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Metzler-Chefvolkswirt: „Die Aktienmärkte in der Eurozone und in Osteuropa haben die attraktivste Bewertung“

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Derzeit signalisieren die Frühindikatoren weiterhin, dass sich die Weltwirtschaft leicht erholen wird, und bestätigen damit eher das moderat positive  Bild. Aufgrund der Kursrally seit Jahresanfang hat die Bewertung vieler Börsen etwas an Attraktivität verloren, was die Kurschancen bei einer weltweit sich fortsetzenden Konjunkturerholung begrenzen dürfte. Die Aktienmärkte in der Eurozone und in Osteuropa haben derzeit die attraktivste Bewertung, während der US-Aktienmarkt schon als teuer eingestuft werden muss

Konjunktur Eurozone


Die Wirtschaft in der Eurozone war im ersten Quartal durch eine starke Divergenz gekennzeichnet: Die deutsche Wirtschaft glänzte mit guten Konjunkturdaten, während die Länder in der Peripherie der Eurozone mit schweren rezessiven Tendenzen zu kämpfen hatten. Nichtsdestotrotz verbesserten sich die Wachstumsperspektiven für die Eurozone aufgrund der Liquiditätsmaßnahmen der EZB im Quartalsverlauf. Die Bereitschaft der Geschäftsbanken, wieder Kredite zu vergeben, ist nach der Aufnahme von einer Billion EUR bei den beiden 3-Jahres-Tendern im Dezember und im Februar zuletzt wieder gewachsen – dies ergab eine Sonderumfrage der EZB. Damit sind die Chancen für eine Konjunkturerholung im Jahresverlauf gestiegen; ab dem zweiten Quartal erscheint sogar ein Wirtschaftswachstum bis zu 0,2 Prozent möglich.

Zwar sorgten die Liquiditätsmaßnahmen der EZB auch für eine Beruhigung bei der europäischen Staatsschuldenkrise, gegen Quartalsende kamen jedoch spanische Anleihen verstärkt unter Druck. Spanien kämpft unter anderem auch aufgrund der schwierigen konjunkturellen Lage damit, die Sparziele zu erreichen. Grundsätzlich konnte Spanien in den vergangenen Jahren aufgrund umfassender Strukturreformen große Fortschritte bei der Wettbewerbsfähigkeit erzielen. So verzeichneten spanische Exporte in den vergangenen vier Jahren einen Anstieg von insgesamt etwa 12 Prozent. Im Vergleich dazu lag das Exportwachstum in Deutschland über diesen Zeitraum bei etwa 7 Prozent.

Neben dem Wirtschaftswachstum hat jedoch die Zinslast einen maßgeblichen Einfluss auf die Schuldendynamik eines Staates. Vor diesem Hintergrund besteht immer das Risiko einer selbsterfüllenden Prophezeiung am Rentenmarkt. Sollte sich die Lage am spanischen Rentenmarkt im Verlauf des zweiten Quartals nicht beruhigen, könnte Spanien gezwungen sein, den europäischen Rettungsschirm in Anspruch zu nehmen. Spanien muss in diesem Jahr noch etwa 60 bis 70 Mrd. EUR an Anleihen platzieren.

Mittelfristig wird die Eurozone die Staatsschuldenkrise nur dann überwinden können, wenn das Wirtschaftswachstum wieder anspringt, die Inflation über einen längeren Zeitraum über dem Inflationsziel der EZB von 2 Prozent liegt und die Zinsen niedrig gehalten werden. Daher dürfte die Geldpolitik der EZB lange Zeit sehr expansiv ausgerichtet bleiben. Wir können uns sogar einen unveränderten Leitzins von 1,0 Prozent bis Ende 2013 vorstellen. Für die deutsche Wirtschaft würde das Zinsniveau über einen längeren Zeitraum viel zu niedrig bleiben und zunehmend zu Überhitzungstendenzen in der Binnenwirtschaft führen. So scheint sich vor dem Hintergrund der niedrigen Arbeitslosigkeit eine zunehmende Lohndynamik in Deutschland zu entwickeln.