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Marktkommentar „Abenomics“ geht die Puste aus

Léon Cornelissen
Léon Cornelissen
Ich bin enttäuscht, dass Japan bisher erst wenige konkrete Maßnahmen angekündigt hat, um die verkrustete Wirtschaft des Landes zu reformieren. Handlungsbedarf ehe ich vielerorts: Steuerreformen, eine Deregulierung des Arbeitsmarktes und eine bessere Führung der Unternehmen könnten Investitionen fördern. Wünschenswert wären auch die stärkere Einbindung von Frauen in den Arbeitsmarkt und eine Lockerung der Einwanderungspolitik.

Auch die Beseitigung von Handelsschranken stockt. Der letzte Besuch von US-Präsident Barack Obama in Japan mündete nicht in einem bilateralen Handelsabkommen. Dieses wäre jedoch notwendig gewesen, um Verhandlungen über das zwölf Nationen umfassende Transpazifische Partnerschaftsabkommen wieder aufzunehmen. Der japanische Ministerpräsident hat es aber vorgezogen, die heimische Landwirtschaft weiterhin mit hohen Zöllen zu protegieren.

In Japan schwinden Wachstumseffekte

Die Abenomics-Wirtschaftspolitik hatte nach ihrer Auflage vor anderthalb Jahren zunächst das Wirtschaftswachstum angetrieben. Der schwache Yen beflügelte die Exporte. Außerdem konsumierten die Japaner mehr, weil sie sich wegen der gestiegenen Aktienkurse reicher fühlten.

Dieser Effekt blieb zuletzt aus: Der Nikkei-Index verlor seit Jahresbeginn rund 8 Prozent. Die Bank von Japan reduzierte ihre Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im laufenden Wirtschaftsjahr kürzlich von 1,4 auf 1,1 Prozent. Während die Inflation im April auf 2,9 Prozent anzog, sanken enttäuschender Weise die Reallöhne.

Ich erwarte nun, dass die japanische Notenbank vermutlich im Juli weitere Anleihekäufe (Quantitative Easing) startet, was den Yen nochmals schwächen könnte. Für Oktober 2015 fasst man eine weitere Erhöhung der Mehrwertsteuer auf dann 10 Prozent ins Auge. Damit könnten die Japaner ihre Staatsverschuldung bei 250 Prozent des Bruttoinlandsprodukts halten. Aktuell bleiben jedoch die Zweifel, ob die Politik der Abenomics letztendlich erfolgreich sein wird.

USA und Europa gehen voran


Optimistischer sehe ich die Konjunkturaussichten in den USA und im Euroraum. Sinkende Inflationsraten geben den Zentralbanken Spielraum, ihre Leitzinsen für eine längere Zeit niedrig zu halten. Gleichzeitig erholt sich die europäische Wirtschaft auf breiter Front. So ist beispielsweise Spanien im ersten Quartal 2014 so schnell gewachsen wie seit sechs Jahren nicht mehr. An ein Szenario dauerhaft sinkender Preise glaube ich daher nicht.

Über Deflation wird derzeit in der Eurozone lebhaft diskutiert – im Wirtschaftsaufschwung wird dieses Thema aber an Relevanz verlieren. Ich halte es daher für wahrscheinlich, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre bisherige Geldpolitik vorläufig fortsetzt und anders als die Bank von Japan keine eigenen Anleihekäufe beschließt.

In diesem Umfeld favorisiere ich neben Aktien vor allem Hochzins-Anleihen. Der Aufschwung und die niedrige Inflation in den etablierten Industriestaaten sprechen für diese Anlageklasse. Die dominierende Suche nach Rendite und die historisch niedrigen Ausfallraten bei High-Yield-Bonds rechtfertigten – bei aller notwendigen Wachsamkeit – das derzeitige Kursniveau. Investmentgrade-Unternehmensanleihen halte ich dagegen für weitgehend ausgereizt, während Staatsanleihen bald unter einem konjunkturbedingten Anstieg der Nominalzinsen leiden dürften.
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