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Aktualisiert am 23.12.2010 - 16:11 Uhrin MärkteLesedauer: 6 Minuten

Max Otte: „Die Politik zielt auf eine Inflationierung ab“

Max Otte
Max Otte
Frage: Was raten Sie Anlegern in der gegenwärtigen Situation? Einerseits prognostiziert beispielsweise der IWF eine Erholung der Konjunktur, andererseits warnen Pessimisten vor den Folgen der Euro-Krise und verweisen auf das Auslaufen von Konjunkturprogrammen.

Max Otte: Die Konjunkturprognosen sind das eine, die Bewertungen der Asset-Klassen das andere. Ich halte viele Qualitätsaktien derzeit für moderat bewertet, Gold halte ich auf dem gegenwärtigen Niveau für fair bewertet. Ich rate derzeit zu wachstumsstarken Qualitätstiteln wie Nestlé, Coca-Cola oder L’Oréal. Und zu Gold als Absicherung.

Frage: Und wo bleiben Staatsanleihen in Ihrem Portfolio?

Otte: Ich rate nicht zu Staatsanleihen, auch nicht zu deutschen oder US-amerikanischen Staatstiteln. Die Rendite ist viel zu gering. Auch wenn es bei diesen Staaten kein Insolvenzrisiko gibt, so gibt es doch das Inflationsrisiko.
Frage: Dann gehen sie offenbar davon aus, dass das Inflationsrisiko derzeit größer als das Deflationsrisiko ist?

Otte: Ich glaube, dass die Politik in der Tat darauf abzielt, sich aus den gegenwärtigen Schwierigkeiten durch Inflation zu befreien, auch wenn das natürlich keiner sagt. Sparen und Wachstum allein werden jedenfalls nicht ausreichen, um uns aus der derzeitigen Schuldenkrise zu befreien. Eine Hyperinflation würde ich aber definitiv ausschließen. Dafür ist unsere Wirtschaft doch zu gesund. Aber Inflationsraten von 5, 7 oder auch 9 Prozent halte ich schon für möglich. Ich halte ein solches Inflationsszenario für wahrscheinlicher als das Deflationsszenario. Beides ist aber möglich, und ich bin froh, dass ich nicht wie die Wirtschaftsforschungsinstitute alle halbe Jahre eine Prognose abgeben muss.

Frage: Wie hoch schätzen sie vor diesem Hintergrund die Gefahr eines Double Dip, eines nochmaligen Absturzes der Aktienmärkte?

Otte: Da wäre ich nicht zu pessimistisch. Selbst wenn die realwirtschaftlichen Wachstumsraten wider zurückgehen, muss das nicht heißen, dass am Aktienmarkt die Kurse einbrechen. Die Bewertungen sind jedenfalls nicht übertrieben. Am wahrscheinlichsten ist meiner Meinung nach ein konjunkturelles Szenario, bei dem wir einige Jahre lang mit relativ schwachem Wachstum bei erhöhten Inflationsraten herumeiern werden.

Frage: Wäre es nicht angebracht, als Investor stärker auf Schwellenländer zu setzen?

Otte: Schwellenländer und Rohstoffe sind derzeit Modethemen. Natürlich ist das Wachstum in diesen Bereichen stark. Aber als Investor muss man sich immer fragen, wie viel man für dieses Wachstum bezahlt. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Erfolg eines Investments und dem Wachstum des Sektors, in den man investiert. Ich misstraue den Schwellenländern noch etwas, beispielsweise in Fragen der Rechtssicherheit. Der Anteil der Schwellenländertitel in meinem Portfolio ist daher gering. Man kann aber indirekt das Schwellenländerthema spielen, indem man Aktien von Unternehmen kauft, die dort stark engagiert sind, beispielsweise Coca-Cola oder Nestlé.

Frage: Was bedeutet die ins Haus stehende Renminbi-Aufwertung für das Wachstum der Schwellenländer?

Otte: Diese Aufwertung war längst überfällig. Sie wird sich positiv auf die gesamte Weltwirtschaft, also auf Schwellen- und Industrieländer, auswirken. Das chinesische Handelsbilanzdefizit wird hoffentlich schrumpfen. Allerdings steigt auch die chinesische Finanzkraft durch die Aufwertung, sodass die chinesischen Direktinvestitionen wohl noch zunehmen werden.

Frage: Sie setzen also im Wesentlichen auf etablierte Titel aus den Industrieländern, trotz der Schwierigkeiten, in denen diese Länder derzeit stecken?