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Leitzins und Inflation: Ist der Staat klüger als die Privaten?

Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assénagon
Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assénagon
Der Staat geht derzeit eine Wette ein, die sich nur wenige Privatleute trauen. Angesichts der niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten sind viele private Investoren mit neuen Engagements in festverzinslichen Wertpapieren vorsichtig. Sie kaufen allenfalls Titel mit kurzen und mittleren Laufzeiten oder Unternehmensanleihen. Häuslebauer nehmen langfristige Kredite auf oder schreiben die Zinsen für variable Kredite fest.

Ganz anders der Staat

Eigentlich würde man erwarten, dass der Staat die niedrigen Zinsen nutzt, um die Laufzeit seiner Verschuldung zu verlängern. Es müsste jede Menge neuer 10- und 30-jähriger Bundesanleihen geben. So billig bekommt der Staat langfristige Mittel vermutlich lange nicht mehr.

Tatsächlich hat der Bund in Deutschland die Struktur seiner Kreditmarktverschuldung in den vergangenen Jahren aber kaum verändert. Der Anteil langfristiger Kreditaufnahmen (über vier Jahre) liegt mit derzeit 49,6 Prozent nur leicht über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre (von 48,6 Prozent).

Der Anteil kurzfristiger Papiere (unter einem Jahr) ist mit 19,9 Prozent sogar etwas höher (19,7 Prozent). Nur gegenüber den sehr niedrigen Werten 2009 hat sich eine leichte Verlängerung der Laufzeit der Verschuldung ergeben.

Alles richtig gemacht

Objektiv gesehen lag der Staat mir seiner Strategie goldrichtig. Die Vorsicht der Privaten führte dazu, dass sie die Hausse der verganenen Jahre an den Bondsmärkten haben. Der deutsche Rentenmarktindex REX ist im vergangenen Jahr mit einem Plus von 10 Prozent wesentlich besser gelaufen als manche andere Anlage. Manch ein Häuslebauer hätte sich billiger verschulden können, wenn er noch etwas gewartet hätte.

Umgekehrt war der Staat in der Lage seine Zinsausgaben deutlich zu senken (siehe Grafik). Ihr Anteil an den Gesamtausgaben hat sich von 11,3 Prozent auf 8,3 Prozent verringert. Zeitweise hat der Bund in den vergangenen Monaten kurzfristiges Geld sogar zu Negativzinsen aufnehmen können. Wenn die Zinsausgaben sich so wie die Gesamtausgaben entwickelt hätten, müssten Bund, Länder und Gemeinden heute 25 Milliarden Euro mehr ausgeben. Der Steuerzahler sollte der Finanzagentur, die die Kreditaufnahme für den Bund managt, auf Knien danken.

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