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Mittel- und Osteuropa: Wie steht es mit dem großen Wandel?

Pierre Ciret, Edmond de Rothschild Asset Management
Pierre Ciret, Edmond de Rothschild Asset Management
Nach dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs haben die Länder in Mittel- und Osteuropa einen ökonomischen Wandel vollzogen, der den Weg für anhaltenden wirtschaftlichen Aufstieg und mehr Wachstum geebnet hat. Von der ehemals dominierenden Ostblock-Macht Russland bis zu Ungarn, Estland, Polen und der florierenden Türkei, steht die Region für sehr gegensätzliche Volkswirtschaften mit verschiedenen Reifegraden und damit komplementäre Wachstumschancen. Mit intelligenten Investments in Mittel- und Osteuropa können chancenorientierte Anleger ihr Portfolio um die Dynamik einer strategisch zunehmend wichtigen Region erweitern, sie profitieren zusätzlich von den Wachstumsthemen der Zukunft: Konsum, Infrastruktur und Rohstoffe.

Russland wird seinem Potenzial noch nicht gerecht

Die wirtschaftliche Entwicklung Ost- und Mitteleuropas wird besonders stark durch die größte Volkswirtschaft der Region, Russland, bestimmt. Dank des robusten Wirtschaftswachstums, das Russland in den letzten zehn Jahren verzeichnet hat, ist der private Verbrauch zu einer treibenden Wirtschaftskraft geworden – vor allem im Dienstleistungssektor. Das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) macht fast 1.500 Milliarden Dollar aus und rangiert damit zwischen Italien und Spanien. Im vierten Quartal 2011 wuchs das BIP in Russland real um 4,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Pro-Kopf-Einkommen ist auf mittlerweile rund 10.000 Dollar pro Jahr angestiegen.

Russlands ökonomische Stärke beruht auf seinem Ressourcenreichtum, vor allem bei Erdgas, Erdöl und Kohle. Nach einer kurzen Schwächephase wurde die Ölförderung des Landes zuletzt deutlich nach oben gefahren. Eine Schlüsselrolle für das künftige Wachstum Russlands nimmt aber Erdgas ein. Das Land verfügt über 26 Prozent der weltweit nachgewiesenen Reserven für Erdgas. Durch die Errichtung neuer Pipelines zur Versorgung Westeuropas wird diese Marktposition weiter gestärkt.

Aber auch bei der Produktion von Nickel, Kobalt, Platin, Gold, Kupfer und Aluminium hat sich das Land eine starke ökonomische Basis erarbeitet. Als aufstrebende Wirtschaftsmacht haben die Entscheidungsträger inzwischen auch die Bedeutung von Infrastrukturinvestitionen erkannt. Es sind große Anstrengungen erforderlich, um die Verkehrsnetze zu modernisieren.

Trotz aller Fortschritte hat das Land mit vielen Problemen zu kämpfen. Ausländische Investoren beklagen das Fehlen rechtsstaatlicher Strukturen. Auch die geringe Produktivität im verarbeitenden Gewerbe macht der russischen Wirtschaftspolitik zu schaffen. Ein Paradebeispiel für diese Ineffizienz ist die russische Automobilbranche. Trotz vielfältiger Kooperationen mit ausländischen Partnern steht sie noch immer für anhaltend schlechte Qualität.

Um zu den großen Wachstumsmärkten der Zukunft aufschließen zu können, fehlt Russland eine diversifizierte Wirtschaft. Das Geschäftsmodell ist einseitig auf Rohstoffe konzentriert, damit ist die russische Wirtschaft de facto eine Rentenökonomie geblieben. Viele Bereiche stehen nach wie vor unter staatlicher Kontrolle, noch immer fehlt dem Land die oft angekündigte wirtschaftliche Liberalisierung.
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