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Aktualisiert am 16.05.2018 - 16:44 UhrLesedauer: 9 Minuten
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Lehren aus den Populismus-Experimenten Lateinamerikas Vier Länder – ein Ergebnis

In den vergangenen Jahren haben sich populistische Tendenzen in verschiedensten Ländern verstärkt. Populismus kann natürlich je nach Standpunkt etwas anderes bedeuten. Das Templeton Global Macro Team verwendet den Begriff, um politische Strömungen zu beschreiben, die eine schnelle Lösung von (häufig wirtschaftlichen) Problemen versprechen, und zwar ohne die schmerzlichen Folgen, die normalerweise mit orthodoxeren Methoden einhergehen. Herkömmliche politische Empfehlungen tendieren dazu, makroökonomische Ungleichgewichte anhand eines makroökonomischen Instrumentariums in den Griff zu bekommen, das unter anderem Faktoren wie eine besonnene Haushalts- und Geldpolitik, Offenheit für internationalen Handel, Deregulierung und eine Entwicklung hin zu einer verstärkten weltweiten wirtschaftlichen Integration umfasst.

Infolge der verschiedenen globalen Krisen des vergangenen Jahrzehnts sind diese herkömmlichen Mittel jedoch bedrohlich unbeliebt geworden. Dies gilt insbesondere für einige der weiter entwickelten Wirtschaftsräume. So leistete diese Strömung beispielsweise einen erheblichen Beitrag zum Brexit, bei dem sich eine Mehrheit britischer Wähler dafür aussprach, das Land aus der Europäischen Union (EU) herauszuführen, um so die Einwanderung zu beschränken und ein stärkeres Maß an nationaler Kontrolle im Hinblick auf politische Maßnahmen und Regulierungen zu erlangen. Auch in verschiedenen anderen EU-Ländern haben populistische und nationalistische Parteien an Beliebtheit gewonnen, was die Unsicherheit bezüglich der 2017 anstehenden Wahlen erhöht.

Nach dem Brexit nun auch Isolationismus in den USA

Während der jüngsten US-Präsidentschaftswahlen haben sich populistische Elemente ebenfalls auf sowohl republikanischer als auch demokratischer Seite deutlich bemerkbar gemacht. Sie haben für einen stärker inländisch orientierten, interventionistischen wirtschaftlichen Fokus plädiert sowie für einen stärker isolationistischen Ansatz im Hinblick auf den globalen Handel.

Die Vorschläge umfassen unter anderem Maßnahmen wie hohe Importzölle, die Kündigung oder Neuverhandlung von Handelsabkommen und die Beschränkung der Einwanderung. Eine scharfe Kritik am nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA) sowie an der Immigration aus Mexiko signalisieren, wie verlockend es für die USA erscheinen kann, Lateinamerika den Rücken zuzukehren. Dies würde der US-Wirtschaft schaden und ist insbesondere angesichts der Tatsache ironisch, dass sich lateinamerikanische Länder derzeit in die entgegengesetzte Richtung entwickeln – weg von einer populistischen Wirtschaftspolitik und hin zur freien Marktwirtschaft und wirtschaftsfreundlichen Reformen.

Ländervergleich liefert wertvolle Lektionen für die Politik

Wir haben die Erfahrungen lateinamerikanischer Länder während der letzten Jahre analysiert. Wir haben uns dabei uns vor allem auf drei Länder konzentriert, die auf eine populistische Wirtschaftspolitik gesetzt hatten: Argentinien, Brasilien und Venezuela. Die ersteren beiden steuern inzwischen in die entgegengesetzte Richtung, Venezuela jedoch nicht. Unserer Ansicht nach liefert ein Vergleich der jeweiligen Erfahrungen einige wertvolle Lektionen für politische Entscheidungsträger, die derzeit Gefahr laufen, dem Sirenengesang des Populismus zu verfallen.

Natürlich befinden sich fortgeschrittene Volkswirtschaften in Bezug auf sowohl makroökonomische Fundamentaldaten als auch Institutionen in einer sehr viel stärkeren Position als die in diesem Kommentar besprochenen Länder. Dennoch sind wir der Ansicht, dass die wirtschaftlichen Folgen einer fehlgeleiteten Politik aus qualitativer Sicht ähnlich ausfallen würden. In einer Situation, in der die Versuchung insbesondere einer protektionistischen Politik stark ist, kann diese Analyse daher unserer Einschätzung nach hilfreiche Hinweise liefern. Darüber hinaus unterstreichen wir die potenzielle Attraktivität von Anlagechancen in Argentinien und Brasilien sowie allgemein in Ländern mit einer soliden, orthodoxen makroökonomischen Wirtschaftspolitik.

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