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Kaufen oder nicht kaufen? Russland-Rally spaltet die Meinungen

Ein Beispiel wäre die UBS. Während die Aktienstrategen Russland seit Juli wieder optimistisch beurteilen, behielt die Vermögensverwaltungssparte der Schweizer Großbank, die eine Billion Dollar (878 Milliarden Euro) für einige ihrer reichsten Kunden verwaltet, ihre neutrale Haltung zu den Aktien des Landes bei.

Russische Aktien haben dieses Jahr mit dem höchsten Quartalsgewinn seit 2012 begonnen. Das veranlasste Strategen von JPMorgan Chase bis Julius Bär dazu, sich der Kaufempfehlung ihrer Kollegen von Bank of America bis Wells Fargo anzuschließen. Fondsmanager bei UBS Wealth Management in New York sowie Union Bancaire Privée in London sind allerdings skeptisch, ob die Erholung von Dauer sein wird, die mit Rückenwind von den wieder anziehenden Rohstoffpreisen zustande kam. Auch Fondsmanager Gary Greenberg von Hermes Investment Management in London gehört zu jenen, die auf den Kauf russischer Aktien in diesem Jahr verzichtet haben.

„Es gab eine Menge Short-Positionen beim Öl, die geschlossen wurden, und ein Anstieg der Ölpreise stützt eine Rally russischer Aktien. Ich bin aber noch immer skeptisch hinsichtlich der Ölpreise und ich denke nicht, dass die Rally russischer Aktien nachhaltig sein wird", sagte Greenberg vergangene Woche telefonisch aus London. „Ein taktisches kurzfristiges Handelsgeschäft vor dem Hintergrund der Rohstoffrally ist eine Sache. Das hat aber nichts mit einer grundsätzlichen Investitionsentscheidung zu tun."

Die russische Wirtschaft dürfte in diesem Jahr um 1,5 Prozent schrumpfen, ergab der Mittelwert aus einer Umfrage von Bloomberg unter 44 Ökonomen. Eine Rückkehr des Wachstums wird von den Volkswirten nun Anfang kommenden Jahres erwartet, nachdem Ende Dezember noch eine anfängliche Erholung für das dritte Quartal 2016 vorausgesagt worden war. Das weltweit größte Energieexportland befindet sich das zweite Jahr in einer Rezession, da Öl für weniger als die Hälfte seines durchschnittlichen Preises der letzten fünf Jahre verkauft wird und somit die Auswirkungen der Sanktionen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt noch verschärft.

Nach Auffassung von Greenberg reicht die bisherige Erholung der Ölpreise nicht aus, um die Aktien des Landes wieder zu kaufen, wenn man sich die umfassenden Herausforderungen vor Augen führt, mit denen die Unternehmen des Landes noch immer konfrontiert sind. Russische Anlagen machen etwa vier Prozent seines 850 Millionen Dollar schweren Fonds Global Emerging Markets Fund aus, der im Laufe der vergangenen zwölf Monate 96 Prozent seiner Wettbewerber geschlagen hat.

Aktien aus Russland sind in diesem Jahr eine Rally deutlich gestiegen, während der Ölpreis von seinem 13-Jahrestief im Januar aus wieder um etwa 38 Prozent hochschoss. Odeniyaz Dzhaparov, leitender Portfoliomanager der Deutsche Asset Management in Frankfurt, hielt die Zeit reif für eine Aufstockung seines Russland-Portfolios, als der Rubel ein Rekordtief zum Dollar erreichte, die Ölsorte Brent unter 30 Dollar je Barrel rutschte und der russische Aktienmarkt das niedrigste Niveau seit 2009 erreichte.

„Taktische Geschäfte“

„Natürlich spielen Fundamentaldaten eine wichtige Rolle, es gibt aber bestimmte Phasen, in denen sie weniger Gewicht haben als die Stimmungslage, Positionierung, Kapitalflüsse, das allgemeine Umfeld und die Einstellung gegenüber Schwellenmärkten", erklärte Dzhaparov letzte Woche im Telefoninterview aus Frankfurt. „Das ist ein Markt, der fast ausschließlich von den Rohstoffpreisen getrieben wird, und die eine große Sache, auf die wir warten, sind einige strukturelle Veränderungen am Wirtschaftsmodell. Sofern das nicht geschieht, bleibt Russland ein Markt für kurzfristige taktische Geschäfte."

Der in Dollar berechnete RTS Index hat seit seinem diesjährigen Tief im Januar wieder etwa 38 Prozent zugelegt. Damit wies der Index den weltweit viertstärksten Zuwachs auf.

Strategen von mindestens drei der zehn größten US-Banken raten zum Kauf russischer Aktien. Zwar stieg das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis des in Rubel berechneten Micex Index auf das etwa 6,8-fache der Erträge in diesem Jahr, verglichen mit dem 4,5-fachen im Jahr 2014. Doch auch damit bleibt der Micex unter den Schwellenland-Indizes aber noch immer der günstigste.

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