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Mark Mobius: „Schwellenmärkte bieten nach wie vor unwiderstehliche Chancen“

Mark Mobius
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Frage: In welchem Stadium des Konjunkturzyklus befindet sich der Weltmarkt Ihrer Ansicht nach zurzeit? Aus welchem Grund?

Mark Mobius: Global betrachtet stehen wir noch am Anfang einer Aufschwungphase. Wir müssen jedoch jedes Land individuell einstufen, da nicht alle Volkswirtschaften im gleichen Stadium sind. Während manche Industrieländer noch hinterherhinken, haben sich etliche Schwellenmärkte bereits erholt. In manchen Teilen der Welt gab es gar keine Rezession. Daher muss man jedes Land für sich betrachten. So ist die brasilianische Wirtschaft in hohem Tempo weitergewachsen, während sich auch der Lebensstandard erhöht hat. Das galt ebenso für China.

Frage: Warum rechnen Sie nicht mit einem weltwirtschaftlichen „Double-Dip-Szenario”?

Mobius: Ein Szenario mit zwei Tiefpunkten („Double Dip”) halten wir derzeit für unwahrscheinlich, weil die Geldmenge nachhaltig wächst. Die US-Regierung hat sich bereits auf ein zweites quantitatives Lockerungsprogramm eingestellt, das beim ersten Anzeichen für ein Stocken der Konjunktur eingeleitet werden soll.
Frage: Erwarten Sie aus Zehnjahresperspektive eine Phase mit hoher Inflation infolge der enormen Geldmenge in der Weltwirtschaft?

Mobius: Diesbezüglich wird viel von der Bereitschaft der Regierungen in aller Welt abhängen, Liquidität zu entziehen, wenn Inflation einsetzt. In der Vergangenheit haben diese eher langsam reagiert, sodass für die nächsten zehn Jahre von der aktuell niedrigen Ausgangsbasis aus mit steigenden Inflationsraten zu rechnen ist.

Frage: Wie dürfte sich die Liste der zehn reichsten Länder der Welt nach Ihrem Dafürhalten in den nächsten 20 bis 30 Jahren verändern?

Mobius: Sicherlich ist zu erwarten, dass der Anteil der heutigen Schwellenländer zunimmt. Viele der wachstumsstarken Schwellenmärkte wie China und Indien könnten weiter vorpreschen und sehr reich werden. Daher werden wir unsere Fonds weiterhin so aufstellen, dass sie die interessantesten Anlagechancen in allen Schwellenländern nutzen.

Frage: Kommt es zur „Entkoppelung” der Märkte?

Mobius: Heute sind alle Länder durch Handel und Kommunikation auf die eine oder andere Weise unentwirrbar miteinander verflochten. Es ist daher unrealistisch, zu behaupten, dass sich ein Land oder eine Ländergruppe von anderen abkoppelt. Das bedeutet aber nicht, dass sie sich immer alle gleichzeitig oder im gleichen Tempo in die gleiche Richtung entwickeln.

Frage: Werden Schwellenmärkte auch weiterhin hohe Volatilität aufweisen?

Mobius: Sämtliche Märkte, die Schwellenmärkte eingeschlossen, werden weiterhin hohe Volatilität zeigen. Durch Leerverkäufe, ungedeckte Leerverkäufe, zunehmende Derivate und die globale Expansion der Märkte wird uns die Volatilität noch einige Zeit erhalten bleiben. Der Gesamtwert der Derivate beträgt zum Beispiel inzwischen über 600 Billionen US-Dollar – mehr als das Zehnfache des gesamten globalen BIP.

Frage: Manche Analysten meinen, angesichts großer Ungewissheit auf dem Markt sei Gold der einzig sichere Hafen. Sie auch? Warum?

Mobius: In der Vergangenheit war Gold kein guter Wertspeicher. Angesichts unserer höchst unsicheren Zeiten fühlen sich die Investoren jedoch im Allgemeinen sicherer, wenn sie Gold halten anstelle liquider Mittel. Sollte die Geldmenge in dem Tempo der letzten Jahre weiterwachsen, dürfte Gold seinen Aufwärtstrend fortsetzen. Aber auch andere Rohstoffe wie Palladium, Platin und Silber sollten dann überlegen abschneiden. In Zeiten großer Ungewissheit sollten wir aber auch Aktien nicht übersehen. Die Geschichte belegt, dass sich der Kauf von Aktien in Zeiten, in denen der Pessimismus am größten ist, oft besonders auszahlt, wenn wieder Stabilität einsetzt.

Frage: Glauben Sie, dass jetzt ein guter Zeitpunkt für die Anlage in Aktien ist? Wenn ja, auf welche Bereiche sollte man bevorzugt setzen? Und mit welchen Erträgen ist zu rechnen?

Mobius: Es gibt keine guten oder schlechten Zeiten zum Investieren. Auf den Aktienmärkten sind immer Schnäppchen zu finden. Die Voraussetzung dafür ist natürlich detailliertes Research, um diese Schnäppchen ausfindig zu machen, und ihr Kauf mit langfristigem Horizont. Unseres Erachtens bieten die Schwellenmärkte Anlegern nach wie vor unwiderstehliche Chancen. Die Erträge eines diversifizierten Aktienportfolios können wir unmöglich vorhersagen. Rückblickend haben die Schwellenmärkte die Industrieländer jedoch in den letzten zehn Jahren im Schnitt deutlich übertroffen.

Frage: Warum sollten Anleger Schwellenländeraktien in ein breit gestreutes Portfolio aufnehmen?

Mobius: Die Schwellenmärkte bieten reizvolle Investmentgelegenheiten, weil sie im Verhältnis höheres BIP-Wachstum aufweisen, Devisenreserven angehäuft haben, die ihre Volkswirtschaften weit besser gegen externe Schocks wappnen, im Verhältnis geringer verschuldet sind, wachsendes Anlegervertrauen genießen, hohe Kapitalzuflüsse verzeichnen, weil angesichts niedriger Bankzinsen höhere Renditen gefragt sind und vor allem, weil die Bewertungen unspektakulär sind. Hinzu kommt, dass 2009 im Durchschnitt rund 3 bis 8 Prozent der Portfolios institutioneller Investoren in Schwellenmärkten investiert waren, die etwa 30 Prozent der globalen Marktkapitalisierung ausmachen. Diese Diskrepanz lässt uns annehmen, dass die potenzielle Nachfrage nach Schwellenländeranlagen erheblich sein dürfte. In Zukunft könnte mehr Kapital auf diese Märkte gelenkt werden, wenn die Investoren erkennen, dass sie dort im Vergleich zu den Industrieländern zu vernünftigen Preisen bei im Verhältnis niedrigen Risiken werthaltige Titel erwerben können.

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