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„Mit den offenen Immobilienfonds ist es wie mit den Ost-Immobilien“

Ottmar Wolf
Ottmar Wolf
DAS INVESTMENT.com: Burlington Loan Management hat Anlegern des aufgelösten offenen Immobilienfonds SEB Immoinvest vor kurzem ein Kaufangebot gemacht. Wer sich bis zum 27. Februar zum Verkauf seiner Anteile entschließt, bekäme von Burlington 26 Euro pro Anteilschein. Das entspricht in etwa dem derzeitigen Börsenpreis. Würden Sie Privatanlegern raten, das Angebot anzunehmen?

Ottmar Wolf: Nein. Falls sie nicht ganz dringend das Geld brauchen, sollten sie die Fondsanteile lieber behalten.

DAS INVESTMENT.com: Und falls sie gerade einen Liquiditätsengpass haben?

Wolf: Wer aussteigen will, sollte es besser über die Börse tun. Dann muss er nicht an einem Tender-Verfahren teilnehmen, sondern bekommt das Geld unkompliziert in zwei Tagen auf seinem Konto gutgeschrieben.

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Außerdem könnten Anleger von Burlington im Endeffekt noch weniger Geld bekommen. Schließlich behält sich der Käufer vor, den Preis von 26 Euro pro Anteil zu senken, sollte der Börsenkurs Ende Februar bei 23,40 Euro oder weniger liegen.

Wolf: Das finde ich fair. Burlington bietet Anlegern eine kleine Prämie im Vergleich zum Börsenkurs an. Das Unternehmen muss sich aber gegen einen massiven Preisverfall der SEB-Immoinvest-Anteile absichern. Derzeit erscheint mir dieses Szenario zwar äußerst unwahrscheinlich. Sollte es aber zu irgendwelchen außergewöhnlichen Vorfällen bei SEB Immoinvest kommen, die zu einem regelrechten Kurssturz führen würden, kann man Burlington nicht zumuten, überhöhte Preise zu zahlen.

DAS INVESTMENT.com: Trotzdem stehen Sie dem Kaufangebot skeptisch gegenüber.

Wolf: Mich macht diese Art von Übernahmen durch einen Großinvestor grundsätzlich stutzig. Denn die Depotbanken sind verpflichtet, solche Angebote an ihre Kunden weiterzuleiten – ganz egal, wie fair sie sind. So soll es schon vorgekommen sein, dass ein Käufer Preise unter dem Börsenwert anbot - und einige Anleger trotzdem verkauften.

DAS INVESTMENT.com: Wie ist das möglich?

Wolf: Es gibt immer ein paar Privatanleger, die das Angebot nicht so genau verstehen. Einige von ihnen gehen davon aus, dass sie verpflichtet sind, das Angebot anzunehmen. Andere befürchten, ihre Anteile werden nach dem Einstieg eines Großinvestors weniger wert sein. Ich schätze, der Anteil solcher Anleger liegt ungefähr bei 1 Prozent.

DAS INVESTMENT.com: Bei Burlington liegt aber kein unfaires Angebot vor, immerhin zahlt das Unternehmen etwas mehr als der Börsenpreis. Aus reiner Nächstenliebe wird das ein Finanzunternehmen nicht tun. Was steckt also hinter diesem Angebot?

Wolf: Die Erwartung, nach der endgültigen Abwicklung von SEB Immoinvest mehr zu bekommen, als 26 Euro pro Anteil. Schließlich hat das Fondsmanagement bis April 2017 vier Jahre Zeit, die Immobilien zu verkaufen. SEB steht also nicht unter Druck, den Fonds schnell abzuwickeln und daher auch niedrigere Preise akzeptieren zu müssen. Außerdem beträgt der Vermietungsstand knapp 89 Prozent, so dass der Fonds laufende Einnahmen erzielt. Und der Net Asset Value (NAV) der Fondsanteile liegt mit 39,79 Euro deutlich über dem Börsenpreis.

DAS INVESTMENT.com: Sie glauben doch nicht etwa, dass ein Anteil des SEB Immoinvest tatsächlich knapp 40 Euro wert ist?

Wolf: Nein. Der wahre Preis liegt wohl irgendwo zwischen dem Börsenkurs und dem NAV. Aber ich würde den Fonds nicht so schlecht reden, wie es manche Menschen tun. Wir haben sogar einige Kunden, denen wir aufgelöste offene Immobilienfonds als Beimischung empfohlen haben. SEB Immoinvest war eines der empfohlenen Produkte – neben Axa Immoselect, CS Euroreal und Degi International. Schließlich sollte eine solche Position im Portfolio breit gestreut sein.

DAS INVESTMENT.com: Sie glauben also noch an die Anlageklasse offene Immobilienfonds?

Wolf: Mit den offenen Immobilienfonds ist es wie mit den Ost-Immobilien, die in den 90er Jahren gutgläubigen Kleinanlegern massive Verluste bescherten. Als wir unseren Kunden vor rund 10 Jahren Ostimmobilien als Investition empfohlen haben, wurden manche sehr misstrauisch. Zu Unrecht. Es gab damals wirklich hochwertige, gut gelegene Immobilien in den Neuen Bundesländern zu sehr günstigen Preisen. Der Preis für solche Objekte hatte sich im Schnitt gegenüber den 90er Jahren halbiert. Die Qualität ist aber gleich geblieben.

DAS INVESTMENT.com: Und was hat das mit den offenen Immobilienfonds zu tun?

Wolf: Auch bei SEB Immoinvest, Axa Immoselect, CS Euroreal und Degi International ist die Angst vor einem Totalverlust mittlerweile unbegründet. Denn die Qualität dieser Produkte ist gar nicht so schlecht, wie viele Anleger in ihrer Panik denken. Die Fremdkapitalquote dieser Fonds ist in den vergangenen Jahren gesunken: Der Verschuldungsgrad liegt mittlerweile im Schnitt bei nur noch ca. 10 Prozent. Daher sehen wir hier ein interessantes Chance-Risiko-Verhältnis für die Anleger

DAS INVESTMENT.com: Zurück zum Angebot von Burlington Loan Management. Gibt es keine Anlegergruppe, der sie einen Verkauf an Burlington empfehlen würden?

Wolf: Doch: Institutionelle Investoren, Family Offices oder sehr vermögende Privatpersonen, die Anteile in Millionenhöhe halten und sie nun liquidieren wollen oder müssen. Für sie würde es sich nicht lohnen, über die Börse zu gehen. Schließlich würde eine Order in dem Ausmaß die Kurse massiv drücken. Auch Burlington wird sich aus demselben Grund für den Direktkauf entschieden haben: Mit einem Kaufangebot von knapp 3 Millionen Anteilen müssten sie am Schluss wesentlich mehr als 26 Euro pro Anteil zahlen.

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