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Mensch gegen Maschine Wie sinnvoll sind Robo-Berater?

Thomas Buckard, Vorstand der Michael Pintarelli Finanzdienstleistungen aus Wuppertal, zweifelt an dem Sinn von Robo-Advisorn.
Thomas Buckard, Vorstand der Michael Pintarelli Finanzdienstleistungen aus Wuppertal, zweifelt an dem Sinn von Robo-Advisorn. | Foto: MPF

Gefährden Robo-Advisor den Anlegerschutz? In einer jüngst veröffentlichten Studie der ING-Diba gab jeder zweite Deutsche zu, in Finanzfragen keine Ahnung zu haben. Noch schlechter sehe es bei den Befragten zwischen 18 und 34 Jahren aus, die sich sogar als finanzielle Analphabeten bezeichneten.

Verbraucherschutz bleibt auf der Strecke

Gerade diese Altersgruppe, die sogenannten Digital Natives, wird mit Robo Advisory und digitalen Vermögensverwaltungen umworben. Als Vermögensverwalter rätseln wir, wie die Unkenntnis über die Finanzmärkte mit dem Spezialwissen der Digital Natives in Einklang gebracht werden kann, ohne dass der Verbraucherschutz auf der Strecke bleibt.

Der Umfang an Dokumenten, die bei einem neuen Verwaltungsmandat unterschrieben werden müssen, beträgt 60 bis 70 Papierseiten inklusive der Bankunterlagen: Mifid II sei Dank. Wie kann also ein Online-Kunde menügeführt mit einigen Kreuzen seine Erfahrung, Risikoneigung und Renditeerwartung spezifizieren? Diese Interaktion am Computer (oder ähnliches) erfüllt offenbar die Vorgaben des Gesetzgebers und der BaFin, obwohl damit der „finanzielle Analphabet“ sich selbst überlassen wird.

Momentan eilen die Finanzmärkte von einem Hoch zum nächsten, und die Geduld der Anleger wird nicht sonderlich auf die Probe gestellt. Was passiert aber, wenn dann doch einmal die vielfach erwartete Korrektur an den Märkten einsetzt und Onlinekunden nur noch rote Zahlen und hohe Verluste sehen? Dann ist der Finger schnell auf dem roten Knopf und das Mandat wird aufgelöst. Zurück bleibt die vermeintliche Erkenntnis: „Ich hab’s doch immer gewusst, die Börse ist nur was für Superreiche.“

Hier setzt der Mehrwert des analogen Verwalters ein, der den Anleger in schwierigen Zeiten begleitet und sinnvolle Lösungen aufgrund seiner Erfahrung ermöglicht. Die Verwerfungen der „Lehman-Krise“ brachten unzählige Mandanten hervor, die eigentlich hinwerfen wollten. Verständnisvolle und kompetente Beratung überzeugte sie, dabei zu bleiben. Deshalb profitierten sie von der später einsetzenden und bis heute andauernden Aufwärtsbewegung. Diese empathische, emotionale und auf Erfahrung aufbauende Begleitung kann zurzeit kein Algorithmus abbilden – analoge Vermögensverwalter sind also konkurrenzlos.

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Künstliche Intelligenz und ausgefeilte Algorithmen sind natürlich willkommene Hilfsmittel, um noch bessere Ergebnisse zu erzielen. Das setzt allerdings absolute Standfestigkeit und Konsequenz des Anlegers voraus, der strikt als Homo Oeconomicus agieren muss. Der Faktor Mensch verhält sich nicht so ideal. Immer wieder haben unerwartete Einbrüche, (finanz-) politische Wendungen und geopolitische Verwerfungen zu heftigen Konsequenzen an den Finanzmärkten geführt. Der Homo Panicus ist eben unberechenbar.

Könnte ein selbst lernender Algorithmus solche Herausforderung meistern? Der Software-Unternehmer Hans Christian Boos stellt fest: In der künstlichen Intelligenz gelten Netzwerke mit einer Million Knoten schon als groß – das menschliche Gehirn verfügt über mehr als 86 Milliarden Nervenzellen (FAZ 26.10.2017). Die schier unendlichen Verknüpfungsmöglichkeiten und die über Jahrtausende gesammelten Erfahrungen des Menschen schüren Zweifel an der dauerhaften Überlegenheit künstlicher Intelligenzen.

Bereits Realität

Dennoch: Robo Advisory und digitale Vermögensverwaltung sind bereits Teil des Marktes. Vermögensverwalter tun gut daran, die Vorteile für sich einzusetzen – die Überschrift für diesen Artikel ist also jetzt schon falsch. Das „onboarding“ der Mandanten, die kontinuierliche Kommunikation mit ihnen, regulatorische und Compliance-relevante Prozesse, das Reporting sowie die aktuellen Informationen über Anlageentscheidungen und Marktentwicklungen sollten standardisiert, systematisiert und digitalisiert werden, um mehr Zeit für das Wesentliche zu schaffen: Persönliche Beratung und Betreuung der Mandanten.

Hier sind noch viele Möglichkeiten offen. Vermögensverwalter, die digitale Prozesse für sich nutzen, dürften im Wettbewerb um Kunden erfolgreicher als andere Marktteilnehmer sein. Damit lässt sich dann auch die Hälfte der Deutschen erreichen, die sich selbst bisher als finanzielle Analphabeten bezeichnen.

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