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Kommentar Markus Hill: „Man sollte keine Eulen nach Athen tragen“

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Umgekehrt kann ein Boomerang für den Anlagemanager daraus entstehen: Das eigene Verkaufspersonal produziert schöne, viele Gesprächsprotokolle, die scheinbar großes Potential für den Arbeitgeber versprechen – bei laufender Gehaltszahlung kann während dieser Phase der Mitarbeiter in Ruhe nach einem neuen Arbeitgeber mit attraktiverer Performance / Expertise suchen, wo vielleicht zusätzlich auch eine Bonuszahlung in Reichweite gerät.

Eine interessante Frage an dieser Stelle unterstellt, dass Produkte von Mitbewerbern in der gleichen Kategorie durchaus gekauft werden: Kontaktiert ein Mitarbeiter aus dem Vertriebsbereich in einem bestimmten Zeitraum zum Beispiel 200 Investoren und erhält durchgängig abschlägige Antworten – wer trägt hier Verantwortung?

Das Portfolio-Management aufgrund von mittelprächtiger Leistung? Die Führungskraft oder der Unternehmenseigner, der den Vertriebsmitarbeiter eingestellt hat und nach diesen 200 Versuchen plötzlich die Einsicht zur verspüren scheint, dass der Mitarbeiter keine ausreichenden vertrieblichen Fähigkeiten besitzt? Wie soll ein angestellter Mitarbeiter seinem Arbeitgeber gegenüber die Botschaft verkaufen, dass sein Produkt unattraktiv für institutionelle Investoren ist?

Ein Thema, dass bestimmt zu engagierten und kontrovers geführten Mitarbeitergesprächen und Vertriebsteam-Meetings („Rapport“) viele Inhalte bietet. Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit und auch Kritikfähigkeit von Führungskräften und Fachkräften können hier ein gutes Testfeld finden.

c)    Hausarbeiten Markteintritt – indirekte Vorgehensweise und Mangel an Effizienz

Viele Fehltritte im Bereich der Marktbereitung bei in- und ausländischen Anlage-Managern haben häufig einfache Gründe. Ein Produkt ist auf der grünen Wiese konzipiert worden, jetzt muss der Vertrieb damit leben – und womöglich auch der völlig desinteressierte Investor. Unrealistische Erwartungen bei der Fondsauflage – wenn die Manager zu Beginn zum Beispiel die ersten fünf Millionen investiert haben, dann wird auch der Rest bei der Kapitalbeschaffung klappen. 

Bei ausländischen Anlagemanagern auch eine beliebte Vorgehensweise: Besuche einmal ein paar Fachkonferenzen, spreche mit ein paar Mitbewerbern (da viele Fachkonferenzen gerade wenig Investorenpräsenz aufweisen – mehr Jäger als Wild) und versuche dann per Zufallsprinzip in verschiedenen Zielmärkten Investoren per Telefon zu kontaktieren, um irgendwie Termine zu bekommen.

Auch eine Vorgehensweise, die ab und an Treffer landet. Opportunismus versus strukturierte Marktbearbeitung, häufig anzutreffen, aber in der Regel nicht das Verschulden des jeweiligen Vertriebs-Mitarbeiters:  „Gehe einmal nach Deutschland, Schweiz, Österreich und mache Umsätze. Dann erhältst Du Budget, um diese Märkte systematisch und nachhaltig zu bearbeiten“, so könnte die inoffizielle Strategie bei einigen ausländischen Vermögensverwaltern beschrieben werden.

Die Ergebnisse sprechen oft für sich: Ein paar Telefonate, ein paar Termine, danach die Meinung, dass beispielsweise Deutschland doch ein sehr schwerer Markt zu sein scheint. Schade, da auf diese Weise viele gute Vermögensverwalter nie auf dem Radar der Investoren erscheinen, wo diese wirklich einen Mehrwert bieten könnten.

Es könnte sehr einfach sein: Man kontaktiert beispielsweise vorher (!) eine bestimmte Anzahl von Zielinvestoren, von denen man sich ein ungeschminktes Feedback einholt: Ja, Nein, Vielleicht – oft effizienter, direkter, zielführender als reines Trial-and-Error-Verfahren. Mit der Gefahr natürlich, dass man ein klares Nein erhalten kann. Kann der in- und ausländische Produktanbieter damit leben?

