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Kranke Systeme

Quelle: Fotolia
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„Wir haben nicht nur die Probleme für das Jahr 2011 gelöst, sondern auch den Einstieg in ein faires und besseres System der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gewagt“ – die jüngste Gesundheitsreform ist vollbracht und ihr Wegbereiter Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zufrieden. Für die gesetzlich Krankenversicherten bedeutet das faire System, dass sie ab Januar mehr für ihre Gesundheit zahlen müssen.

Um das Loch der Krankenkassen von 9 Milliarden Euro für 2011 zu stopfen, steigt der Beitrag um 0,6 Prozentpunkte auf 15,5 Prozent. 8,2 Prozent davon zahlt der Arbeitnehmer, der Arbeitgeberanteil wird bei 7,3 Prozent gedeckelt. Kommende Kostensteigerungen tragen allein die Arbeitnehmer über Zusatzbeiträge, die vom Einkommen unabhängig und unbegrenzt sind. Wer die nicht zahlen kann, bekommt einen Zuschuss vom Staat.

Wechseln wieder nach einem Jahr

Beitragserhöhungen in der GKV sind die besten Verkaufsargumente für private Krankenversicherungen. Umso mehr, da Rösler den Wechsel in die PKV mit der Reform wieder vereinfacht hat. Versicherte, die genug verdienen, können nun nach einem Jahr in die Private wechseln. Die Drei-Jahres-Wartefrist ist abgeschafft. Außerdem wurde die Grenze, die das Einkommen Wechselwilliger überschreiten muss, leicht gesenkt. 2011 müssen Kassenmitglieder nur noch 49.500 statt 49.950 Euro verdienen, um Privatpatient zu werden.

„Dies und die seit Jahresbeginn 2010 geltende Absetzbarkeit der Versicherungsbeiträge von der Steuer dürften das Neugeschäft künftig stärker beleben“, sagt Stephan Caspary, Sprecher des Verbands der privaten Krankenversicherungen. Zum ersten Mal bekommen die Privaten auch ein Mitspracherecht bei den Arzneimittelpreisen. Künftig handeln der Pharmakonzern auf der einen und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen „im Benehmen“ mit dem PKV-Verband auf der anderen Seite die Höhe eines Erstattungsbetrags aus. Dadurch rechnet der Verband mit Kosteneinsparungen von 200 bis 300 Millionen Euro allein für 2011.

Die sind auch dringend nötig. Denn die Gesundheitskosten steigen stark an. „Die Labormedizin ist zum Beispiel viel zu teuer geworden. Manche Untersuchungen werden dreimal so hoch abgerechnet wie in der Schweiz“, so Debeka-Chef Uwe Laue kürzlich gegenüber der „Frankfurter Rundschau“. Das führt dazu, dass nicht nur Kassenpatienten, sondern auch Privatversicherte höhere Beiträge zahlen müssen.

Laut einer Umfrage des „Spiegel“ unter den 15 größten privaten Krankenversicherern planen fast alle, ihre Preise zum Jahresanfang zu erhöhen – schon wieder. Denn auch im Januar 2010 gab es Anpassungen um bis zu 30 Prozent. Die Spanne reicht laut „Spiegel“-Umfrage von 0,5 bis zu 7 Prozent im Schnitt – erstmal. Denn nicht nur steigende Gesundheitskosten, sondern auch niedrige Zinsen machen Anbietern zu schaffen.

Garantiezins könnte sinken

Private Krankenversicherer versprechen, dass sich auch Ältere ihren Schutz noch leisten können. Dazu bilden sie Altersrückstellungen – Geld, das sie am Kapitalmarkt anlegen. 144 Milliarden Euro sind das derzeit. Diese Rücklagen verzinsen sie mit einem Garantiezins, den das Bundesfinanzministerium festlegt. Er liegt derzeit bei maximal 3,5 Prozent und wird von allen Versicherern angeboten. In Zeiten, in denen Bundesanleihen aber nur 2,3 Prozent abwerfen, wird es für die Versicherer schwerer, ihn zu erwirtschaften.

In der Branche munkelt man daher, dass der Zins 2012 – für 2011 steht er schon fest – sinken soll. Falls das passiert, müssten die Beiträge der betroffenen Versicherten neu berechnet werden. Der Grund: Die bisherigen Rückstellungen wären zu niedrig, die Preise müssten steigen, um die Lücke wieder zu schließen. Caspary: „Ein solches Szenario ist derzeit aber spekulativ. Es gibt keine Überlegungen, den Höchstrechnungszins zu senken.“

Berater sollten das Thema Beitragserhöhungen trotzdem offensiv bei ihren Kunden angehen. Also die Versicherten heraussuchen, bei denen die Prämien besonders stark nach oben gehen. Studien haben gezeigt, dass PKV-Kunden, die eine nachvollziehbare Begründung für die Beitragsanpassungen bekamen, zufriedener waren als Nicht-Aufgeklärte – und sogar zufriedener als Privatversicherte, deren Beitrag gar nicht gestiegen war.

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