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Nach Draghis Bekanntmachung „Die EZB trocknet den Markt für Unternehmensanleihen aus“

Bernd Feldhaus
Bernd Feldhaus
Der EZB-Rat hat im Vorfeld der heutigen Entscheidung hohe Erwartung an den Finanzmärkten geweckt. Egal was heute wirklich entschieden wird: Die EZB wird die Märkte enttäuschen.

Es wurde bereits viel diskutiert, ob das Programm überhaupt wirken könne. Vergleicht man die in den USA im Jahr 2008 gestarteten Quantitative-Easing-Aktionen der dortigen Notenbank Fed mit denen in Euroland, zeigen sich deutliche Unterschiede in den Marktspezifika.

Weil sich Unternehmen dort überwiegend über den Kapitalmarkt finanzieren, konnte das Quantitative Easing der Fed unmittelbar wirken. Europäische Unternehmen hingegen nehmen für die Finanzierung immer noch überwiegend den Bankkredit in Anspruch. Diese sind aber vielfach, aus Gründen der Risikoauslastung, nicht bereit, die günstigen Kreditzinsen weiter zu geben.

Vor allem aber krankt es in der Eurozone an einer Reformunwilligkeit einzelner Länder. Es steht zu befürchten, dass ein Staatsanleihekaufprogramm die Reformmüdigkeit eher noch verstärken wird und sich die fundamentale Situation vieler Länder der Eurozone nicht verbessern wird. Grundsätzlich wird die Volatilität an den europäischen Anleihemärkten eher zunehmen.

Markt für Unternehmensanleihen vor dem Austrocknen?

Noch unmittelbarer sind die Auswirkungen auf die Rentenmärkte. Das Segment der Unternehmensanleihen ist seit Längerem geprägt von einem Anlage-notstand. Der äußert sich zum Beispiel darin, dass häufig Neuemissionen mehrfach überzeichnet werden. Der leidgeplagte Investor erhält zumeist deutlich weniger von einer Neuemission zugeteilt als er geordert hat. Deshalb muss er in der Regel auf dem Sekundärmarkt nachkaufen.

Da es der EZB verboten ist, die Wirtschaft und Staaten direkt über die Notenpresse zu finanzieren, wird sie über den Umweg des Sekundärmarkes als Kaufinteressent mit großvolumigen Kauforders auftreten und die Kurse dort weiter in die Höhe treiben. Wird die EZB also in großem Stil auch Unternehmensanleihen aufkaufen, so ist die Gefahr des Austrocknens dieses Anleihesegmentes unseres Erachtens sehr hoch.

Auch wenn am Staatsanleihemarkt um ein Vielfaches höhere Volumina gehandelt werden als an den Märkten für europäische Unternehmensanleihen, dürfte ein direkter Markteinfluss seitens der EZB auch hier längerfristig die Entstehung von schwer quantifizierbaren Spekulationsblasen fördern – oder bereits erzeugt haben.

Es ist damit zu rechnen, dass die Renditeniveaus bei Staatsanleihen durch die EZB Kaufaktion stark verzerrt werden. So dürften europäische Finanzinstitute gerade vor dem Hintergrund der verschärften Bankenregulierung nicht wirklich daran interessiert sein, als vermeintlich sicher eingestufte Staatsanleihen aus ihren Liquiditätsportfolios in großen Volumina abzugeben.

Wir erwarten, dass Volumen wie sie im Rahmen von Neuemissionen der Eurozonen¬mitgliedstaaten in 2015 emittiert werden, durch die EZB vollständig aufgekauft werden. Bei Bundesanleihen käme noch der Aspekt hinzu, dass Schäuble für 2015 einen ausgeglichenen Haushalt anstrebt, der de facto ohne Neuverschuldung auskommt.

Gewinnmitnahmen unmittelbar nach QE

Welche Länderanleihen von den durch das EZB Kaufprogramm künstlich erzeugten Renditerückgängen betroffen sein könnten, hängt dabei vor allem von der Unbekannten ab, nach welchem Verteilungsschlüssel die EZB beim Anleihekauf vorgehen wird.

Für die Entwicklung der Staatsanleihen in der Eurozone gehen wir davon aus, dass sich die Renditeniveaus der Peripheriestaaten an die der deutschen Bundesanleihe zunächst annähern werden. Wir glauben jedoch nicht, dass mit dem Start des QE kurzfristig Renditekürzungen bei sämtlichen Staatsanleihen erzeugt werden, sondern dass Marktteilnehmer sich erstmal gemäß dem Motto „Buy the rumour, sell the fact“ verhalten und Gewinne aus den Staatanleihemärkten mitnehmen werden.

So ließ sich in der Vergangenheit regelmäßig beobachten, dass Renditen von Staatsanleihen in den ersten Monaten nach dem Start der Quantitative-Easing-Programme der USA und Japans um durchschnittlich 50 Basispunkte anstiegen.

Der Preis, den die Kapitalmärkte für das europäische QE bezahlen werden, ist vergleichsweise hoch. So leidet seit geraumer Zeit die Ertragssituation des Rentenhandels diverser Banken unter der Folge des allmählichen Austrocknens des Rentenmarktsegmentes.

Faktisch werden Markt¬mechanismen wie die Bewertung von Risiken ausgeschaltet – mit der Folge, dass falsche Anreize an Politik und Investoren gegeben werden.

Private und institutionelle Anleger werden aus dem Markt für Staatsanleihen heraus in riskantere Asset-Klassen gedrängt. Wenn es dann zu einem Platzen der nach unserer Einschätzung bereits jetzt entstandenen Blasen an den Rentenmärkten kommt, könnten die Preiskorrekturen gerade in ausgetrockneten Marktstrukturen umso heftiger ausfallen.

Über den Autor:
Bernd Feldhaus ist Senior-Portfoliomanager bei der auf Anleihen spezialisierten Investmentboutique Inprimo Invest, der ehemaligen Johannes Führ Asset Management.

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