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Marktkommentar Robeco Notenbankpolitik: „Massive Verzerrungen an den Finanzmärkten“

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Die Bewertungen liegen knapp unter dem Durchschnitt

Die Spreads für die meisten Anleihekategorien liegen geringfügig unter den Durchschnittswerten, sodass man den Markt nicht als extrem teuer bezeichnen kann. Man kann jedoch zu recht sagen, dass die Spreads für die jetzige Zyklusphase mit zunehmenden Adressausfällen, Spitzenwerten bei der Verschuldung und einer sich verlangsamenden US-Konjunktur niedrig sind.

Ein Vergleich der Spreads in den Schwellenländern mit denen in den Industrieländern zeigt, dass das Verhältnis unter das Durchschnittsniveau in der Vergangenheit gefallen ist. Es gibt kaum eine Prämie als Anreiz dafür, statt Unternehmensanleihen aus Industrieländern solche aus Schwellenländern zu halten. Bestimmte Märkte sind ausgesprochen teuer geworden. Brasilianische Anleihen sind beispielsweise weitgehend zu den vor Januar verzeichneten Mittelwerten zurückgekehrt, obwohl der Reformpfad nach wie vor voller Risiken steckt.

Die EZB sorgt für sehr starke technische Unterstützung

Das Programm der EZB zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) bietet eine sehr starke technische Unterstützung für europäische Investment-Grade-Unternehmensanleihen, die auch auf High-Yield-Anleihen übergreift. CSPP stellt mit seinem Umfang alle anderen Faktoren in den Schatten, die die Märkte beeinflussen könnten – selbst so negative Ereignisse wie den Brexit. Die entscheidende Frage lautet: Wird der Markt weiter auf eine Fortsetzung der unterstützenden Geldpolitik durch die Notenbanken vertrauen?

Wir halten die Wahrscheinlichkeit, dass risikobehaftete Finanzaktiva negativ auf eine Verschärfung der Geldpolitik reagieren werden, für sehr groß. Ein Fehler in der Kommunikation stellt dabei vermutlich das größte Risiko dar. Wir beobachten, dass die Glaubwürdigkeit der Notenbanken von Anlegern und Ökonomen zunehmend in Frage gestellt wird.

Ein Vertrauensverlust auf breiter Front könnte die Finanzmärkte ernsthaft aus dem Gleichgewicht bringen. Die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte ist stark beeinträchtigt. Anscheinend preisen sie fundamentale Risiken wie den Brexit nicht mehr ein. Mittlerweile gilt an den Märkten das Motto „Ich kaufe, wenn du kaufst!” Anleger kaufen Aktien, weil Unternehmen eigene Aktien zurückkaufen. Unternehmen kaufen eigene Aktien zurück, weil sie sich an den Fremdkapitalmärkten günstig finanzieren können. Anleger kaufen Unternehmensanleihen, weil die Notenbanken die Märkte mit Liquidität überschwemmen.

Letztendlich läuft alles darauf hinaus, ob die Anleger glauben, dass andere Anleger auf eine Fortsetzung der Politik des billigen Geldes vertrauen.

Da die Politik der Notenbanken zu einem so dominierenden Faktor geworden ist, hat auch die Korrelation zwischen verschiedenen Anlageklassen zugenommen. Wenn sich die Märkte drehen, wird es keinen Zufluchtsort geben. Selbst die in der Vergangenheit stets negative Korrelation zwischen Spreads und Zinssätzen ist inzwischen positiv geworden. Die Anleger setzen mit ihren Wertpapiergeschäften allesamt auf das Vorgehen der Notenbanken, weil es wegen negativer Guthabenzinsen teuer werden kann, außen vor zu bleiben.

In Unternehmensanleihe-Portfolios aktuell neutral aufgestellt

Von einem fundamentalen Standpunkt aus würden wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Untergewichtung von Risiken vorziehen. Wir sind uns aber bewusst, dass die derzeitige Notenbankpolitik noch einige Zeit beibehalten werden könnte. Deshalb bleiben wir bei den meisten Unternehmensanleihe-Portfolios bei einer neutralen Position in Bezug auf Beta und beobachten, inwieweit einzelne Unternehmensanleihen für eine Konjunkturverlangsamung anfällig sind. Global betrachtet ziehen die Robeco-Experten auf Euro lautende Unternehmensanleihen weiterhin den auf Dollar lautenden Papieren vor und bleiben bei einer defensiven Aufstellung in Schwellenländeranleihen. Die Notenbanken sind auch in den Schwellenländern ein wichtiger Einflussfaktor.

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