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Mifid-Experte Markus Lange „Abgesang auf das Beratungsprotokoll war verfrüht“

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„Beratungsprotokoll hat sich bewährt“

Warum hat sich das deutsche Modell des Beratungsprotokolls aus Ihrer Sicht in der Vergangenheit bewährt?

Aus meiner Sicht muss man unterscheiden. In der Einschätzung der Aufsicht hat sich das Beratungsprotokoll als effektives Instrument zur Verbesserung von Beratungsdokumentation und -qualität bewährt. Jedenfalls was die Nachvollziehbarkeit der Vorgänge rund um das Beratungsgespräch anbelangt, ist diese Sichtweise verständlich. Wenn man Banken und Berater fragt, stellt sich das Meinungsbild etwas anders dar. Der bürokratische Aufwand wird bemängelt, Verzichtsmöglichkeiten und andere Erleichterungen werden gefordert. Zugleich kann sich das Beratungsprotokoll im Umgang mit Kundenbeanstandungen als hilfreich erweisen, denn die Dokumentation lässt sich dem Vorbringen des Kunden unmittelbar entgegenhalten. Aus Sicht des Kunden ist damit nicht nur die vom Gesetzgeber beabsichtigte verbesserte Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus Falschberatung kaum erreicht worden. Es erscheint meines Ermessens generell fraglich, ob ein regulatorisches Instrument, das vergleichsweise spät im Rahmen des Produkt- und Vertriebszyklus ansetzt, ohne weitere flankierende Maßnahmen geeignet ist, etwaige vorangegangene Fehlentwicklungen zu korrigieren und die Beratungsqualität spürbar zu verbessern. Ich würde insoweit eher auf die neuen Regeln zur Product Governance setzen.

In welchen Punkten bringt die Geeignetheitsprüfung Verbesserungen beziehungsweise Verschlechterungen für den Finanzberater mit sich?

Es bleibt abzuwarten, ob sich der deutsche Gesetzgeber ein eher enges Verständnis der Geeignetheitserklärung zu eigen macht, oder ob er einen weitergehenden Eignungsbericht oder Ähnliches vorschreiben wird. Da Letzteres in einer unmittelbar anwendbaren Delegierten Verordnung vorgesehen ist, scheint daran kaum ein Weg vorbeizugehen. Die Geeignetheitserklärung verstehe ich als eine gegenüber dem Beratungsprotokoll in der Breite verringerte Anforderung, wobei in dem betreffenden Punkt eine größere Tiefe im Vergleich zur aktuell in Deutschland geltenden Rechtslage gemeint sein dürfte. Alles in allem wage ich aber daran zu zweifeln, ob sowohl die Aufsicht als auch die Protokollpflichtigen letztlich allzu glücklich wären, wenn künftig anstelle des Beratungsprotokolls eine deutlich verschlankte Geeignetheitserklärung obligatorisch wäre.

Inwiefern besteht für Berater Grund zur Sorge, dass sie mit einem hohen technischen Aufwand und Kosten für Tonbandaufzeichnungen belastet werden?

Die zusätzlichen neuen Anforderungen an die Aufzeichnung von Telefongesprächen und elektronischer Kommunikation können teilweise zu einem Doppelaufwand führen. Man wird aufgrund der Vorgaben in Artikel 16 Absatz 7 Mifid II davon auszugehen haben, dass nicht nur die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen aufzuzeichnen sind, sondern etwa auch vorbereitende Anlageberatungsgespräche. Eine Erleichterung mit Blick auf Geeignetheitserklärung beziehungsweise Eignungsbericht ist nicht vorgesehen, weil die Normen unterschiedliche Zielrichtungen haben – einerseits Aufzeichnung primär für die Aufsicht, andererseits Dokumentation primär für den Kunden. Der Mehraufwand hängt vor allem davon ab, welchen Stellenwert im Rahmen des künftigen Geschäftsmodells telefonische Beratungsgespräche haben.

Welche Relevanz haben diese neuen Mifid-II-Herausforderungen für Finanzanlagenvermittler?


Die vorstehend diskutierten Anforderungen gelten für alle Wertpapierfirmen, das heißt für beratende Banken und alle anderen Finanzdienstleister, die von der BaFin beaufsichtigt werden. Für Finanzanlagenvermittler, die bislang im Rahmen der Gewerbeordnung beziehungsweise Finanzanlagenvermittlungsverordnung tätig sind, gelten diese Regeln voraussichtlich nur entsprechend – vorausgesetzt, dass die Ausnahmeregelung für Finanzanlagenvermittler beibehalten wird und diese auch künftig nicht der Aufsicht der BaFin unterliegen. Mifid II enthält einen Mindestkatalog von Vorschriften, die auch für Finanzanlagenvermittler relevant sein sollen. Dieser enthält sowohl die Regelung zur Geeignetheitserklärung als auch diejenige zur Aufzeichnung von Telefonaten und elektronischer Kommunikation.

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