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Kames-Fondsmanager Craig Bonthron im Interview „Skandinavier bewerten Nachhaltigkeit anders als Kontinentaleuropäer“

Craig Bonthron, Fondsmanager des Global Sustainable Equity Fund von Kames Capital
Craig Bonthron, Fondsmanager des Global Sustainable Equity Fund von Kames Capital

Herr Bonthron, Investoren interessieren sich bei der Asset-Auswahl zunehmend für soziale und umweltpolitische Faktoren. Was sind die Gründe?

Craig Bonthron: Viele Anleger achten bei Geldanlagen auf Nachhaltigkeit, weil sich ihr Gewissen meldet. Waffen und Zigaretten sind heutzutage einfach nicht mehr das Gelbe vom Ei. Finanzanlagen werfen im besten Fall hohe Renditen ab, sind gleichzeitig aber auch moralisch sinnvoll.

Welche Vorteile haben nachhaltig wirtschaftende Unternehmen?

Bonthron: Ihr Image verbessert sich und die Cashflows steigen. 

Sie betreuen bei Kames Capital einen Nachhaltigkeitsfonds. Nach welchem Schema funktioniert die Asset-Wahl?

Bonthron: In unserer Analyse teilen wir Firmen in drei Kategorien ein. „Nachzügler“ haben noch keine Nachhaltigkeitsansätze in ihren Geschäftsmodellen. Deshalb investieren wir nicht in sie. „Verbesserer“ und „Anführer“ haben hingegen Potenzial und kommen in die engere Wahl. Generell prüfen wir zuerst, ob die Produkte eines Unternehmens an sich nachhaltig sind. Im zweiten Schritt verschaffen wir uns dann einen Überblick über den Herstellungsprozess. Er muss auch nachhaltig sein. Hier geht es vor allem um die Frage, ob ein Unternehmen seine Mitarbeiter und relevante Anspruchs- und Interessengruppen gut behandelt und wie es mit der Umwelt umgeht. Tierversuche sind zum Beispiel tabu.

Reicht ein Kriterium, um in die engere Wahl zu kommen?

Bonthron: Nein. Unternehmen müssen unbedingt beide Kriterien erfüllen. Darauf achten wir stark.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Bonthron: Zigarettenhersteller können wie andere Unternehmen auch nachhaltig produzieren, indem sie sich umweltbewusst und sozial verhalten. Für viele Nachhaltigkeitsfonds reicht das schon, um ins Portfolio zu kommen. Bei Kames Capital muss auch das Produkt an sich nachhaltig sein. Auf Zigaretten trifft das nicht zu - sie sind gesundheitsgefährdend.

Sie haben ein hauseigenes Nachhaltigkeits-Research. Wie funktioniert das?

Bonthron: Es handelt sich dabei um eine Mischung aus ESG-Analyse, also Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungskriterien, und Ausschluss gewisser Sektoren oder Themen, die sich nicht mit den Grundsätzen des nachhaltigen Investierens vereinbaren lassen. Dazu zählt zum Beispiel das Geschäft mit Tabak.Gibt es zwischen europäischen Ländern Unterschiede bei Nachhaltigkeits-Screenings?

Bonthron: Ja, besonders zwischen Skandinavien und Kontinentaleuropa. Schweden, Finnen, Norweger und Dänen legen viel Wert auf das Endprodukt. Kontinentaleuropäer konzentrieren sich eher auf die Produktionsphase.

Welche Sektoren und Regionen haben beim Thema Nachhaltigkeit die Nase vorne?

Bonthron: Die Technologie- und Gesundheitsbranche schlägt sich gut. Es ist aber schwer, das Feld nach Sektoren einzuteilen. Man kann beispielsweise nicht pauschal sagen, dass Saftproduzenten nachhaltiger arbeiten als Computerchip-Hersteller. Geographisch betrachtet haben Unternehmen in europäischen Industrieländern tendenziell bessere Nachhaltigkeits-Scores als asiatische Schwellenmärkte.

Konzentrieren Sie sich bei der Asset-Auswahl deshalb besonders auf Industrienationen?

Bonthron: Nein. Wir analysieren auch kleine und mittelgroße Unternehmen und nehmen Geschäftsmodelle aus Schwellenländern genau unter die Lupe. Es ist wichtig, sich als Fondsmanager selbst einen Überblick zu verschaffen. Manchmal sind Unternehmen in Nachhaltigkeits-Indizes schlecht bewertet, arbeiten aber intensiv an ihrer Strategie und schaffen dadurch gute Perspektiven für die Zukunft.

Spielt die Unternehmensgröße eine Rolle?

Bonthron: Ja, auf jeden Fall. Große Unternehmen haben oft gute Nachhaltigkeits-Reportings, weil sie Spezialisten dafür im Team haben. Kleine und mittelgroße Firmen verfügen oft nicht über solche Ressourcen.

Ist es schwer, ein Geschäftsmodell auf Nachhaltigkeit zu trimmen?

Bonthron: Kleine und mittlere Unternehmen, die nachhaltige Produkte im Angebot haben, aber noch keinen nachhaltigen Prozesse, können sich schnell verbessern und in unserem Scoring aufsteigen. Häuser, die hervorragende Reportings haben, aber ein schlechtes Produkt, haben es im Vergleich schwer.

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