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Aktualisiert am 04.10.2016 - 18:10 Uhrin AktienLesedauer: 4 Minuten

Lokomotive der Weltkonjunktur So geht es mit China weiter

Ekkehard J. Wiek, Vermögensverwalter und Asien-Fondsmanager der Straits Invest.
Ekkehard J. Wiek, Vermögensverwalter und Asien-Fondsmanager der Straits Invest.

Nach der Finanzkrise war es vor allem die Stärke Chinas, welche die globale Konjunktur vor einer lang anhaltenden Rezession bewahrte. „Sieben Prozent Wachstum ist in China die neue Normalität" lautete die Formel, auf die sich Börsenanalysten in den letzten zwei Jahren geeinigt hatten. Diese Zahl ist inzwischen nicht mehr haltbar. Als sich das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei im Oktober 2015 zur Verabschiedung des 13. Fünfjahresplans bis 2020 traf, lautete das neue Wachstumsziel 6,5 Prozent.

Chinas Obere haben in dieser Welt keinen Gegner mehr zu fürchten. Es sei denn, der Gegner wäre das eigene Volk. Eine unzufriedene Bevölkerung könnte das sozialistische Einparteienkonstrukt infrage stellen. Nichts fürchten autoritäre Systeme mehr.

Als die Wachstumsraten 2008 zu sinken begannen, reagierte die Partei daher zunächst so, wie man es erwarten würde. Umfangreiche staatliche Ausgabenprogramme wurden aufgelegt, riesige Wohnungsbauprojekte umgesetzt, ganze Städte aus dem Boden gestampft. Dies führte zu einer enormen Zunahme der Verschuldung, zu Überkapazitäten in der Industrie und zu einer Überhitzung am Immobilienmarkt. Das alles macht jetzt eine Konsolidierung erforderlich. Die Frage ist, ob dieser Anpassungsprozess graduell vonstattengeht (weiche Landung) oder ob er zu größeren Verwerfungen führt (harte Landung). Die Steuerung dieses Anpassungsprozesses wäre eine Herkulesaufgabe in einem entwickelten Industriestaat. Wie geht man aber diese Aufgabe in einem zentralistischen Einparteiensystem an?



Im August 2014 veröffentlichte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua innerhalb von nur einer Woche gleich acht Artikel, in denen sie dem Aktienbesitz huldigte. Sie pries Investments an der Börse geradezu als patriotische Pflicht. Die chinesischen Kleinanleger reagierten wie gewünscht. Die Umsätze an den Börsen explodierten und um den Boom noch weiter anzufachen, forcierte die Regierung den Börsengang von vormals staatlichen Unternehmen.

Als der Hype im Frühjahr abzuflauen drohte, weil den Anlegern schlicht das Geld ausging, wurde der Kauf von Aktien auf Kredit erleichtert. Es war der klassische Fall einer Börsenblase. Diese Blase war von der Regierung gewollt, denn sie stützte die Entwicklung und trieb sie immer weiter voran. Sie glaubte, auf diese Weise leicht und schmerzlos die riesige Verschuldung des Landes in den Griff zu bekommen (die überwiegend bei den Unternehmen liegt), das Wachstum zu fördern, indem sie den Binnenkonsum stimuliert und den Wohlstand auf breitere Bevölkerungsschichten ausdehnen zu können. Es kam, wie es kommen musste – die Blase platzte. Und ebenso verstörend wie das staatliche Anfachen des Booms war die Reaktion der Partei, als die Kurse abstürzten. Sie verbot kurzerhand das Verkaufen von Aktien.

Dennoch ist der Bonner Sinologe und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Xuewu Gu zuversichtlich. Nach seiner Einschätzung kommt es in den kommenden fünf Jahren vor allem darauf an, dass in der chinesischen Wirtschaft weiter genügend neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Dafür hält er ein Wirtschaftswachstum von fünf Prozent für ausreichend. „Die fünf Jahre ab dem Jahr 2016 stellen für die Errichtung einer in allen Bereichen gemäßigt florierenden Gesellschaft eine kritische Phase dar", heißt es in einer Stellungnahme, die das Politbüro des Zentralkomitees Ende Juli herausgab. Wünschen wir den Verantwortlichen in dieser Zeit Klugheit und eine glückliche Hand.

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