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in FinanzberatungLesedauer: 7 Minuten

Mifid 2: Anlageberatung in Europa wird neu definiert

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Das Problem: Ohne andere, ergänzende Kontrollmaßnahmen und Anreize kann das Provisionsvergütungsmodell dafür sorgen, dass ein Berater dem Kunden eher ein Produkt empfiehlt, für das der Berater eine hohe Provision bekommt, als ein Produkt mit niedrigerer Provision, das für den gegebenen Kunden vielleicht geeigneter wäre.

Ergänzende Kontrollmechanismen und Anreize können beispielsweise darin bestehen, dass ein Teil der Beratervergütung von Kennzahlen für den nachhaltigen Kundennutzen abhängig gemacht wird, so zum Beispiel von der Kundenzufriedenheit oder der mittelfristigen Wertentwicklung des Portfolios.

Andere Vergütung – andere Interessenskonflikte

Ein der Provisionsvergütung vergleichbarer Interessenskonflikt besteht bei der unabhängigen Honorarberatung nicht – dafür aber andere: Bei einer Entlohnung auf Stundenbasis beispielsweise könnte ein Interesse des Beraters bestehen, sich mehr Zeit zu nehmen.

Bei einer Entlohnung auf Basis des Depotvolumens könnte ein Interesse des Beraters bestehen, relativ mehr Zeit für größere Depotvolumen aufzuwenden als für kleinere. Auf den Punkt gebracht schafft ein Honorarsystem Anreize, reichere Kunden länger zu beraten oder gar nur reiche Kunden zu beraten.

Verkürzt ausgedrückt: Während ein Provisionssystem dafür sorgen kann, dass der Beratene nicht die richtige Beratung erhält, kann ein Honorarsystem dafür sorgen, dass erst gar keine Beratung angeboten wird.

Ein Teil der Lösung: Leistungsgebundene Vergütung

In beiden Modellen gäbe es keinen Interessenskonflikt, wenn die Vergütung zu einem substanziellen Anteil leistungsgebunden wäre, das heißt der Berater einen Anteil am Gewinn der Anlage verteilt über die Haltedauer erhielte.

Da Berater gewisse Fixkosten haben, scheint eine 100-prozentig leistungsgebundene Vergütung aber nicht empfehlenswert. Eine allein leistungsgebundene Entlohnung könnte dazu führen, dass der Berater einen Anreiz hat, risikoreichere - und damit in der Regel renditeträchtigere - Anlagen zu empfehlen.

Dies unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Bewertung der konkreten Anwendung von Vergütungsmodellen nicht archetypische Modelle zu betrachten, sondern deren Einbettung  in die gesamten Anreiz-, Kontroll- und Vergütungssysteme eines Finanzdienstleisters zu bewerten.

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