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Markus Krygier: Der Euro ist schwächer als der Dollar

Markus Krygier
Markus Krygier
DAS INVESTMENT.com: Auf die Frage nach zukünftigen Entwicklungen bestimmter Märkte bekomme ich von Fondsmanagern oft zu hören, dass sie keine Kristallkugel haben. Sie sind davon überzeugt, dass Währungsentwicklungen vorhersagbar sind. Haben Sie eine Kristallkugel?

Krygier: Nein, die brauche ich nicht. Die zukünftige Entwicklung einer bestimmten Währung im Vergleich zu einer anderen lässt sich quantitativ prognostizieren – zum Beispiel mit Hilfe der Zinsdifferenziale. Dabei weisen relative Zinsdifferenzen auf die Kursentwicklung der Währungen hin.

DAS INVESTMENT.com: Das klingt kompliziert.

Krygier: Ist es aber gar nicht. Ein Beispiel: Der Markt erwartet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen anhebt. Die US-Notenbank Fed lässt die Zinsen hingegen unverändert. Daraus kann man schließen, dass der Euro demnächst aufwerten wird. Eine zweite Möglichkeit, Währungsentwicklungen vorherzusagen, ist die Kaufkraftparitätentheorie. Sie ermittelt, ob eine Währung fundamental unter- oder überbewertet ist.

DAS INVESTMENT.com:
Und wie funktioniert das?

Krygier: Ähnlich wie der weltbekannte Big-Mac-Index, den man aber nicht auf ein einziges Produkt, sondern auf ganze Warenkörbe bezieht. Denn zwei identische Warenkörbe, die man in zwei Ländern mit unterschiedlichen Währungen kaufen kann, müssen mehr oder weniger das Gleiche kosten. Schließlich werden viele Elemente, die zur Herstelllung der einzelnen Waren gebraucht werden, international gehandelt. Wenn also zum Beispiel Apple-Computer in den USA viel günstiger als in Europa zu haben sind, werden irgendwann auch Europäer diese Produkte in den USA bestellen. Und mit der Nachfrage nach Produkten, die in US-Dollar notieren, steigt auch der Kurs des Dollars gegenüber dem Euro.

DAS INVESTMENT.com: Und was ist mit den politischen Rahmenbedingungen?

Krygier: Diese werden bei einer dritten Methode, die wir „Global Macro“ nennen, berücksichtigt. Dabei handelt es sich um ein Sammelbecken für wichtige Faktoren, die eine Sondersituation beschreiben. Ein Beispiel wäre die jüngste Entscheidung der Schweizer Nationalbank (SNB), ein Wechselkursziel für den Schweizer Franken gegenüber dem Euro einzuführen.

DAS INVESTMENT.com: Wie stehen Sie zu dieser Entscheidung?

Krygier: Sie hat mich sehr beeindruckt, da die SNB hier einen neuen Weg gegangen ist. Man könnte sagen, sie hat hier eine Linie in den Sand gezogen.

DAS INVESTMENT.com:
Wie meinen Sie das?

Krygier: Bisher haben Zentralbanken die Währungskurse durch Kaufen und Verkaufen reguliert, so dass man nicht wusste, wo die absolute Schmerzgrenze liegt. Mit dem Mindestkurs von 1,20 hat die SNB nun eine Grenze festgelegt, die sie mit aller Kraft verteidigen wird, da sie sonst ihre Glaubwürdigkeit verlieren würde. Natürlich könnten Spekulanten versuchen, die SNB herauszufordern. Doch der Einsatz wäre extrem hoch und würde sich – ganz nach den Regeln der Spieltheorie – einfach nicht lohnen. So sah der Markt innerhalb von zehn Minuten das Kursziel von 1,20 als glaubwürdig an.

DAS INVESTMENT.com: Und was halten Sie von dem Wechselkursziel von 1,20?

Krygier:
Selbst mit 1,20 ist der Schweizer Franken noch extrem hoch bewertet.

DAS INVESTMENT.com: Sehen Sie also noch Potenzial für weitere Abwertungen?

Krygier:
Ja, das wäre vorstellbar. Wenn ich mich in die SNB hinein versetze und sehe, wie einfach die jüngste Abwertung war, könnte ich Appetit bekommen.