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Aktualisiert am 14.01.2009 - 15:56 UhrLesedauer: 5 Minuten

Mut zu mehr Langeweile

Mut zu mehr Langeweile
Wenn die Verunsicherung nachgelassen hat, werden all jene Investments weitgehend verschwinden, die der Anleger nicht versteht“, glaubt Manfred Brenneisen. Für den Vorstandsvorsitzenden des Spezialvertriebs Brenneisen Capital sind geschlossene Fonds als Investment zum Anfassen die Nutznießer der Finanzmarktkrise schlechthin. Mit dieser Einschätzung steht er nicht allein da. „Ich erwarte ein Platzierungsplus bei geschlossenen Fonds von 50 Prozent in den kommenden fünf Jahren“, prognostiziert Jan Bäumler, Vorstand der Bit Treuhand, ebenfalls eine Plattform für Finanzdienstleister. Das heißt jedoch nicht, dass alle Anlagesegmente nach oben gehen. Lange war der Immobilienfonds, insbesondere mit Fokus Deutschland, bei Anlegern außerordentlich beliebt, nicht zuletzt, weil die Produkte bis Ende der 90er Jahre ein probates Steuersparinstrument waren.2007 sank das Platzierungsvolumen deutscher Immobilienfonds um 40 Prozent, der Marktanteil rutschte auf 10 Prozent. 1998 lag er noch bei knapp 40 Prozent. Ist die Finanzkrise die Chance für ein Comeback der Fonds? Kurzfristig könnten Inlandsimmobilienfonds etwas stärker nachgefragt werden, solange die Angst vor anderen Asset- Klassen überwiegt, urteilt Bäumler. „Auf Dauer verkauft sich Angst aber schlecht.“ Christian Huber, Geschäftsführer des Spezialvertriebs Efonds 24, erwartet längerfristig eine sehr geringe Nachfrage: „Wenn die ersten Auswirkungen der Krise verdaut sind, wird die Risikofreude der Anleger wieder zunehmen. Das haben wir auch nach dem Platzen der Blase 2000 erlebt. Dann steigt die Versuchung wieder, mit neuen Produkten in risikoreicheren Assets höhere Renditen zu erzielen.“ Der geschlossene Fonds als Sachwertanlage mag also von der Verunsicherung der Anleger profitieren, nicht aber der Deutschlandfonds. Zu unattraktiv, so die einhellige Meinung Hubers, Brenneisens und Bäumlers. Bei Renditen von zum Teil unter 5 Prozent stimme das Rendite-Risiko-Verhältnis einfach nicht. Für 2008 liegt die durchschnittliche prognostizierte Rendite deutscher Immobilienfonds Scope zufolge bei 5,42 Prozent nach Steuern, für 2007 weist das Berliner Analysehaus 5,66 Prozent aus. Ohne Steuervorteile rechnen sich Deutschland-Fonds kaum noch Mehr kann kein Inlandsfonds bieten, wenn er nicht tief in die Trickkiste greift. Eine zu geringe Eigenkapitalquote, gepaart mit einer Fremdfinanzierung in Schweizer Franken, eine zu hohe kalkulierte Inflationsquote über die gesamte Laufzeit und ein Verzicht auf Tilgung gehören zu den Stellschrauben, die Währungsrisiken und eine möglicherweise geschönte Einnahmensituation zur Folge haben. Brenneisen hält die Gleichsetzung Immobilie und Sicherheit zudem für gefährlich. „Immobilienfonds sind keineswegs ein risikoarmes Investment. Das fängt bei nicht ausrei-chend kalkulierten Revitalisierungskosten an und hört bei der Spekulationssteuer lange nicht auf, die eine Veräußerung in den ersten zehn Jahren verhindert.“ Karl-Georg Loritz, Steuerrechts-Professor an der Universität Bayreuth, hält den typischen geschlossenen Deutschland- Fonds mit einer vermieteten Immobilie in guter Lage ohnehin für passé. Ohne Steuervorteile könne sich so ein Fonds kaum rechnen, wenn der Vertrieb daran auch noch etwas verdienen will. 5 Prozent sind nicht genug Nichtsdestotrotz sind derzeit auffallend viele Inlandsfonds in der Platzierung (siehe Fondstabelle Seite 80). Davon sind mehrere schon seit rund einem Jahr zu haben, etwa der Fonds Real Estate 2 des Fondshauses Hamburg (FHH) sowie der Lloyd Fonds Hamburg/Sylt und der Sylt- Fonds von SCM/Paribus. Bäumler verwundern die zum Teil langen Platzierungszeiten nicht: „Die Emissionshäuser entwickeln am Bedarf und der Nachfrage vorbei.