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Aktualisiert am 02.01.2013 - 16:23 UhrLesedauer: 4 Minuten

Mark Mobius: „Osteuropa ist das neue Wirtschaftswunder“

Fondsmanager-Star Mark Mobius, Franklin Templeton
Fondsmanager-Star Mark Mobius, Franklin Templeton
Das Interview stellte Franklin Templeton zur Verfügung.

Frage: Wie sieht Ihre Prognose für die europäischen Schwellenmärkte aus?

Mark Mobius: Insgesamt glauben wir, dass die Schwellenländer in Europa günstigere Verschuldungsdaten aufweisen als ihre westlichen Nachbarstaaten. In keinem der fünf wichtigsten Länder der Region - Russland, Türkei, Polen, Ungarn und die Tschechische Republik - liegt die Verschuldung über 75 Prozent des BIP. Die Verschuldung des privaten Sektors ist mit Krediten in Höhe von etwa 60 Prozent des BIP ebenfalls geringer als in den Industrieländern mit über 100 Prozent.

Polen, Ungarn und die Tschechische Republik verfügen über eine relativ gut ausgebaute Infrastruktur sowie über hervorragend ausgebildete Arbeitskräfte mit Fremdsprachenkenntnissen. Diese Merkmale machen die genannten Länder für ausländische Investoren auf der Suche nach neuen Produktionsstätten und Service Centers, die gemeinsam mit teureren Ländern betrieben werden, sehr attraktiv.

Die Türkei punktet mit ihren außerordentlich günstigen demografischen Daten. Die Bevölkerung wächst und ist jung (Medianwert). Mittlerweile beginnt die türkische Volkswirtschaft von Produkten mit geringem Mehrwert wie etwa der Textilindustrie auf höherwertige Produkte wie Autos umzustellen.

Bezogen auf die Bewertung erscheint uns Russland mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von unter 5x als der attraktivste Markt. Das Land verfügt über die drittgrößten Devisenreserven der Welt, die Russland unserer Ansicht nach in die Lage versetzen sollten, jedwedem externen Schock standzuhalten. Hinzu kommt, dass Russland einen großen Anteil der weltweiten natürlichen Ressourcen besitzt und dass viele der Rohstoffunternehmen des Landes auch global betrachtet besonders kostengünstig produzieren können.

Frage: Inwieweit betrifft die aktuelle Schuldenkrise in der Eurozone Unternehmen, in die sie investiert sind oder die Sie beobachten? Was bedeuten etwa Griechenland und Spanien für den Betrieb und das Wachstum von Unternehmen in Emerging Europe?

Mobius: Die Banken in europäischen Schwellenländern verfügen über kein ausgeprägtes Engagement in jenen Ländern der Eurozone, die im Zentrum der aktuellen Schuldenkrise stehen (Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien).

Doch die Banken dieser Länder haben Tochtergesellschaften in Osteuropa. Bei manchen Banken existieren allerdings erhebliche Retail-Fremdwährungskredite (etwa in CHF oder EUR). Vor allem in Ungarn und Polen waren diese Kredite gängige Praxis. Wenn lokale Währungen auf Grund von Problemen in Westeuropa abwerten, könnte es zu einem erhöhten Kreditausfallsrisiko kommen.

Viele Industrieländer bleiben vorsichtshalber lieber auf ihrem Bargeld sitzen, anstatt neue Investitionsprojekte in Angriff zu nehmen. Die Visibilität neuer Projekte ist infolge der Probleme in Europa gering.

Insgesamt rechnen wir mit einer Fortsetzung der quantitativen Lockerung durch die Zentralbanken überall auf der Welt. Liquidität könnte in Rohstoffmärkte fließen, wenn die Länder weiter Geld drucken. Diese Liquiditätswelle dürfte den russischen Markt stark unterstützen, weil er massiv von der Rohstoffpreisentwicklung abhängt.

Für die Exporte der meisten Unternehmen in den Schwellenländern spielen die Probleme in Griechenland und Spanien unserer Ansicht nach keine wesentliche Rolle.
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