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„In Hongkong, nicht China muss man investieren“

Hier sich zwei Monate in Hongkong auf: Fondsmanager Damien Lanternier
Hier sich zwei Monate in Hongkong auf: Fondsmanager Damien Lanternier
„Selbst Investoren aus Hongkong legen gegenüber chinesischen Firmen noch Zurückhaltung an den Tag.“

Rechtlich, politisch und währungstechnisch unabhängig, ist Hongkong gleichzeitig aber auch in China integriert, das sein wichtigster Handelspartner ist. Die Enklave ist zudem ein privilegierter Posten um den gesamten asiatischen Kontinent zu beobachten.

In diesen Wochen und im Zuge meiner offiziellen und inoffiziellen Kontakte zu Unternehmen und Investoren vor Ort oder aus dem Ausland hatte ich die Gelegenheit, die chinesische Geschäftswelt aus der Nähe zu betrachten.

Die Politik der Führung durch eine einzelne Person

Dieses Universum wartet mit einigen Besonderheiten auf den Investor aus der westlichen Welt, der sich im Übrigen gewöhnlich nicht alleine auf dieses Parkett wagt. Viele dieser Unterschiede basieren auf einem typischen Merkmal chinesischer Unternehmen: Das auffällige Fehlen einer Unternehmenskultur.

Es ist äußerst selten, dass Angestellte einer Firma, erst recht in der Privatwirtschaft, eine gemeinsame strategische Vision teilen. Unter diesen Umständen ist es nicht leicht, gemeinsam in dieselbe Richtung zu gehen.

Das Ziel der Mitarbeiter besteht in erster Linie darin, den Willen des Geschäftsführers zu erkennen und individuell seinen Erwartungen gerecht zu werden. Der Geschäftsführer selbst hingegen neigt eher dazu, sich individuell mit dem Wachstum seines persönlichen Vermögens zu befassen. Denn in China ist es wichtiger, sein Vermögen zu vermehren, als sich damit zu begnügen, es zu erhalten.

Dies erklärt ein Verhältnis zum Risiko, das deutlich von dem unseren abweicht und direkte Auswirkungen auf den Unternehmensbetrieb hat. Das Hauptanliegen der Geschäftsführung besteht oftmals darin, den von dem Unternehmen realisierten Hebeleffekt zu maximieren. Dabei wird größtmögliche Diskretion an den Tag gelegt.

Der Zweck heiligt alle Mittel: strukturierte Kreditprodukte, die noch immer wenig Transparenz bieten – nach dem Vorbild der „Collateralized Debt Obligations“ (CDO), indirekte Garantien, ein Darlehen nach dem anderen, das nie getilgt wird und so weiter. Bei den lokalen Unternehmen kommt es sogar häufig vor, dass drei verschiedene Buchführungssysteme gepflegt werden: eines für das Finanzamt, eines für das Management und eines für die Aktionäre.

Mauern vor den Toren

Vor diesem Hintergrund ist leicht nachvollziehbar, dass beispielsweise der deutsche Anbieter von Verwaltungssoftware SAP, Schwierigkeiten bei der Erschließung des lokalen chinesischen Marktes hat, auf dem es keine transparente Buchführung gibt.

Hinzu kommt, dass es der chinesischen Kultur völlig zuwiderläuft, einfach eine Software zu kaufen. Sowohl chinesische Unternehmen als auch  Privatpersonen messen immateriellen Vermögenswerten nur wenig Wert.

Dies erklärt die Schwierigkeit, auf dem Markt für Videospiele Fuß zu fassen. Das klassische Konsolenspiel, bedroht von Softwarediebstahl, ist wenig erfolgreich und die Branche konzentriert sich im Wesentlichen auf Online-Videospiele. Diese Welt wird von dem lokalen Marktführer für soziale Netzwerke, Web-Portale und E-Commerce Tencent dominiert, der 50 Prozent seiner Einnahmen im Bereich des Online Gaming erzielt.

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