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Islam-Finanzen im Aufwind Baby-Boom beflügelt Sukuk-Emissionen

Islamische Banken ernten die Früchte eines Baby-Booms bei muslimischen Familien. Das hat globale Finanzzentren wie Hongkong und Großbritannien dazu ermutigt, ihren Fokus verstärkt auf die Scharia-konforme Branche zu richten. Diese Entwicklung wird sich voraussichtlich fortsetzen.

Finanzhäuser, die sich an das religiöse Verbot von Zinsen auf angelegtes Kapital halten, werden bis 2018 mehr als 70 Millionen Kunden haben, verglichen mit 38 Millionen 2013, schätzt Ernst & Young. Die islamischen Bankaktiva werden sich der Beratungsgesellschaft zufolge in demselben Zeitraum auf 3,4 Billionen Dollar (2,5 Billionen Euro) verdoppeln.
Als Grund gilt ein starker Anstieg der muslimischen Bevölkerung, deren Wachstumsrate bis 2030 mehr als doppelt so hoch sein könnte wie bei Nicht-Muslimen, steht in einem Bericht des Pew Research Center in Washington von 2011.

„Es wird ein starkes natürliches Wachstum bei Finanzierungen nach islamischem Recht erwartet, aufgrund des Anstiegs bei der von Banken erreichten Bevölkerung”, sagt Ashar Nazim, Partner beim Global Islamic Banking Center von E&Y in Bahrain. „Während die Nachfrage nach Kapitalmarktprodukten weiterhin in die Höhe schießt, werden mehr internationale Finanzzentren ihre Türen für Scharia-Plattformen und -Produkte öffnen.”

Hongkong kündigte in der Woche vor Ostern an, nach den Sommerferien Sukuk - also islamische Anleihen ohne Kuponzins - im Wert von bis zu einer Milliarde Dollar zu begeben. Ziel ist es, sich als Drehscheibe für islamische Finanzprodukte zu etablieren und chinesische Firmen anzuziehen, die Scharia-Anleihen in der Stadt offerieren.

In Großbritannien ist derweil das Debüt einer solchen Emission im Umfang von 200 Millionen Pfund vor Ende dieses Finanzjahres geplant. Im Vorfeld hat das Vereinigte Königreich seine Beziehungen mit dem Golfkooperationsrat (GCC) verstärkt und in diesem Monat eine Rahmenvereinbarung mit Bahrain unterzeichnet, um eine Arbeitsgruppe für Handel und Investments mit islamischen Finanzprodukten zu gründen. Im GCC sind Saudi- Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Katar, Bahrain, Kuwait und Oman vertreten.

In den letzten vier Jahren sind islamische Bankaktiva laut E&Y um jährlich 18 Prozent auf 1,7 Billionen Dollar gewachsen. Internationale Sukuk-Emissionen kletterten im vergangenen Jahr auf 43 Milliarden Dollar, verglichen mit 16 Milliarden Dollar in 2010, zeigen Daten von Bloomberg. Im diesem Jahr wurden bislang rund 16,7 Milliarden Dollar dieser islamischen Anleihen begeben. Das waren 12 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.

Zweidrittel der 38 Millionen Menschen, die mit Scharia- konformen Banken zusammenarbeiten, leben nach Einschätzung von E&Y in Malaysia, Saudi-Arabien, der Türkei, den VAE, Katar und Indonesien. Saudi-Arabien und Malaysia werden die wichtigsten Zentren für islamische Finanzprodukte bleiben, erwartet Nazim.

Die wirtschaftlichen Wachstumsraten in Ländern mit muslimischen Mehrheiten haben ebenfalls zu der Expansion der islamischen Banken beigetragen. Die Bruttoinlandsprodukte in Indonesien, Malaysia und Saudi-Arabien werden Umfragen von Bloomberg zufolge in diesem Jahr um 5,4 Prozent, 5,05 Prozent beziehungsweise 4,2 Prozent zunehmen. Das ist deutlich mehr als der Internationale Währungsfonds (IWF) für die Industriestaaten mit 2,2 Prozent Wachstum prognostiziert.

„Es gibt einen positiven Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftswachstum in muslimischen Ländern und dem Wachstum des islamisch geprägten Bankwesens”, erklärt Hendiarto Yogiono, Director von PT Bank Muamalat Indonesia, der Nummer zwei unter den Scharia-konformen Kredithäusern im Lande, in Jakarta. „Doch die Frage bleibt offen, ob islamische Banken mit ihren Produkten und Dienstleistungen wettbewerbsfähig sind.”

Die auf der islamischen Rechtsgrundlage Scharia arbeitenden Banken bieten ein ähnliches Produktspektrum an wie ihre nicht- islamischen Wettbewerber, beispielsweise Privatkundeneinlagen und Investmentfonds. Ihnen ist allerdings verboten, Zins-Swaps zu offerieren, da einige Gelehrte der Ansicht sind, dass diese Instrumente dem Zinsverbot zuwiderlaufen.

Dem Pew-Bericht zufolge wird die Zahl der Muslime bis 2030 pro Jahr um 1,5 Prozent zunehmen, während außerhalb dieser Religionsgemeinschaft ein jährliches Wachstum von 0,7 Prozent erwartet wird. Die islamische Bevölkerung in Pakistan wird demnach die höchsten Zuwächse verzeichnen, gefolgt von Indien, Bangladesch und Indonesien. Nach Angaben der Weltbank gibt es mindestens 400 islamische Finanzhäuser in 58 Ländern der Welt.

„Islamische Finanzprodukte haben im letzten Jahrzehnt große Schritte und weite Sprünge nach vorne gemacht, vor allem um Malaysia und den Nahen Osten herum”, sagt Mohamad Safri Shahul Hamid, Vize-Chef der in diesem Jahr führenden Sukuk- Konsortialbank CIMB Islamic Bank in Kuala Lumpur. „Die Nachfrage nach islamischen Finanzprodukten wird weltweit anziehen - von privaten über gewerbliche bis hin zu Firmen- Angeboten, die mit der Scharia im Einklang stehen.”

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