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Mario Draghis Zinsentscheid Mutiert die EZB zum Totengräber des Euro?

Leiter des Portfoliomanagements beim Fondsanbieter Euroswitch: Thomas Böckelmann
Leiter des Portfoliomanagements beim Fondsanbieter Euroswitch: Thomas Böckelmann
Supermario hat die Kapitalmärkte nicht enttäuscht – zumindest deutet darauf die erste Reaktion mit steigenden Aktienkursen. Nach der Ankündigung im Dezember, Anfang März die geldpolitischen Maßnahmen zu überarbeiten, hatten sich die Marktteilnehmer neben einer weiteren Absenkung des Einlagenzinses auf -0,4 Prozent eine volumen- wie zeitmäßige Ausdehnung des Staatsanleihekaufprogrammes gewünscht.

Erhofft wird eine erneute Schwemme an Liquidität, die in der Folge die Vermögenspreise weiter steigen lässt – soweit die Theorie. Denn für die Wirkungen und Nebenwirkungen nachhaltig negativer Zinsen gibt es kein historisches Beispiel. Fragwürdig ist die Argumentation der Europäischen Zentralbank (EZB), mit ihren unkonventionellen Methoden eine drohende Deflation abwenden zu wollen – die ist bislang nicht zu sehen.

Konsequente Staatsfinanzierung

Zwar fallen Inflation und  Inflationserwartungen, eine negative Wirkung auf das Konsumentenverhalten ist jedoch ausgeblieben. Vielmehr dürfte das Inflationsargument die Absicht verdecken, mit den aufgelegten Programmen eine konsequente Staatsfinanzierung zu betreiben. Bereits heute rentieren ein Viertel aller Staatsanleihen in der Welt negativ, zwei Drittel rentieren unterhalb 1 Prozent.

Dass sich die EZB zu einer Ausweitung des Staatsanleihekaufprogrammes um monatlich weitere 20 Milliarden Euro auf 80 Milliarden Euro entschieden hat, überrascht. Existierende Statuten und interne Kaufbegrenzungen machen eine Ausweitung des Programms ohne Änderung der Kapitalquoten der Notenbank schwer umsetzbar.

Aber da der Stabilitätsgeist von Maastricht nur noch auf einem vergilbten Papier existiert, wird es wohl nicht lange dauern, bis die Politik eine entsprechende Änderung der EZB-Kapitalquoten ermöglicht. Zu verlockend ist es für die Politik, weiter auf die EZB zu setzen als zu Hause ungeliebte Reformen anzupacken.

Mehr Illusion denn Konzept

Ohnehin scheinen Reformen nach einem weitgehenden politischen Linksruck im europäischen Süden mehr Illusion denn Konzept. Und da der durchschnittliche Wähler die Komplexität der EZB-Aktivitäten und deren Nebenwirkungen kaum verstehen kann, ist eine weitere Aufweichung der geldpolitischen Kriterien vergleichsweise einfach.

Wer liest schon kritische Artikel zum Beispiel eines Herrn Professor Sinn oder bemerkt die deutlichen Warnungen der obersten Notenbank - der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel? Immer negativere Zinsniveaus sind jedoch kaum zu erwarten. Diese drohen ohne Bargeldverbot nicht nur ihre erhoffte Wirkung zu verfehlen – vielmehr begründen sie existentielle Risiken für die Geschäftsmodelle der Banken.

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