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Aktualisiert am 21.02.2013 - 10:58 Uhrin MärkteLesedauer: 5 Minuten

„Herr Bofinger, wie kommen wir aus der Krise?“

Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Foto: Bloomberg
Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Foto: Bloomberg
Peter Bofinger (58) ist seit 1992 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg. Seit März 2004 ist er zudem als Wirtschaftsweiser Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung


DAS INVESTMENT: Herr Bofinger, was genau ist das Problem der Eurozone?

Peter Bofinger:
Das Grundproblem ist, dass wir eine Finanzkrise hatten. Damit haben bis heute alle Volkswirtschaften zu kämpfen, die USA ebenso wie der Euroraum. Das Problem der Eurozone ist, dass sie nicht als Einheit reagiert, sondern dass 17 Nationalstaaten versuchen, das Problem zu bewältigen.

Zudem fehlt für die von der Krise besonders betroffenen Peripherieländer die Möglichkeit, ihre Lage mit einer Währungsabwertung zu verbessern. Diese Länder stehen unter einem extremen Druck der Kapitalmärkte. Das hat sie zu einem überzogenen Sparkurs gezwungen und die Lage insgesamt eher verschlechtert als verbessert. Da gefällt mir der amerikanische Ansatz besser.

Wie sieht der aus?

Bofinger:
Der Staat macht so lange hohe Defizite, bis das System allmählich die Krise bewältigt hat, sich die Immobilienmärkte wieder stabilisieren und die Haushalte sich entschulden. In einer wachsenden Wirtschaft gelingt die notwendige Umstrukturierung sehr viel besser als in einer schrumpfenden.

Kann man das auf Europa anwenden?

Bofinger:
Es wäre schwierig, die hohen Defizite durchzuhalten, weil dann der Euroraum als Einheit nach außen auftreten muss. Zudem hat die US-Notenbank Fed weitaus mehr Staatsanleihen gekauft als die Europäische Zentralbank EZB.

Die EZB wird aber immer amerikanischer.

Bofinger:
Ja, da kann noch was kommen. Bisher beobachten wir an den Börsen das erstaunliche Phänomen, dass eine Notenbank nur mal auf den Tisch klopfen muss, und schon ist Ruhe im Karton.

Also ist alles gut?

Bofinger:
Viele glauben derzeit, dass das Schlimmste vorbei ist und jetzt alles besser wird. Ich sehe das nicht. Die Rezession wird sich fortsetzen. Vor allem in den Staaten, die jetzt schon Probleme haben, also Italien, Spanien, Portugal und Griechenland. Die Arbeitslosigkeit und die Schuldenbestandsquoten werden steigen. Ich sehe nicht, wo die Entspannung herkommen soll.

Von der EZB.

Bofinger:
Die EZB hat die Finanzmärkte stabilisiert. Das hat sicher den Banken geholfen, die sich jetzt besser refinanzieren können, aber sie vergeben trotzdem nicht mehr Kredite. Ich bin auch skeptisch, weil Deutschland immer mehr von der Eurokrise erfasst wird und es nicht geschafft hat, eigene Wachstumsszenarien zu entfalten.

Das ist erschreckend: Deutschland als der Superstaat im Euroraum hatte 2012 einen negativen Wachstumsbeitrag seitens der Binnennachfrage. Anstatt Wachstum zu exportieren, haben wir es importiert. Obwohl die Gewinnlage der Unternehmen relativ gut ist, sind die Investitionen eingebrochen.

Was ist die Lösung?

Bofinger:
Dass zumindest ein Teil der Anpassung in Deutschland vollzogen wird, durch höhere Löhne. Das kurbelt den Konsum an. So kann Deutschlands Wirtschaft wachsen. Diese interne Aufwertung müsste nach allen Regeln der Ökonomie zu einer Abwertung des Euro führen. Von daher ist das für Deutschland vertretbar.
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