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Loys-Chef im Interview Christoph Bruns: „Unter dieser Bedingung steht Frankreich eine Börsenrally bevor“

Christoph Bruns ist Fondsmanager und Chef des Oldenburger Vermögensverwalter Loys
Christoph Bruns ist Fondsmanager und Chef des Oldenburger Vermögensverwalter Loys

DAS INVESTMENT.com: Am Sonntag finden in Frankreich Präsidentschaftswahlen statt. Die Wahlen werden europaweit genau verfolgt, einigen Beobachtern gelten sie als eine Art Lackmustest für das Weiterbestehen der Europäischen Union. Wie schätzen Sie die Situation in dem Land ein?

Christoph Bruns: Die Lage in Frankreich ist unübersichtlich. Das Land hat wirtschaftliche und gesellschaftliche Schwierigkeiten. In schwierigen Phasen kommen oft radikale Stimmen nach vorn. Jetzt ist es nicht ganz einfach, die richtige Person für den Präsidentschaftsposten zu finden.

Beobachter räumen der rechtspopulistischen Kandidatin Marine Le Pen zumindest im ersten Wahlgang gute Chancen ein.

Bruns: Marine Le Pen will das Land isolieren: Raus aus dem Euro, raus aus Europa. Die guten alten Zeiten mögen freundlicherweise zurückkehren. Es gibt allerdings überhaupt keine ökonomischen Gründe dafür, dass dann alles gut wird. Man kann heute nicht mehr sagen: Wir wollen Grenzen haben, nichts mehr importieren und alles nur noch in Frankreich herstellen. So ist die Welt nicht mehr. Das Phänomen Globalisierung, die internationalen Warenströme, kann man nicht zurückdrehen. Das wäre so, als wollte man das Wahlrecht für Frauen wieder abschaffen – völlig unrealistisch.

Trotzdem scheint Le Pen viele von der bisherigen Politik enttäuschte Menschen zu erreichen.

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Bruns: Mit Hollande und Sarkozy hatte Frankreich zuletzt zwei sehr schwache Präsidenten. Das Land braucht dringend Reformen. Man hat dort eine 35-Stunden Woche und geht mit 62 in Rente. Das hat Folgen: hohe Verschuldung, hohe Arbeitslosigkeit, schwaches Wirtschaftswachstum. Hinzu kommt sozialer Sprengstoff durch eine missglückte Integration. Hier muss etwas passieren.

Wie könnte das im besten Fall aussehen?

Bruns: Frankreich steht im Prinzip da, wo die Bundesrepublik Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts stand. Es herrschte hohe Arbeitslosigkeit und ein gewisser Reformstau. Das war auch noch so in den Anfangsjahren der Regierung Schröder. Dann leitete aber eben dieser Bundeskanzler Schröder  Reformen ein, quasi aus dem Nichts, das war eine Überraschung: Hartz-Reform, Arbeitsmarktreform, Steuerreform.  Eigentlich war Schröder Sozialist, hat dann aber liberale Reformen angestoßen.

Wenn es jetzt in Frankreich nach vorne gehen soll, braucht das Land einen nüchternen, reformwilligen und fachlich geeigneten Politiker. Das könnte Macron sein. Für die Unternehmen wäre eine gute Nachricht, etwa das Pensionsalter heraufzusetzen und wieder längere Arbeitszeiten einzuführen. So schön eine 35-Stunden-Woche ist, sie führt zu schwachem Wachstum. Wenn hier Reformen auf den Weg gebracht werden, steht Frankreich eine Börsenrally bevor.

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