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Aktualisiert am 27.01.2020 - 17:45 Uhrin MärkteLesedauer: 4 Minuten

„Brot-und-Butter-Schiffe kommen früher aus der Krise“

Dirk Schildwächter
Dirk Schildwächter

DAS INVESTMENT.com: Die Wirtschaftskrise schlägt auf den Schiffsmarkt durch. Gegenwärtig sind rund 480 Containerfrachter ohne Beschäftigung. Das entspricht mehr als 10 Prozent der Gesamtflotte, die Überkapazität beträgt 1,3 Millionen Containerstellplätze (TEU). Wird sich die Situation nochzuspitzen? Dirk Schildwächter: In den kommenden Monaten wird weitere Tonnage an den Markt kommen, was die Überkapazitäten verstärken und die Charterraten noch weiter unter Druck setzen wird. Doch sollte man den Markt nicht pauschal beurteilen, denn die 200 noch abzuliefernden großen Containerfrachter verzerren das Bild. DAS INVESTMENT.com: Wie wird das Bild denn stimmig? Schildwächter: Wir haben beim Bremer ISL Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik eine Studie über den Ausblick für Containerschiffe in Auftrag gegeben. Ergebnis dieser Studie ist, dass sich insbesondere für kleinere Schiffe der Größenordnung bis zu 3.000 TEU ab 2010 die Nachfragelücke deutlich verkleinern wird und wir dort noch im Jahr 2012 mit einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage rechnen können. Damit ist Licht am Ende des Tunnels – auch wenn es noch um die Ecke scheint. Für die größeren Schiffe entspannt sich allerdings laut ISL erst ab 2013 der Markt langsam. DAS INVESTMENT.com:  Und woran liegt das? Schildwächter: Die größten Wachstumsraten verzeichneten in den vergangenen Jahren Schiffe mit mehr als 4.000 und bis zu 12.000 TEU. Die noch vergleichsweise jungen großen Containerfrachter, von denen auch noch eine ganze Zahl in den Orderbüchern steht, übernehmen vorrangig den Langstreckenverkehr etwa zwischen Europa, USA und China. Sie sind damit besonders stark von der Eintrübung der Weltwirtschaft betroffen. Die unteren Größenklassen sind flexibler, da sie auch kleinere Häfen anlaufen können und überdurchschnittlich oft auf kleineren Rundreisen im Einsatz sind. Zudem gibt es im „Brot-und Butter"-Schiffssegment bis 3.000 TEU ein erhebliches Verschrottungspotenzial, da etliche Schiffe über 25 Jahre alt sind und wenige Neubauablieferungen dieser Größe noch kommen. Damit kann der Überkapazität gegengesteuert werden. In die ISL-Studie ist übrigens die aktuelle, nochmals nach unten korrigierte Prognose des Internationalen Währungsfonds eingeflossen, die für 2009 einen Rückgang des Welthandels um rund 11 Prozent erwartet. DAS INVESTMENT.com: Waren die ISL-Studienergebnisse auch dafür verantwortlich, dass die Anleger Ihres momentan charterlosen 2.890-TEU-Containerschiffes „Champion“ sich entschieden haben, das Schiff nicht zu verkaufen? Schildwächter: Ja, wir hatten Ende März auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung anhand einiger Vorab-Ergebnisse der Studie die Marktchancen aufgezeigt. Immerhin könnte laut ISL in drei Jahren eine Situation wie zu Anfang 2008 herrschen – damals war die „Champion“ für einen Tagessatz von 18.700 Dollar verchartert. DAS INVESTMENT.com:  Bei den Kreditinstituten scheint man aber weniger hoffnungsfroh. Immerhin weigerte sich die finanzierende Bank, für die „Champion“ ein weiteres Darlehen zu übernehmen. So werden jetzt die Anleger bis Ende 2010 in Raten einen Liquiditätsbedarf von 4,36 Millionen Euro nachschießen. Schildwächter: Das Schiff ist absolut marktgängig, es hat einen Tilgungsvorsprung von zweieinhalb Jahren und eine Restschuld von nur noch 1,3 Millionen Dollar, für die wir ganz sicher ein Darlehen bekommen hätten. In diesen Zeiten gewähren die Institute aber prinzipiell keinen Kredit für Liegezeiten. Das hat nichts mit den mittelfristigen Marktchancen zu tun. Die 4,36 Millionen Euro umfassen also die Liegekosten, Dockung, eine Liquiditätsreserve und die Ablösung der Resthypothek – wobei wir unterstellen, dass das Schiff bis Ende 2010 keine Einnahmen erzielt und 2011 lediglich die Betriebskosten verdient. Das ist ein Worst-case-Szenario. Unsere Anleger haben vor diesem Hintergrund eine sinnvolle unternehmerische Entscheidung getroffen, die belohnt werden wird. DAS INVESTMENT.com:  Wie viele Schiffe haben Sie noch in der Pipeline? Schildwächter: Wir erwarten nächste Woche den vorläufig letzten Produktentanker, einen Neubau, der beschäftigt und durchfinanziert ist. Wir hatten diesen Tanker bereits 2006 in Auftrag gegeben und nicht noch 2007 oder 2008, als es die ersten Anzeichen für einen möglichen Marktabschwung gab. Wir haben in den nahezu 25 Jahren, die wir jetzt im Schiffsbereich aktiv sind, mehrere Wirtschaftszyklen miterlebt und unsere Lehren daraus gezogen. DAS INVESTMENT.com:  Wie viel haben Sie von Ihrem Portfolio-Fonds Ocean Shipping II platziert, der zwei Produktentanker und ein Containerschiff umfasst? Schildwächter: Rund 10 Prozent des Eigenkapitals. Mit dem Fonds sind wir seit dem vierten Quartal 2008 in der Platzierung, der Vertrieb bleibt damit deutlich hinter den Erwartungen zurück. Umso erfolgreicher waren wir bei der Anschlusscharter für das 2.700-TEU-Containerschiff Olivia, das in dem Fonds fährt und jetzt ab Mitte des Jahres für zwei Jahre an die Hamburg-Süd-Tochter Rudolf August Oetker RAO verchartert ist. Der Tagessatz von rund 22.000 Dollar liegt nur unwesentlich unter dem prospektierten Wert. DAS INVESTMENT.com:  Sie haben Ihr Unternehmen zu einer Aktien-Holding umfirmiert. Ist damit ein möglicher Börsengang angedeutet? Schildwächter: Nein, die Börsennotierung hat sich im Nachhinein für Emissionshäuser nicht unbedingt als Vorteil erwiesen. Die Interessen von Aktionären und Fondsanlegern laufen nicht unbedingt in die gleiche Richtung, zudem sind Sie gezwungen, immer eine Produktpipeline vorzuhalten. Doch bietet uns die Holding-Lösung jenseits aller Börsenhektik die Möglichkeit, alle Firmenbeteiligungen zu bündeln und zu koordinieren - nicht zuletzt unseren Zweitmarkt und die Interessen unserer Reederei Martime, an der wir vor kurzem die Mehrheit erworben haben. DAS INVESTMENT.com: Wer hat das AG-Stammkapital von 9,5 Millionen Euro eingebracht? Schildwächter: Die aktiven Vorstandsmitglieder und die GEBAB Holding.

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