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Investmentsteuer-Reformgesetz Ein Bärendienst für die Aktienkultur

DER-FONDS-Kolumnist Markus Stillger
DER-FONDS-Kolumnist Markus Stillger
Still und heimlich hat der Bundesrat am 8. Juli dem Investmentsteuer-Reformgesetz zugestimmt, das zuvor bereits am 9. Juni vom Bundestag verabschiedet wurde. Der Zeitplan war mit Bedacht gewählt, stand doch bei beiden Terminen die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich im öffentlichen Fokus.

Was uns – und hier rede ich mal für alle Aktionäre und Investmentsparer – die Damen und Herren aus der Politik mit diesem Gesetz eingebrockt haben, dürfte vielen Anlegern noch gar nicht bewusst sein. Als erstes wurde kurzerhand die Steuerfreiheit von Altbeständen, also Kursgewinne auf vor dem 1. Januar 2009 erworbene Papiere, ersatzlos gestrichen. Ab dem 1. Januar 2018 müssen die ab diesem Datum darauf entfallenden Kursgewinne versteuert werden.

Ob das dann die derzeit gültige Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent ist oder eventuell sogar der persönliche Spitzensteuersatz, steht noch in den Sternen. Ich vermute, dass die Abgeltungssteuer dann während der Fußball-WM 2018 in Russland einkassiert wird.

Immerhin: Der persönliche Freibetrag von einmalig 100.000 Euro mindert die Schmerzen etwas. So kann ein Anleger, der heute über 200.000 Euro abgeltungssteuerfreie Bestände verfügt, ab dem 1. Januar.2018 weitere 50 Prozent Kursgewinn steuerfrei einstreichen. Legt die Börse das gleiche Tempo wie in den vergangenen 16 Jahren an den Tag, tut das dann nicht sonderlich weh, sondern führt erst im Jahr 2035 zu einer Steuerbelastung – bis dahin werden noch viele Gesetze und noch mehr Würste gemacht. Aber wir alle hoffen ja, dass die Börse in den kommenden Jahren zur alten Regel zurückfindet, die da heißt „Alle zehn Jahre eine Kursverdopplung“.

Was aber definitiv zu einer Schlechterstellung der Anleger führt, ist die Einführung eines – so der Originalton im Gesetzesentwurf – „intransparenten Besteuerungssystems“ in Form einer „Vorabpauschale“. Deren Höhe richtet sich danach, in welche Anlageklassen ein Investmentfonds jeweils investiert. Wie das im konkreten Fall aussieht, wird das Bundesfinanzministerium dann sicher in den nächsten Wochen oder Monaten in einem gesonderten Schreiben zum Gesetzesentwurf erläutern. Aber eines steht bereits jetzt fest: Überschaubarer und besser wird es nicht werden.

Den Vogel abgeschossen haben die Parlamentarier bei einer Neuregelung im Zusammenhang mit Dividendeneinkünften. Künftig kommt man nur noch in den Genuss einer anrechenbaren Steuer, wenn man die jeweilige Aktie über einen Zeitraum von 45 Tagen um den Dividenden-Stichtag herum im Bestand hatte. Und damit es richtig Spaß macht, wurde diese Regelung gleich rückwirkend zum 1. Januar 2016 eingeführt.

Dass der Großteil der Dividenden-Saison schon gelaufen ist, dürfte den meisten, die für dieses Gesetz die Hand gehoben haben, nicht bewusst sein. Ich gehe jede Wette ein, dass von den 630 Abgeordneten des 18. Deutschen Bundestags keine 100 Aktien oder Investmentfonds besitzen. Warum denn auch – diese Klientel ist über Pensionen bestens abgesichert und muss sich in der momentanen Nullzinswelt keine Sorgen machen, wie man denn seine Altersversorgung bestreitet. Da kann sich dann auch ein Bundesfinanzminister ganz freimütig zum Sparbuch bekennen (Hans Eichel) oder in der Öffentlichkeit seinen Lottoschein ausfüllen (Peer Steinbrück).

Auf alle Fälle haben die jetzt für dieses Gesetz Verantwortlichen der Aktien- beziehungsweise Fondskultur einen Bärendienst erwiesen. Und das nur – ich wähle das A-Wort bewusst – wegen ein paar Arschlöchern, die mit Cum-Ex und Cum-Cum eine seit Jahren offene Gesetzeslücke bis aufs Letzte ausgenutzt haben. Weil alle Verantwortlichen in der Aufsicht und in den zuständigen Ministerien über ein Jahrzehnt lang zu blöd waren, diese zu schließen. Und wie im schlechten Film bezahlen am Ende die Falschen.

Über den Autor: Markus Stillger ist Gründer und Inhaber der Stillger & Stahl Vermögensberatung und der MB Fund Advisory aus Limburg an der Lahn. Für DER FONDS kommentiert er an dieser Stelle ab sofort jeden Monat aktuelle Trends an den Kapitalmärkten und stellt ihnen seine eigene Weltsicht entgegen.

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