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Aktualisiert am 23.12.2010 - 16:06 Uhrin Alternative InvestmentsLesedauer: 10 Minuten

Jim Rogers: „Je höher die Preise für Agrarrohstoffe steigen, desto besser für uns alle“

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MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Das ist mit Lebensmitteln deutlich schwieriger als mit Erdöl.

Jim Rogers: Das ist genau der Punkt. Im Falle der Agrarrohstoffe wird sich die Nachfrage kaum groß reduzieren. Also werden die Preise noch stärker steigen. Bleibt das Preisniveau für Agrarrohstoffe auf dem heutigen Niveau, gibt es schon bald keine Nahrungsmittel mehr – zu keinem Preis. Denn weltweit haben wir das Problem, dass die Bauern bei den aktuellen Preislevels kaum mehr bestehen können. Also müssen die Preise steigen. In der Folge werden sich auch wieder mehr Menschen finden, die bereit sind, als Bauern zu arbeiten. Gegenwärtig ist es doch so, dass sich das Leben als Bauer nicht rechnet. Und das nicht nur in Europa oder in den USA, sondern weltweit.

MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Sie sagen also, in anderen Worten, dass steigende Preise notwendig sind.

Jim Rogers: Wenn die Preise für Agrarrohstoffe nicht steigen, werden wir in absehbarer Zukunft keine Bauern mehr haben. Und wenn wir keine Bauern mehr haben, wird kein Land mehr kultiviert, und wir werden eine globale Nahrungsmittelkrise erleben. Es ist gut für die Welt, wenn die Preise für Agrarrohstoffe steigen. Und je schneller die Agrarpreise steigen, desto besser.

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MÄRKTE & ZERTIFIKATE: In der Vergangenheit gab es politische Bestrebungen, die Agrarpreise künstlich einzufrieren.

Jim Rogers: Ich persönlich bin überzeugt: Je höher die Preise für Agrarrohstoffe steigen, desto besser für uns alle. Denn nur wenn die Agrarpreise deutlich steigen, werden wir künftig alle genug zu essen haben. Ansonsten werden wir riesige Hungersnöte erleben. Und das nicht nur in Ländern, die bereits heute zu wenig Nahrungsmittel haben. Wir haben bereits heute sehr geringe Lagerbestände. Und wer weiß, was passiert, wenn sich die globalen Wetterprobleme noch weiter verschlimmern. Wenn Sie einen großen Sturm in einem Land X haben, kann es sein, dass man eine Zinkmine für einen Monat schließen muss. Wenn es aber im Land X Orangenbäume gibt, kann es sein, dass derselbe Sturm die gesamte Plantage zerstört. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass es mehrere Jahre braucht, bis beispielsweise ein Kaffeestrauch Früchte trägt. Dasselbe gilt für einen Orangenbaum, einen Gummibaum, einen Palmölbaum und so weiter. Somit ist es nicht so einfach, das Angebot an Kaffee, Orangen, Gummi, Palmöl und so weiter zu erhöhen. Das gilt natürlich nicht für die einjährigen Pflanzen wie Weizen oder Baumwolle. Doch wenn man mehr Baumwolle anbaut, gibt es weniger Sojabohnen, weil die Anzahl der Hektare an gutem Agrarland beschränkt ist. Wenn dann die guten Hektare bepflanzt sind, kommen die weniger ertragreichen Flächen an die Reihe. Allerdings werden auch dort die Erträge deutlich geringer ausfallen.

MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Was ist derzeit Ihr bevorzugter Rohstoff?

Jim Rogers: Ich bin ein schlechter Market Timer. Ich schaue darauf, welche Rohstoffe auf niedrigem Niveau sind. Aber derzeit würde ich auf Agrarrohstoffe setzen.

MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Was halten Sie von Erdgas?

Jim Rogers: Erdgas ist eine wunderbare Energiequelle, es ist billig, es ist sauber, und es ist effizient.

MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Sprechen wir noch über andere Energieträger: Halten Sie Investments in Kohle für vielversprechend?

Jim Rogers: Leider gibt es keine Futures auf Kohle. Deshalb muss man Kohle auf andere Weise spielen. Doch das Thema Kohle bietet wunderbare Chancen.

MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Der globale Automarkt wird künftig wahrscheinlich von Hybrid- und Elektroautos dominiert werden. In Batterien wird häufig Lithium eingesetzt. Was halten Sie von Lithium?

Jim Rogers: Wir werden in Zukunft alle viel mehr in Lithium investieren. Leider gibt es noch keinen Future-Markt für Lithium. Somit muss man über die Produzenten oder über die Produzentenländer wie beispielsweise Chile und Bolivien investieren. Ebenfalls sehr selten sind die Rare-Earth-Metalle. 97 Prozent der Rare-Earth-Metalle (Anmerkung: Seltene Erden werden für elektronische Geräte zum Beispiel Handys verwendet) stammen aus China. Somit ist China auch hier in einer strategisch hervorragenden Position.

MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Was raten Sie einem Anleger, der noch nie in Rohstoffe investiert hat? Wie soll er beginnen, in Rohstoffe zu investieren?

Jim Rogers: Ich würde ihm raten, einen großen Teil seines Portfolios in Agrarrohstoffe zu investieren. Eine gute Möglichkeit bietet dabei mein Soft Commodity Index.

MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Sprechen wir über China. Sie sind mit Blick auf China seit Jahren sehr optimistisch. Der Ölpreis hat sich in den vergangenen Monaten wieder deutlich erholt. Was bedeutet der steigende Ölpreis für die chinesische Wirtschaft?

Jim Rogers: China hat gegenüber vielen anderen Ländern einen großen Vorteil: China hat viel Kohle. Zudem investieren die Chinesen viel Geld in alternative Energieformen wie Wind- und Solarenergie, aber auch in Kernenergie. Die Chinesen sehen dasselbe wie ich: Die Ressourcen verschwinden immer mehr – und sie bereiten sich vor. China ist von einem steigenden Ölpreis weniger betroffen als die Industrienationen. Aber verstehen Sie mich nicht falsch: China wird von einem steigenden Erdölpreis auch tangiert sein.

MÄRKTE & ZERTIFIKATE: Erwarten Sie, dass die Inflation auch in China weiter steigen wird?

Jim Rogers: Davon ist auszugehen. Immerhin hat die Regierung nun die Kreditvergabe erschwert. Auch China sieht, dass die Wirtschaft nicht überhitzen darf. Aber anders als in China dürfte die Inflation in Regionen wie den USA oder Europa deutlich stärker ansteigen. Sowohl die USA als auch die Mehrheit der westlichen Regierungen lügen, wenn es um die echte Teuerungsrate geht.