Fallstricke – gibt es ein Patentrezept zur Vermeidung?

Vorab gesagt, natürlich gibt es kein Patentrezept. Ganz einfach gesprochen, der Autor ist sich hier seinen eigenen Erkenntnisgrenzen durchaus bewusst: Eine Konsequenz könnte sein, dass man sein Geschäftsmodell ändern, die Kommunikation oder das eigene Netzwerk anders nutzt. Der Druck auf viele Anlagemanager wird zudem auch wegen der Regulierung zunehmen.

Geschäftsmodelle werden verstärkt hinterfragt. Vergessen wird oft, dass man sich ja als mittelprächtiger bis schlechter Portfolio-Manager nicht diese Position bewusst erkämpft hat. Das Unglück im institutionellen Bereich heißt Professionalität auf der Investorenseite und Transparenz. Im Privatkundenbereich kann ich viele Defizite durch Service, Beratung et cetera wettmachen – das Überleben der Private Banking-Sparte in vielen Segmenten zeigt den Weg auf: Auch durchschnittliche Performance kann durch gutes Beziehungsmanagement kompensiert werden.

Ein anderer Weg für bestimmte Manager könnte sein, dass man sich verstärkt als Berater in einem Segment positioniert. Ein guter Trainer muss kein guter Fußballer sein. Sollte er als Fußballer (Portfolio Manager) nicht in allen Graden überzeugen, so kann er zumindest behaupten, dass er nicht nur in der Theorie weiß, wo die Fallstricke beim Portfolio-Management liegen, das unterstreicht die Glaubwürdigkeit. Mit Substanz und kreativer Kommunikation gelingt manchmal diese Neupositionierung.

Ein recht radikaler Weg könnte darin bestehen, dass bestimmte Manager eigene Produkte vielleicht für den Privatkundenbereich weiter laufen lassen. Um institutionelle Kunden anzusprechen, könnte der Vertrieb von exzellenten dritten Managern interessant sein. Wenn man beispielsweise drei Jahre ohne großen Erfolg institutionelle Anbieter angesprochen hat, hat man unter Umständen eine exzellente Datenbank. Die vorher angesprochenen Investoren sind vielleicht erfreut, wenn ein neuer Kommunikationsanlauf genommen wird mit einem Inhalt, der attraktiv für weitere Diskussionen erscheint („guter Portfolio-Manager, interessanter Ansatz“).

Eine positive Rolle bei der Lösungsfindung können auch Kapitalanlagegesellschaften und klassische Verwalter spielen. Gesellschaften wie Universal Investment, Ampega Gerling, Hansainvest wie auch State Street Global Services, Northern Trust, Societe Generale  Securities Services, wie auch viele andere: Gute Beratung bei der Fondskonzeption und Fondsauflage verhindert oft Fehlstarts von Managern.

Ein interessantes Feld für den Markteintritt nach Deutschland könnten auch Vertriebs- und Marketing-Services für Fondsinitiatoren im deutschsprachigen Raum sein – hier können klassische Kapitalanlagegesellschaften in Deutschland und Luxemburg gegenwärtig noch stärker eine Rolle spielen. Die klassischen Verwalter beschäftigen sich in Ansätzen mit diesen Gebieten, sehen sich wohl derzeit aber weniger in der Rolle eines Full-Service-Providers.

Fazit: Die oben angesprochenen Sachverhalte sind in der Branche nichts Neues, man trägt wahrlich „Eulen nach Athen“ – für bestimmte Gruppen im Markt. Das Verhalten von anderen Gruppen im Markt zeigt vielleicht, dass diese Sachverhalte einigen Entscheidern nicht ganz klar sein könnten: Markt ist völlig überbesetzt, Investor will Spitzenprodukte, Produkte sind transparent und die Aufmerksamkeitsspanne bei den Investoren wird kürzer für alternative Problemlösungen im Vermögensmanagement-Bereich.

Viele Investoren, aber auch Vertriebsmitarbeiter, wissen um die obigen Sachverhalte, teilweise leidet man unter diesen Tatsachen beziehungsweise Sachzwängen. Es sollte vielleicht weniger zu dem Empfinden führen wie bei einem bekannten Märchen, bei dem das unschuldige Kind am Schluss sagt – übertragbar auf Portfolio-Management ohne Mehrwert:  „Die sind ja alle nackt!“

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