“ Weitere Fonds sind gleichwohl bei FHH, HGA, Hannover Leasing und Wölbern in Planung. Ein großes Manko der Fonds aus Vertriebssicht: Sie gelten als sehr, sehr langweilig. „Der Vertrieb hat keine neue Story, die er dem Anleger präsentieren kann“, so Bäumler. Aus diesem Grund setzen verschiedene Emissionshäuser verstärkt auf Betreiberimmobilien wie Hotels und Pflegeheime. HGA Capital und SCM/Paribus bieten je einen Hotelfonds an, Lloyd Fonds sogar drei. Neben dem Hamburger Emissionshaus Immac, das schon seit Jahren auf Pflege-Immobilien spezialisiert ist, haben jetzt auch Gebau, Wölbern und HGA Pflegeheime im Programm. Ihre Geschichte ist die Alterung der Gesellschaft und vielleicht sogar die Sorge der in der Regel älteren Klientel, selbst eines Tages keinen adäquaten Pflegeplatz zu finden. Hotelfonds hingegen spielen mit der Lust der Anleger am Reisen und dem Flair der Standorte. Hotel statt Büro? Ist sie das, die neue Story, die deutsche Immobilienfonds wieder attraktiv macht? Lars Tegtmeier, Geschäftsführer des Analysehauses TKL-Fonds: „Ich frage mich, ob das Betreiberrisiko dieser Fonds angemessen vergütet wird.“ Pflege- und Hotelfonds sind meist von einem Pächter in einem sehr speziellen Markt abhängig und können ihr Risiko nicht streuen. Die Erträge liegen aber zum Teil unter den Prognosen der Büroimmobilienfonds. Die Emissionshäuser verweisen hingegen auf die Einzigartigkeit ihres jeweiligen Produkts. Hanno Weiß, Leiter der Immobilienabteilung bei Lloyd Fonds: „Letztendlich geht es bei Hotelfonds wie auch bei Büroimmobilien immer um das stimmige Konzept, die Lage, die Einkaufspreise, die Mietlaufzeiten und das Marktumfeld.“ Geteilte Meinung zu Hotelfonds Der SCM Sylt von Paribus, der das Lindner Hotel Windrose auf der Nordseeinsel Sylt finanziert, und der Lloyd Fonds Motel One, der zwei Zwei-Sterne-Hotels der Kette Motel One in Berlin und Nürnberg enthält, sind die beiden einzigen Deutschlandfonds, die die Brenneisen- Plattform derzeit im Angebot hat. Bäumler von Bit vertreibt zwar alle Fonds, hält das Risiko bei den Betreiberfonds aber für nicht ausreichend vergütet. „Dann greift der Vermittler doch besser zu der solide gerechneten Büroimmobilie“, rät Bäumler, der insbesondere dem Fondshaus- Hamburg-Fonds Real Estate 2 zugeneigt ist. „Wem 5 Prozent reichen, ist damit gut bedient.“ Huber hingegen lobt die extrem sicher gestrickte Konstruktion des Substanzwerte Deutschland 4. Über den Fonds von Hannover Leasing investieren Anleger in drei solide Gewerbeimmobilien in Hamburg, Bad Homburg und Leipzig. Auch wenn sich die großen Spezialvertriebe nicht mehr wirklich für Inlandsimmobilienfonds erwärmen können, es gibt dennoch Fürsprecher: Reinhard Schutte etwa, Vorstandsvorsitzender des Essener Finanzvertriebs Finum, hält inflationsgeschützte Anlagen mit hochwertigen, langfristig vermieteten Immobilien für einen Trend des Jahres 2009. Viele Kunden würden sich von den hohen Renditen verabschieden und lieber etwas Inflationsgeschütztes mit 5 oder 6 Prozent Rendite zeichnen. Wobei er einräumt, dass Immobilienfonds nicht zwingend Inlandsfonds sein müssen. Selbst langfristig orientierte Anleger dürften im Augenblick für deutsche Immobilien schwer zu begeistern sein. Doch seit Neuestem sekundiert den altbekannten Anlagevorteilen das lang verschollene Steuerargument. Hans Volkert Volckens, ab 2009 neuer Immoblien-Chef der Hannover Leasing: „De facto liegt die Steuerbelastung des Veräußerungsgewinns für Immobilienfondsanleger in Deutschland nach Ende der Spekulationsfrist schon heute bei nur 15 Prozent der Gesamteinnahmen. Da die Abgeltungssteuer auf geschlossene Fonds nicht angewandt wird, bleibt es beim vollen Abzug von Abschreibung und Zinsen, und damit einer relativ geringen Besteuerung der Ausschüttungen.“

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