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Konjunkturexperte Ferdinand Fichtner: "Griechenland räumt doch schon kräftig auf"

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Viele Politiker sind unzufrieden.

Fichtner:
Die Anforderungen an Griechenland sind sehr hoch. Zum Beispiel muss der Arbeitsmarkt reformiert und der Staatssektor massiv verkleinert werden. Das ist echter Strukturwandel und geht nicht von heute auf morgen. Ebenso muss Spanien seinen Immobilienmarkt komplett umgestalten. Auch das ist ein Prozess, der Zeit braucht.

Eine eigene Währung würde helfen und die Wirtschaft entlasten.

Fichtner:
Kurzfristig ganz sicher nicht. Die Drachme würde zwar abwerten und die Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Griechenland hat aber keine nennenswerte Exportindustrie. Die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit bringt also nichts.

Kurzfristig ist das Land auf Importe angewiesen, und die würden bei einem Euro-Austritt wegen der Abwertung furchtbar teuer werden. Extreme Inflation wäre die Folge. Menschen könnten ihr Essen nicht mehr bezahlen.

Sollte man also lieber dort helfen, anstatt der Regierung Geld zuzuschieben?

Fichtner:
Auch die griechische Privatwirtschaft hat Schulden gegenüber den anderen Euroländern. Diese würden beim Austritt durch die Abwertung aus griechischer Sicht extrem steigen und dürften zu einem Großteil nicht zurückgezahlt werden können. Zum Überschuldungsproblem des Staats kommt dann noch ein Überschuldungsproblem der Privatwirtschaft.

Können die Schulden abgezahlt werden?

Fichtner:
Bleibt Griechenland in der Währungsunion, dann schon. Zumindest die Firmenkredite. Der Staat indes ist tatsächlich hoffnungslos überschuldet.

Sieht man die nationalistischen Tendenzen, könnte man daran zweifeln, dass alle Kinder ihre Zimmer aufräumen wollen.

Fichtner:
Das Problem ist, dass wir nicht nur eine Vertrauenskrise haben. Wir haben eine Strukturkrise. Diese führt zu Arbeitslosigkeit, die tatsächlich soziale Probleme auslösen kann. Stärkere Länder wie Deutschland sollten diese Verwerfungen auffangen, etwa durch eine zusätzliche europaweite Sozialversicherung.

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