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Kommentar: Bremer Sparkasse „geht fremd“

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Wenn Dr. Sascha Otto, der Leiter des Wertpapier- und Portfoliomanagement der Sparkasse Bremen auf der Internetseite des Instituts potentiellen Investoren schreibt, die aktuellen Entwicklungen am Kapitalmarkt zeigten deutlich, dass ein professionelles Anlagemanagement heute wichtiger denn je ist, dass Voraussetzung dafür ein qualifiziertes Risikomanagementsystem sei, alle Entscheidungen zukünftig direkt in der Hansestadt fallen und das Vermögen verantwortungsvoll wie eine Visitenkarte in die richtigen, in Bremer Hände gehöre, dann drückt das in unseren Augen nicht nur ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Fondsdienstleister der Sparkassengruppe, der DEKA aus, sondern verkörpert die sprichwörtliche Ohrfeige.

Für die Zukunft stellen sich vor allem zwei Fragen- und Themenkomplexe. Zum einen: Welche Motive lagen der Entscheidung zugrunde? Unzufriedenheit mit den Leistungen des Asset Managers, an dem man selbst mitbeteiligt ist? Unzufriedenheit vielleicht auch mit seiner Flexibilität, seinem Marketing, seinem Image? Oder doch einfach nur der Wunsch nach Unabhängigkeit, Anerkennung, Freigeist, Stolz? - Nicht mit den anderen Gewinne teilen müssen? Höhere Margen? Konzentration auf die eigenen Produkte im Vertrieb oder nur sporadische Beimischung zum Kollektiv-Universum?

Zum anderen bleibt abzuwarten, ob die Bremer, die anscheinend über die Distribution von Deka-Fonds hinauswachsen, selbst zum Produzenten, zum Anbieter aufsteigen wollen, es denn auch wirklich besser können?
Und zwar nicht nur partiell, periodisch, sondern nachhaltig, am Track-Record messbar. Von „Vermögensverwaltenden Produkten“ ist dabei ambitioniert die Rede, nicht von „Relativ-Benchmarking“. Mögen die administrativen Aufgaben, die viele Kräfte binden, auch an HANSAINVEST und Donner & Reuschel ausgelagert sein, das Management und die Vermarktung von Fonds sollten nicht unterschätzt werden. Entsprechende Strukturen müssen unterhalten, im Zweifelsfall sogar noch aufgebaut werden: eigenes Research, eigenes Fondsmanagement, eigenes Marketing, et cetera.

Man darf gespannt sein, welche Entwicklungen die Dinge in Bremen nehmen. Handelt es sich um einen Einzelfall, gelingt das Experiment, wird daraus vielleicht gar ein Trend? Die DEKA dürfte „not amused“ sein, kann die Ereignisse als „Tochter“ auch der Bremer-Sparkasse nicht kommentieren, sollte sie als Ansporn verstehen und wird abwarten, - ebenso wie die übrigen Sparkassen.

Für uns zeigt der Fall einmal mehr, wie offen die Architekturen bisweilen sind, und welchen enormen Fliehkräften die Fondsindustrie derzeit ausgesetzt ist. Der Druck auf die Margen, neue Trends im Asset Management, die Nachfrage auf der Verbraucherseite und nicht zuletzt der wachsende Beratungs-und Dokumentationsaufwand der aus der fortschreitenden Regulierung erwächst, brechen traditionelle Denkverbote und Strukturen auf. Aus Sicht der Anleger muss das nicht schlecht sein: es lebe der Wettbewerb!

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