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Aktualisiert am 20.06.2018 - 10:59 UhrLesedauer: 5 Minuten
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Interview mit Mark Mobius „Wir müssen die Definition von Schwellenländern überdenken“

Herr Mobius, wie war das eigentlich damals, als Sie das Schwellenmärkte-Geschäft aufschließen konnten?

Mark Mobius: Ich fing in den 1980er Jahren als Researcher bei Vickers da Costa an, damals eine der größten Maklerfirmen Großbritanniens. Aber das Unternehmen war auch in Asien und insbesondere in Japan sehr groß. Und dann wurde ich eines Tages nach Taiwan entsandt, um eine Niederlassung für das Unternehmen zu eröffnen.

Während ich bei Vickers da Costa war, hatte ich Präsentationen vor Kunden gehalten – und einer dieser Kunden war Sir John Templeton. Ich besuchte ihn ein paar Mal auf den Bahamas, und er hatte diese Schwellenmarktidee: Er wollte einen Fonds gründen und bat mich diesen Schwellenmarktfonds zu leiten. Ich sagte zu ihm: „Sehen Sie, wenn Sie in den Schwellenländern aktiv sein wollen, müssen Sie in den Schwellenländern sein. Sie sollten ein Büro in Hongkong eröffnen.“

Und genau das haben Sie dann auch getan?

Mobius: Damals, 1987, sind wir mit 100 Millionen US-Dollar in sechs Märkte eingestiegen, in denen wir investieren konnten. Erinnern Sie sich? Zu jener Zeit waren alle Länder in Lateinamerika entweder sozialistisch oder unter der Herrschaft einer Diktatur und für ausländische Anleger unzugänglich. Osteuropa lag hinter dem Eisernen Vorhang. Auch in Asien waren viele der Länder geschlossen. China war gänzlich abgeschlossen. Die Sowjetunion war unzugänglich. Es gab folglich nur einige wenige Staaten, in denen wir investieren konnten. Von diesen sechs Ländern lagen fünf in Asien und eines davon war Mexiko. So haben wir angefangen.

Könnten Sie uns etwas zur Arbeit mit Sir John Templeton erzählen? Welche Erfahrungen hatten Sie mit ihm gemacht?

Mobius: Sir John war eine wirklich einzigartige Persönlichkeit. Am meisten hat mich bei ihm beeindruckt, dass er sehr sparsam war. Er war sehr geduldig, sehr ausgeglichen. Ich habe ihn nie wütend erlebt, und nie gesehen, dass er aus irgendeinem Grund die Beherrschung verliert.

Und er war sehr weitsichtig. Er erklärte immer, man müsse mindestens fünf Jahre in die Zukunft blicken.

Gibt es ein Beispiel dafür?

Mobius: Ich erinnere mich daran, als er so um die 70 Jahre alt war, kaufte er eine ganze Lagerhalle voller Amethysten, die violette Varietät des Minerals Quarz, die damals nicht viel wert waren.

Jemand fragte ihn: „Was denken Sie, wie lange wird es dauern, bis diese Edelsteine an Wert gewinnen?“ Er sagte: „Ungefähr 20 Jahre.“ Und das, als er schon 70 Jahre alt war! Wissen Sie, dasselbe hat er mit Immobilien gemacht. Er kaufte Grundstücke und sagte: „Nun, diese Parzellen werden in etwa 30 Jahren an Wert gewinnen.“ Er glaubte fest daran, dass man eine langfristige Perspektive haben muss. Man muss geduldig sein. Und natürlich nach Schnäppchen suchen. Er sagte immer: Man muss kaufen, wenn alle anderen verkaufen, und verkaufen, wenn alle anderen kaufen.

In der Erinnerung sehen die meisten Marktteilnehmer John Templeton als überzeugten Value-Investoren…

Mobius: …interessanterweise, wie Sie wissen, sind viele Branchenkenner der Meinung, dass sich Sir John nur auf Value konzentriert hat, das heißt auf günstige Aktien, niedriges KGV, niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis und so weiter. Aber das war nicht unbedingt der Fall.

Er legte einen besonderen Schwerpunkt auf Flexibilität. Er wies darauf hin, es dass es keinen einzelnen Anlageansatz gibt, der immer funktioniert. Man müsse bereit sein, sich zu ändern und sich anzupassen, so sein Credo. Und leider haben wir häufig nicht darauf geachtet.

Wissen Sie, sich einfach an ein Value-System zu halten, zumindest in dem Sinne in dem „Value“ gemeinhin verstanden wird, also niedriges KGV, niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis und so weiter, hat nicht immer funktioniert. Ein gutes Beispiel war die Internet-Ära, in der sich Unternehmen trotz enormer KGVs sehr, sehr gut entwickelten. Ich halte es für wichtig, sich daran zu erinnern, dass Sir John sehr flexibel und stets offen für Neues war.

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