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Jens Spudy und Kurt von Storch: „Bauhaus, Obi und Hornbach sind die Gewinner der Krise“

Jens Spudy (links) und Kurt von Storch, Flossbach & <br>von Storch (rechts), im Gespräch mit Redakteur <br>Malte Dreher. Quelle: Thomas Görny
Jens Spudy (links) und Kurt von Storch, Flossbach &
von Storch (rechts), im Gespräch mit Redakteur
Malte Dreher. Quelle: Thomas Görny
DAS INVESTMENT.com: Es ist Krise, und darüber müssen wir reden. Herr von  Storch, wie ist es um die Befindlichkeit von Anlegern und vermögenden Investoren bestellt?

Kurt von Storch: Ich glaube nicht, dass die Krise bei normalen Bundesbürgern angekommen ist. Die ist mehr bei denjenigen Leuten angekommen, die tatsächlich ein Vermögen besitzen und sich aus diesem Grund Sorgen machen.

DAS INVESTMENT.com: Woran liegt das?

von Storch: Es war Fußball-WM, es wird Sommer, der Urlaub ist gebucht, jeder hat einen Flachbildfernseher, es geht um andere Themen. Dass wir mit den Entscheidungen für das Euro-Hilfspaket am 8. und 9. Mai und durch Stützungskäufe der Europäischen Zentralbank eine völlig andere Ära begonnen haben, ist in den meisten Haushalten nicht präsent.

DAS INVESTMENT.com: Geben Sie der Ära doch mal einen Namen.

von Storch: Ab sofort werden Schulden mit Schulden bekämpft. Das ist der falsche Weg, aber es ist die Entscheidung, die die Politiker getroffen haben. Hiermit verlängert man das Problem jedoch nur zeitlich, man löst es nicht und bekämpft nicht die Ursachen. Wir haben Jahre und Jahrzehnte über unsere Verhältnisse gelebt. Der eine mehr, der andere weniger.
DAS INVESTMENT.com: Einer Umfrage zufolge gibt ein Großteil britischer Volkswirte dem Euro keine fünf Jahre mehr.

von Storch: Die Kaufkraft des Pfundes wird sich ähnlich verringern wie die des Euro. Die Briten sind jetzt froh, nicht im Euro zu sein. Nur hat England keine Industriebasis und auch einen Haufen Schulden, besonders im privaten Bereich. Es geht aber nicht darum, ob die besser sind als wir oder wir besser sind als die.

DAS INVESTMENT.com: Sondern?

von Storch: Europa hat aktuell eine große Chance vertan. Wir hatten die Möglichkeit, analog zu einem verschuldeten Unternehmen, mit einer Insolvenz von Griechenland zu arbeiten. Das Land hat zu viele Schulden, und es kann so einfach nicht funktionieren. Dann muss man einen Teil der Schulden mit einer Insolvenz beseitigen. Das hat man nicht gemacht. Nun helfen wir Griechenland, und das ist meiner Meinung nach nicht der richtige Weg. Man hat sich nur Zeit gekauft.

Jens Spudy: In Europa wurde einfach nur das Paket übergeben. Zukünftig soll Griechenland sparen und wachsen. Das funktioniert so gar nicht. Griechenland verfügt nicht über die wirtschaftliche Grundlage, auch nur annähernd die Schulden zu begleichen, selbst wenn man theoretisch die Zinsen auf null senkt.

DAS INVESTMENT.com: Hätte man Griechenland pleitegehen lassen sollen?

von Storch: Was heißt pleitegehen lassen? Eine Insolvenz wäre richtig gewesen. Es geht ja nicht darum, den Laden zu schließen. Aber diejenigen, die so unvorsichtig waren, denen Geld zu leihen, müssen an der Lösung beteiligt werden. Das ist ja das nächste Problem. Wir retten gerade das europäische Bankensystem mit Steuergeldern das zweite Mal. Die Banken haben mit vollem Bewusstsein höher verzinste Anleihen aus Ländern wie Spanien, Italien und Griechenland gekauft, um eine höhere Rendite zu erzielen. Die landet jetzt im Handelsbuch, und vielleicht gibt es wieder einen Bonus. Die haben sich darauf verlassen, dass die Politik sie wieder rausholt.

Spudy: Es hätte einen harten Schnitt geben können und müssen. Da es keinen Wechselkursmechanismus mehr gibt, der früher wirtschaftlich schwachen Ländern über eine schwächere Währung schneller wieder zu Wachstum verholfen hat, müsste das heute ausschließlich über die Lohnkosten angeregt werden. Diese müssten in den betroffenen Ländern wesentlich stärker fallen. Dies wäre ein Mittel, das die Länder wieder wettbewerbsfähig machen könnte. Nur ist das kaum durchzusetzen.

von Storch: Es ist ja sogar komplett schiefgelaufen. In Griechenland, Spanien und Italien sind die Lohnkosten gestiegen. Nur bei uns sind sie stabil. Das wirft man Deutschland ja auch noch vor. Dabei läuft es am Ende auf die Frage von Transferleistungen hinaus. In Italien ist der reiche Norden für einen wesentlichen Teil des Bruttosozialprodukts verantwortlich, und es findet ein Ausgleich mit dem Süden statt. Das wäre auch eine Vorstellung für Europa. Es gibt Länder, die sind produktiver und die profitieren jetzt auch von dem gesunkenen Euro. Deutschland vorneweg, wir haben ja noch eine Industrie. Andere Volkswirtschaften müssen subventioniert werden.
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