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Makroökonomischer Ausblick „Die drei großen Fluten: Ersparnis, Öl und Geld “

Joachim Fels, Managing Director und Global Economic Advisor bei Pimco
Joachim Fels, Managing Director und Global Economic Advisor bei Pimco
Der weltweite makroökonomische Ausblick für die Weltwirtschaft beruht seit einiger Zeit auf der Interaktion zwischen der Ersparnisflut, der Ölflut und der Geldflut. Die weltweite Ersparnisflut gilt, laut Fels, als langfristig treibende Kraft hinter dem global verhaltenen Wachstum, der geringen Inflation und den niedrigen Zinsen. Im Gegensatz dazu bilden die Öl- und Geldflut den konjunkturellen Horizont, der zu einem Anstieg der Nachfrage, der Inflation und somit auch der Zinsen beitragen dürfte.

Der Begriff „globale Ersparnisflut“ ist selbstverständlich eine Vereinfachung. Er wurde vor einem Jahrzehnt durch den damaligen US-Notenbankchef Ben Bernanke geprägt, um eine Situation zu beschreiben, in der die weltweit erwünschten Ersparnisse im Vergleich zu der weltweit erwünschten Investitionstätigkeit zu hoch sind und somit auf die langfristigen Zinssätze drücken. Zehn Jahre später ist das Ungleichgewicht zwischen Ersparnissen und Investitionen ex ante noch größer und der globale, reale Gleichgewichtszins noch niedriger. Schließlich handelt es sich beim gleichgewichtigen Zinssatz um jenen Zins, der für ein Gleichgewicht zwischen Ersparnissen und Investitionen sorgt, da die weltweiten Ersparnisse ex post stets gleich den Investitionen sein muss. Doch warum möchte jeder mehr sparen und keiner investieren? Dafür gibt es zahlreiche Gründe, unter denen die folgenden am bedeutendsten sein dürften:

• Geschichte
Die Finanzkrise wirft einen langen Schatten auf das Konsum-, Spar- und Anlageverhalten.

• Demografie
Für einen längeren Ruhestand möchten oder müssen die Menschen mehr sparen, da das Renteneintrittsalter nicht im Einklang mit der Lebenserwartung gestiegen ist.

• Ungleichheit
Diese wächst; dabei sparen die Reichen mehr als die Armen.

• Technologie
Während viele neue Branchen einen niedrigen Kapitalbedarf haben, bringen umwälzende Technologien die Unternehmen in alten Wirtschaftszweigen zum Zögern, ihr Kapital über einen langen Zeitraum zu binden.

• Notwendigkeit
Seit dem „Taper“-Anfall von 2013 – als der damalige Fed-Präsident Ben Bernanke ein Ende der quantitativen Lockerung in den Raum stellte - streben zahlreiche Schwellenländer nach einer Verringerung ihrer Kapitalimporte und haben ihre Investitionsausgaben gekürzt.

Weltwirtschaft leidet unter mangelnder Nachfrage

Aufgrund dieser Faktoren leidet die Weltwirtschaft unter einer mangelnden Nachfrage – sowohl nach Investitionen als auch nach Konsum. „Eine langfristig schleppende Nachfrage verringert das Potenzialwachstum, während die vorübergehende Arbeitslosigkeit in einen Dauerzustand übergeht und die schwache Investitionstätigkeit auf das Wachstum des Kapitalstocks drückt“, erklärt Fels. „Das bedeutet, dass der reale Gleichgewichtszins der Welt vermutlich negativ ist“, so Fels weiter. Wenn es den Regierungen nicht gelingen sollte, die Nachfragelücke mittels steuerlicher Anreize zu schließen, und die Notenbanken die Realzinsen nicht deutlich in den negativen Bereich drücken können, bleibt die Wirtschaft lethargisch, und die Währungshüter müssen „hübsche“ Blasen an den Finanzmärkten entstehen lassen, um einen noch schlimmeren Ausgang zu verhindern.

Licht am Ende des Tunnels: Die Ölflut

Die Ölflut trat bereits in der zweiten Hälfte des zurückliegenden Jahres sehr deutlich auf. Sie hilft, die belastende Wirkung der Ersparnisflut auf die Konsumnachfrage zu mildern. Dies geschieht, indem die Ölflut Einkommen von den Ölproduzenten, die eine hohe Sparneigung aufweisen, auf die Verbraucher überträgt, die in der Regel den Großteil ihres Einkommens ausgeben. Wie es während der vergangenen Quartale in den USA zu beobachten war, könnte der unmittelbare Negativeffekt auf die Investitionstätigkeit im Ölsektor den positiven Effekt auf die Verbraucherausgaben zunächst überwiegen. Denn die Verbraucher geben ihr zusätzliches Einkommen infolge der niedrigeren Benzinpreise nicht direkt aus. Für einen Nettoimporteur von Öl wie den USA sollte der Effekt der niedrigeren Ölpreise auf die Gesamtnachfrage indes positiv bleiben. Verglichen mit der Flaute des Vorquartals nahmen die Konsumausgaben hier im zweiten Quartal deutlich zu. Natürlich muss sich der neueste Rückgang der Rohölpreise erst noch in einem Rückgang der Benzinpreise niederschlagen. Sobald dies jedoch geschieht, werden die Verbraucher zunehmend darauf reagieren.

Das zweite Licht am Ende des Tunnels: Die Geldflut

Die Geldflut wurde durch die Auswirkungen der Ersparnis- und der Ölflut auf die Notenbankpolitik ausgelöst. „Die Ersparnisflut übt schon lange Druck auf die Währungshüter aus“, meint Fels. Das äußerte sich im Bestreben, die Realzinsen idealerweise unter den negativen, realen Gleichgewichtszins zu senken, weiteren Niedrigzinsversprechen und Programmen der quantitativen Lockerung. „Gleichzeitig bewirkte die Ölflut mittels einer vorübergehenden Verringerung der Gesamtinflation und einer weiteren Eintrübung der Inflationserwartungen eine Verdopplung dieser Anstrengungen. Man betrachte nur einmal die Welle an geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen, die seit Beginn dieses Jahres rund um den Globus ergriffen wurden“, erläutert Fels. „In Zukunft rechnen wir mit weiteren Lockerungsmaßnahmen der Währungshüter – insbesondere in China sowie in zahlreichen rohstoffproduzierenden Ländern. Dadurch wird die globale Geldflut, die dank Schwergewichten wie der Europäischen Zentralbank und der Bank of Japan sowie der Umsetzung ihrer Anleihenkaufprogramme bereits wächst, noch weiter anschwellen“, erklärt Fels weiter.

Die globalen Auswirkungen der drei Fluten

Welchen Effekt hat das Zusammenwirken dieser drei Fluten? Joachim Fels fasst zusammen: „Erstens ist auf lange Sicht mit deutlich niedrigeren globalen Wachstumsraten, Inflationszahlen und Zinssätzen zu rechnen als in bisherigen Wirtschaftszyklen. Zweitens dürften sich die globale Wirtschaftsaktivität und die Inflation über den konjunkturellen Horizont etwas beschleunigen, worin sich der kombinierte Effekt der Öl- und der Geldflut widerspiegelt. Und drittens ist ein moderater Anstieg der Anleihenrenditen von ihrem aktuellen Niveau zu erwarten. Dies ist bedingt durch die konjunkturelle Erholung sowie als Reaktion auf die US-Notenbank, die sich im weiteren Jahresverlauf auf einen langwierigen, aber flachen Zinsanhebungspfad in Richtung eines Zinssatzes von rund zwei Prozent begeben wird.“

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