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Milliarden-Manager Guy Stern: „Wir müssen viele gute Ideen verwerfen“

Guy Stern präsentierte auf dem Fondskongress in Mannheim Ende Januar seinen Fonds (Foto: DAS INVESTMENT.com)
Guy Stern präsentierte auf dem Fondskongress in Mannheim Ende Januar seinen Fonds (Foto: DAS INVESTMENT.com)
DAS INVESTMENT.com: Ihr Portfolio erscheint mitunter wie ein willkürliches Sammelsurium. Wir vermissen eine Linie.

Guy Stern: Dass wir viele Anlagestrategien gleichzeitig verfolgen, heißt nicht, dass uns eine klare Linie fehlt. Ganz im Gegenteil: Durch einzelne Analysen und Berechnungen entsteht zunächst ein kleines Universum aus normalerweise zwischen 45 und 60 verschiedenen Anlageideen, die allesamt Geld bringen sollen. Die müssen wir zu einem Portfolio zusammenstellen, sodass die Renditen unverändert bleiben, die Risiken aber minimiert werden. Die wichtigste Frage lautet dann: Was ist hoch korreliert, negativ korreliert oder nicht korreliert? Das Ganze soll ein Gebäude werden, das sehr stabil ist und trotzdem die benötigte Rendite schafft.

DAS INVESTMENT.com: Das klingt nach einer Menge Rechenarbeit.

Stern: Nicht nur. Sicherlich haben wir eine ganze Abteilung, die sich nur mit Risiken beschäftigt. Sie gibt uns zu jeder einzelnen Strategie die Risikokennzahlen, den Risikobeitrag zum Gesamtportfolio und die Risikozahl des Gesamtportfolios selbst. Wir lassen uns das Portfolio aber nicht von einem Rechner zusammenstellen. Wir entwickeln es selbst und lassen den Rechner prüfen, ob es sinnvoll ist.

DAS INVESTMENT.com: Wie viele Ideen schaffen es ins Portfolio?

Stern: Normalerweise 25 bis 30.

DAS INVESTMENT.com: Risikokennzahlen ändern sich ständig …

Stern: In der Tat. Es gibt kaum etwas instabileres am Markt als Volatilität und Korrelation.

DAS INVESTMENT.com: Gibt es eine Sicherung, die Unfälle vermeidet, wenn sich plötzlich was ändert?

Stern: Nein. Aber wir messen die Portfolioanteile nicht am Nominalwert, sondern am Risikobeitrag. Da haben wir klare Grenzen. Wenn wir diese Grenzen berechnen, unterstellen wir immer, dass alles miteinander komplett korreliert, also in dieselbe Richtung läuft. Damit wissen wir, wie riskant unser Portfolio in diesem Extremfall ist.

DAS INVESTMENT.com: Eine Art Was-Wäre-Wenn-Spielchen.

Stern: Genau, und zwar täglich.

DAS INVESTMENT.com: Und wenn alles tatsächlich mal aus dem Ruder läuft und im Gleichschritt abwärts marschiert, wie 2008? Haben Sie eine Reißleine?

Stern: Nein, so funktioniert es nicht. Wir haben keinen Mechanismus, der das eine macht, wenn das andere passiert. Stattdessen ist das Portfolio so aufgebaut, dass sich die Anlagen gegenseitig abfedern.

DAS INVESTMENT.com: Ihr Universum ist global und damit ziemlich groß. Gibt es Anlageklassen, die Sie nie anfassen würden?

Stern: Grundsätzlich nicht. Es gilt aber unser Grundsatz, dass wir immer nur bei den hochliquiden und täglich bepreisten Strategien bleiben, die Makro-Charakter haben. Da müssen Milliardensummen täglich handelbar sein. Schon aus dem Grund müssen wir leider viele gute Ideen verwerfen, weil sie das nicht erfüllen.

DAS INVESTMENT.com: Haben Sie ein Beispiel?

Stern: Anfang 2009 waren Wandelanleihen fantastisch billig. Die in ihnen enthaltenen Kaufoptionen für Aktien waren so gut wie nichts wert. Damit waren sie praktisch Unternehmensanleihen mit kostenloser Aktienbeteiligung. Aber um ein vernünftig gemischtes Portfolio aus Wandelanleihen zusammenzustellen, ist dieser Markt einfach zu klein. Das war Schade. Denn Wandelanleihen haben sich seitdem extrem gut entwickelt.

DAS INVESTMENT.com: Haben Sie wenigstens bei Hochzinsanleihen zugegriffen? Die hatten danach auch Wahnsinnszuwächse.

Stern: Ja, da gibt es viel mehr Emittenten mit über einer Milliarde Euro Volumen, und zusätzlich gibt es auch noch Derivate. Wir hatten also genug Möglichkeiten, um in diesem Markt zu operieren.
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