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„Mittlerweile wirft niemand Schwellenländer-Investoren Esoterik vor“

Stefan Lecher
Stefan Lecher
Ein Investment in Schwellenländer funktioniert nicht mehr nur über Aktien oder Anleihen, sondern sollte über alle Anlageklassen hinweg reichen. Davon ist Stefan Lecher, als globaler Strategie-Chef bei UBS Global Asset Management weltweit zuständig für Mischfonds, überzeugt. Damit lassen sich die Wachstumsperspektiven der Schwellenländer nutzen, die höheren Risiken aber verringern.

Frage: In Schwellenländer zu investieren ist nicht neu. Sie erweitern jetzt das Spektrum um eine Multi Asset-Strategie. Warum gerade jetzt?

Stefan Lecher: Zum einen treten immer öfter Großkunden an uns heran und möchten in Schwellenmärkte investieren. Doch während sie sich in ihren heimischen Märkten gut auskennen, bleiben ihnen Aktien in Ländern wie China und Indien fremd. Ein intensives Research können sie kaum leisten. Also nehmen wir ihnen die Arbeit ab. Zum Anderen: Die Emerging Markets werden erwachsener. Wir bauen ein Portfolio, das idealtypisch 50 Prozent Aktien, 40 Prozent Anleihen und 10 Prozent Rohstoffe nutzt, sind aber variabel. Diese Diversifizierung haben wir bisher kaum am Markt gefunden. Es gibt zwar viele reine Anleihen und Aktien-Fonds in Emerging Markets. Diese sind unserer Meinung aber zu einseitig und belasten ein Portfolio unnötig. Multi Asset ist auch hier eine entscheidende Strategie, um Chancen nutzen und Risiken verringern zu können.

Frage: Wie würden Sie aktuell ein solches Portfolio aufstellen?

Lecher: Momentan kommen schlechte Nachrichten aus Europa, was auch starke Auswirkungen auf Schwellenländer hat. Zudem lässt das Wirtschaftswachstum in China und Indien, den zwei wichtigsten Märkten der Schwellenländer, ein wenig nach. Daher sind wir aktuell in Aktien auf unter 30 Prozent untergewichtet und halten 40 Prozent in Anleihen, 20 Prozent in Cash und 10 Prozent in Rohstoffen. Insgesamt fokussieren wir den asiatischen Raum und halten 18,5 Prozent der Aktien dort. In Osteuropa investieren wir aktuell nur 4,5 Prozent und in Lateinamerika knapp 7 Prozent. Bei den Anleihen und Rohstoffen bleibt die Gewichtung im Moment neutral. Falls die Unsicherheiten an den globalen Märkten noch zunehmen, überlegen wir uns, auf lange Sicht den Goldanteil zu erhöhen.

Frage:
Das klingt nach einer Absicherung. Wie hoch ist das Risiko in Schwellenländern?

Lecher: Mittlerweile sind wir zum Glück soweit, dass einem niemand Esoterik vorwirft, wenn man in Schwellenmärkte investieren will. Dennoch bleibt das Gesamtrisiko des Fonds mit etwa 12 bis 14 Prozent höher als ein ähnlicher Fonds, der in den Industriestaaten investiert, wo üblicherweise ein Wert von etwa acht bis zehn Prozent erwartet werden kann. Unsere Analysen haben gezeigt, dass eine Portfolioergänzung von Emerging Markets zwar das Risiko leicht, aber auch die Rendite steigen lässt. Dafür sprechen Faktoren wie Demografie oder Wirtschaftswachstum der letzten zehn Jahre. Sie sorgen für ein steigendes Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Staaten wie Taiwan, Brasilien, China und Indien. Außerdem beobachten wir insgesamt eine strukturelle Verbesserung der Politik – es wird ruhiger und stabiler. Auch die Finanzmärkte passen sich immer mehr den westlichen Vorgaben an.