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Gesunde Konkurrenz? Biotech-Boom: Vorsicht, Blasenbildung

Susanne Woda, Portfoliomanagerin der GVS Financial Solutions
Susanne Woda, Portfoliomanagerin der GVS Financial Solutions
Gesundheit ist einer der großen Trends unseres Jahrhunderts. Die Bevölkerung in den Industriestaaten wird immer älter, der Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen und Medikamenten immer größer. Neuartige und wirksame Behandlungs- und Diagnosemöglichkeiten für Krankheiten wie beispielsweise Krebs, Hepatitis, Diabetes oder Alzheimer gewinnen immer mehr an Bedeutung.

Kein Wunder also, dass das Thema Biotechnologie viele Investoren anlockt, denn die wirtschaftliche Bedeutung dieses Bereichs steigt immer weiter. Ein Ende des Trends ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: Das steigende Wohlstandsniveau in den bevölkerungsreicheren Wachstumsländern zeigt einen weiteren vielversprechenden Absatzmarkt. Doch reicht das, um die immer weiter steigenden Bewertungen zu rechtfertigen?

Wer heute im Bereich Biotech investieren möchte, steht vor einer schweren Entscheidung. Denn die Aktienkurse der Branche haben eine starke Rally hinter sich und sind teuer. Die Branche hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Zu den Playern gehören nicht mehr nur kleinere Unternehmen, die an einzelnen Wirtschaftswirkstoffen forschen. Mittlerweile sind große Biotech-Konzerne entstanden, die sich gegenseitige Übernahmeschlachten liefern, um ihre Marktstellung zu behaupten.

Konkurrenzkampf auf dem Pharmamarkt

Aber auch die großen Pharmakonzerne wie Merck, Sanofi oder Bayer haben den Handlungsbedarf erkannt. Aufgrund von Patentverlusten müssen sie ihre Produktpalette durch Akquisitionen von erfolgversprechenden Unternehmen füllen. Sie übernehmen verstärkt Biotech-Unternehmen, um ihre Erträge für die Zukunft zu sichern und keine Marktanteile zu verlieren.

Dieser Konkurrenzkampf von mehreren Seiten wird unterstützt von der Politik des billigen Geldes und der niedrigen Zinsen, bei denen sich selbst wenig rentable Projekte rechnen. Dies treibt die Preise in absurde Höhen. Die Übernahmewelle ist in vollem Gang, die Zinsen weiter niedrig, doch der Grat zwischen einer gesunden Entwicklung und einer Übertreibung wird kleiner.

Gerade bei den kleinen Firmen, die nur an einem oder wenigen Wirkstoffen forschen, besteht ein hohes Risiko. Und je früher das Entwicklungsstadium, desto geringer die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges. Diese Unternehmen waren und sind ohnehin nur etwas für risikoaffine Anleger. Doch auch die großen Konzerne profitieren vom Trend und haben zudem eine besser gestreute Produktpalette. Oft greifen Anleger deswegen zu den größeren Biotech-Firmen, in der Hoffnung hier ein geringes Risiko zu tragen.

„Overconfidence“

Infolge der positiven Grundwahrnehmung und einer Reihe von erfolgreichen Produktzulassungen ist eine Euphorie entstanden und die Erfolgsaussichten werden optimistischer denn je eingeschätzt. Diese „Overconfidence“, also die irrationale, viel zu optimistische Einschätzung der Erfolgsaussichten, kann für Investoren teuer werden. Zum Beispiel: Immer öfter müssen Konzerne zu Übernahmezielen greifen, die sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden. Entsprechend geringer sind hier auch die Erfolgsaussichten, die Preise im aktuellen Umfeld jedoch nicht günstig.

Zukünftig sollte deswegen vermehrt mit Abschreibungen gerechnet werden, die auf den Gewinnen lasten und die Gewinnerwartungen enttäuschen können. Daraus sollte erfahrenen Investoren schnell klar sein, dass nicht allein gute Zukunftsaussichten und wachsende Umsätze in einer Branche ausreichen, um wirtschaftlichen Erfolg herbeizuführen. Wie hoch das Enttäuschungspotenzial ist, beweisen die Kursschwankungen der einzelnen Konzerne. Im März beispielsweise brach der Aktienkurs des Schweizer Biotech-Konzerns BB Biotech innerhalb von neun Handelstagen über 20 Prozent ein und konnte sich seitdem nicht wesentlich erholen.

Preisentwicklung und euphorische Entwicklungsaussichten in der Biotechbranche erinnern stark an den Telekom-Boom im Jahr 2000. Die schier unbegrenzte Zuversicht in einen zukunftsträchtigen Trend, die Aussicht auf sprudelnde Gewinne und eine immer geringer werdende Risikowahrnehmung lassen zu viele Investoren den wichtigsten Grundsatz des Investierens vergessen. Dieser lautet „Billig kaufen, teuer verkaufen“ und nicht andersherum!

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