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Aktualisiert am 16.06.2021 - 11:20 Uhrin FondsLesedauer: 3 Minuten

„Korrigieren Sie Ihre Erwartungen!“ Der denkwürdige Auftritt des Paul Read

Paul Read im Konferenzraum bei Invesco Perpetual gleich nach seinem Vortrag
Paul Read im Konferenzraum bei Invesco Perpetual gleich nach seinem Vortrag

Zum Schluss noch eine Warnung: „Das ist sehr schlechter Kaffee. Es ist englischer Kaffee.“ Es ist der Schlusspunkt einer denkwürdigen Präsentation, wie es sie wohl selten auf Medientagen von Fondsgesellschaften zu sehen gibt. Keine Spur von jenem Zweckoptimismus, den andere Fondsmanager gern mal zur Schau stellen. Sie war so ehrlich wie die Kaffee-Ansage. Sie war emotional. Sie war verblüffend. Sie war ... anders. Sie kam von Paul Read, der zusammen mit Paul Causer das Anleiheteam der Fondsgesellschaft Invesco Perpetual leitet und diverse Rentenfonds managt.

Read hat gerade keinen leichten Job, angesichts rekordniedriger Anleiherenditen. "Ich stecke in einem sehr teuren Markt fest", sagt er an einer Stelle. Und das sieht man ihm in jeder Sekunde an. Immer wieder lehnt er sich zurück, um seinen hageren Körper kurz darauf gleich wieder nach vorn zu schieben. Immer wieder hält er inne, blickt nach unten und sucht fast schon gequält nach den richtigen Worten. Paul Read wirkt wie einer, der gern woanders sein will.

„Es ist eine fantastische Zeit, um Schuldner zu sein oder Finanzchef einer Firma oder Finanzminister“, sagt er. Investoren seien regelrecht ausgelaugt und panisch auf der Suche nach Renditen. Jeden Morgen finde er jede Menge neu ausgegebener Anleihen – mit Zinskupons zwischen 1,5 und 2,5 Prozent. Portugal könne sich billiger verschulden als die USA. Deutschland habe erstmals eine fünfjährige Anleihe mit einer Rendite unter null herausgegeben. „Es ist auch eine großartige Zeit, um ein Deutscher zu sein“, meint er mit dieser typisch-englischen Ironie und dreht sich zum anwesenden deutschen Pressesprecher. „Die Menschen bezahlen euch dafür, dass ihr ihr Geld annehmt.“

Read hingegen hat die Aufgabe, aus diesem Markt Renditen herauszuholen. Und das bei noch immer sprudelnden Zuflüssen. Seit Jahresanfang sind weitere 1,4 Milliarden Euro in seine Fonds geflossen. Wohin damit? Schwer zu sagen.

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Ein Beispiel verdeutlicht die verrückte Welt, in der er arbeitet. „Wir haben eine Anleihe von Telecom Italia mit einer Laufzeit bis 2055, also ein richtig langlaufendes Teil“, erzählt er. Zum Kaufzeitpunkt während der Eurokrise habe der Kurs irgendwo zwischen 60 und 70 Prozent gelegen – heute bei 121 Prozent. „Und trotzdem sagen noch immer einige Marktteilnehmer, die Anleihe sei billig. Denn sie ist besser als nichts“, so Read kopfschüttelnd. Und schiebt seinen Körper wieder nach vorn. Die Rendite jener Telecom-Italia-Anleihe liegt übrigens aktuell bei 4,2 Prozent (Stand: 12. März 2015). Für 40 Jahre Restlaufzeit.

Dass hohe Kursgewinne auch in der Zukunft noch fließen werden, schließt Read weitgehend aus. Er zeigt Hochzinsanleihen, von deren Hochzins nichts mehr übrig ist. Zwischen 3 und 4 Prozent rentieren sie. Die Kurse sind durchweg auf Anschlag. Und jeder weitere Gewinn schmälert die weiteren Chancen noch mehr. Zu Beginn des Jahres 2014 rechnete kaum jemand mit steigenden Kursen – es folgte trotzdem ein gewinnreiches Anleihejahr. Das macht die Sache aber nicht besser, im Gegenteil. „Wir borgen uns die Gewinne aus der Zukunft“, formuliert Read das sehr treffend. Deshalb sagt er mehrfach in Richtung Investoren den Satz: „Manage your expectations.“, also sinngemäß: „Korrigieren Sie Ihre Erwartungen!“