben. Nicht nur die Anzahl der Produkte, sondern auch die Mittelzuflüsse sind in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Factor Investing ist definitiv kein Modethema. Einer Studie der Fondsanalysten von Lipper Alpha zufolge werden in Europa derzeit rund 1,7 Milliarden Euro in Faktor-ETFs verwaltet. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 waren es noch knapp 250 Millionen Euro.

Kritiker bemängeln, das sei nur alter Wein in neuen Schläuchen. Faktoren wie Size oder Value gibt es ja schon seit den 1990er Jahren.

Rodewald: Es ist richtig, dass faktorbasiertes Investieren an sich schon lange praktiziert wird, vor allem im aktiven Fondsmanagement. Relativ neu ist jedoch das zunehmende Angebot von Faktorlösungen in Form von börsengehandelten Indexfonds (ETFs).  Die Vorteile in der Umsetzung der Faktorstrategien mithilfe von ETFs sind allgemein bekannt: transparent, regelbasiert und kostengünstig. Im Allgemeinen werden diese Faktorstrategien auch als Smart oder Strategic Beta bezeichnet, oder wie wir bei UBS sagen: Alternative Beta. Und es sind im Laufe der Jahre weitere Faktoren hinzugekommen, mit denen sich Risikoprämien verdienen lassen.

Welche Vorteile bieten diese Faktor-Strategien gegenüber traditionellen Investments?

Rodewald: Im Grunde schließt Alternative Beta die Lücke zwischen klassischem Markt Beta und reinen Alpha Investments. Das wesentliche Merkmal von Alternative Beta ist die Index-Konstruktion basierend auf einem konsequenten und disziplinierten Ansatz. Dies erlaubt eine klar definierte Aktienauswahl, die fokussiert auf dem jeweiligen Faktor gewichtet ist.

Welche wesentlichen Faktoren gibt es beziehungsweise sind auch für den Privatanleger nutzbar?

Rodewald: Aus unserer Sicht sind es sechs Faktoren. Value, Size und Momentum gelten als Eckpfeiler des Alternative-Beta-Investierens und der wissenschaftlichen Forschung, genauer gesagt dem Fama-French Model. Hinzu kommen Low Volatility, Yield, also Dividende, und Quality, die jetzt auch allgemein von Anlegern und Wissenschaftlern als Faktoren anerkannt werden. Und Privatanleger können in diese einzelnen Faktoren über passive Anlagevehikel wie ETFs investieren. Solche ETFs bieten den Anlegern die Flexibilität, einen oder mehrere bevorzugte Faktoren auszuwählen. Allerdings sollten Anleger genau auf die zugrunde liegenden Kriterien achten, die bei der Erfassung des Faktor-Exposure angewendet werden. Denn je nach Anbieter und Index-Konstruktion können die Renditeunterschiede beträchtlich sein.

Wo stößt Factor Investing an seine Grenzen?

Rodewald: Gerade die Konzentration auf einzelne Faktoren kann zu Enttäuschungen führen. Denn Faktoren sind zyklisch, nicht jeder Faktor erzielt in jeder Marktlage eine Outperformance gegenüber dem Referenzindex. Es gibt durchaus Marktphasen, in denen ein Investment in einen einzelnen Faktor eine schlechtere Performance erzielt als der Referenzmarkt.

Was raten Sie Anlegern?

Rodewald: Eine gute Lösung sind Multi-Faktor-ETFs. Sie fassen mehrere Faktoren zusammen und diversifizieren somit das Risiko. Und Market Timing sowie regelmäßiges Umschichten entfallen. Entscheidend ist, dass eine geschickte Kombination der verschiedenen Faktoren gegenseitige Überschneidungen verringert und den Anlegern effizientere Risiko-Rendite-Ratios im Vergleich zu Portfolios ohne Faktor-basierte Strategien ermöglicht. Doch auch bei den Multi-Faktor-ETFs gibt es mehrere Varianten.

Und welche Varianten setzt die UBS ein?

Rodewald: Unserer Ansicht nach lässt sich ein Multi-Faktor-ETF am besten mit einem Portfolio umsetzen, bei dem die sechs etabliertesten Aktienfaktoren gleichgewichtet sind. Das besondere an unserem Ansatz ist außerdem, dass wir diesen individuellen Faktoren eine Top-down-Allokation vorziehen, die einer vierteljährlichen Neugewichtung unterliegt. Für das US-Aktienuniversum spiegelt sich dieser Ansatz beim MSCI USA Select Factor Mix Index wider. In den vergangenen zehn Jahren erzielte er eine Überschussrendite von 153 Basispunkten pro Jahr gegenüber dem Standardindex MSCI USA. Dies zeigt, dass die individuellen Faktoren untereinander tatsächlich diversifizierende Eigenschaften haben. Daher schafft die Kombination aller sechs Faktoren den entscheidenden Mehrwert für die Anleger.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen