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Lutz Johanning: "Institutionelle brauchen dringend Anlagen mit Renditepotenzial"

Lutz Johanning
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DAS INVESTMENT.com: Herr Johanning, die sicherheitsorientierte Haltung institutioneller Investoren ist mit Blick auf die turbulenten Zeiten sehr verständlich. Es stellt sich aber die Frage, inwieweit sich die Profis mit dieser Haltung von Privatanlegern unterscheiden. Ist es nicht so, dass alle Investoren dem Herdentrieb unterliegen?
 
Lutz Johanning: Ja, auch bei Privatanlegern beobachten wir eine Präferenz für eine hohe Sicherheit. Das ist in Zeiten großer Turbulenzen auch typisch und wird sicherlich zum Teil durch die Berichterstattung in den Medien gefördert. 
 
DAS INVESTMENT.com: Ein Zeichen der Unsicherheit ist die derzeitige Aktien-Allokation institutioneller Anleger. Sie liegt laut Ihrer Studie bei neun Prozent – weit unter den Niveaus im angelsächsischen Raum zum Beispiel. Rechnen Sie mit einer Steigerung dieser Quote oder bleiben die meisten Anleger aktienscheu?
 
Johanning: Zum Teil resultieren die geringen Aktienquoten aus den regulatorischen Vorgaben, beispielsweise der Anlageverordnung für Versicherer. Solche Vorgaben werden auch in der Zukunft keine großen Aktienquoten ermöglichen. Auf der anderen Seite brauchen institutionelle Anleger dringend Anlagen mit Renditepotential, um ihre langfristigen Renditeversprechen von vier bis fünf Prozent einlösen zu können. Dafür sind Aktien geeignet, zumal die Aktienbewertungen nach den starken Korrekturen als nicht zu hoch einzuschätzen sind. Zudem werden institutionelle Anleger meines Erachtens die Assetklasse Staatsanleihen neu bewerten und die riskanten Staaten zunehmend meiden. Auch hier eignen sich Aktien guter Unternehmen als Alternative, weil es wenig vergleichbar liquide Anlageformen gibt. Insgesamt rechne ich mit einem moderaten Anstieg der Aktienanlagen. 
 
DAS INVESTMENT.com: In institutionellen Portfolios ist Europa stark übergewichtet: Laut der Studie sind 81 Prozent der Aktienanlagen und 93 Prozent der Bondanlagen in europäische Titel investiert. Keine ausreichende Streuung, so Ihr Fazit. Was würden Sie den Investoren empfehlen, damit die Anlagen besser gestreut sind, und können Sie ihre Zurückhaltung gegenüber nichteuropäischen Ländern nachvollziehen?
 
Johanning: Auch für die Konzentration in europäischen Kapitalanlagen ist bei einigen Anlegern zum Teil wieder die Regulierung verantwortlich, die ihre internationalen Investments und damit die Diversifikation einschränkt. Auf der anderen Seite muss das Risikomanagement und das Anlage-Controlling des Anlegers überhaupt erst einmal in der Lage sein, dem Investor andere Investments zu ermöglichen. Den Anlegern ist zu empfehlen, diese Kapazitäten aufzubauen, um damit eine bessere internationale Diversifikation zu ermöglichen.    
 
DAS INVESTMENT.com: Die Investoren kaufen so gut wie keine Hedgefonds. Ist dies der Tatsache geschuldet, dass viele dieser Produkte nicht das einhalten können, was sie versprechen, nämlich positive Renditen auch in fallenden Märkten zu liefern? 
 
Johanning: Hedgefonds wurden in Deutschland erst vor einigen Jahren ermöglicht und seit 2007 haben sicherlich einige Hedgefonds nicht das gehalten, was sie versprochen hatten. Dennoch ist diese Assetklasse interessant. Auch für Hedgefonds gilt, dass diese vom Anlage-Controlling des Investors abgebildet werden müssen, bevor eine Anlage möglich ist. Dieser Prozess wurde von vielen Anlegern  noch nicht aufgesetzt. Aber auch hier gilt, dass Hedgefonds grundsätzlich zur Diversifikation beitragen können. Es gilt, die guten Hedgefonds-Manager zu finden.
 
DAS INVESTMENT.com: Sie haben ausgeführt, dass die Profis sich derzeit mehr für „dynamisch-taktische Strategien“ interessieren und weniger für Benchmark-orientierte Ansätze. Was ist konkret damit gemeint?
 
Johanning: Insgesamt ist eine zunehmende Präferenz für stetige Renditen zu beobachten, um die Renditeansprüche der Anleger Jahr für Jahr erfüllen zu können. Benchmark-orientierte Anlagen, die im Wert zum Teil erheblich schwanken, können manchen Anlegern das Leben schwer machen. Deshalb beobachten wir zunehmend mehr Anlagen mit absoluten Renditezielen. Mit dynamischen Wertsicherungsstrategien können selbst in sehr turbulenten Marktphasen Wertuntergrenzen eingehalten werden. Das Problem ist, dass viele Anleger - wieder durch regulatorische Vorgaben bedingt – ähnliche Wertuntergrenzen wählen, so dass deren Anlageverhalten sehr zyklisch ist.  Der Regulator sollte also dringend einmal seine gesamten Vorgaben überdenken. Für die Studie wurden 42 Großanleger wie Banken, Versicherungen, Unternehmen und Stiftungen befragt. Zusammen verwalten sie ein Vermögen von rund 300 Milliarden Euro. Lutz Johanning ist Professor an der WHU Otto Beisheim School of Management.

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