HQ-Trust-Geschäftsführer Reinhard Panse
Die Zukunft der Kapitalmarkterträge nach Jahren des Booms
Reinhard Panse, Geschäftsführer und Partner von HQ Trust, dem Multi Family Office der Harald-Quandt-Familie. Foto: Uwe Noelke
Nach Kapitalmarktjahren, die eigentlich nur eine Richtung kannten, stellt sich nun die Frage: wie weiter? Befinden sich Renten-, Aktien- und Immobilienmärkte in einer Art Blasenbildung, wie kam es dazu und was heißt das für den Ausblick auf künftige Risikoprämien?
Zu 4: Ungewöhnlich hohe Kreditkäufe in einer Anlageform:
Rentenmärkte weltweit: In der Eurozone finden wir dieses Phänomen bei vielen Banken, die mit sehr niedrigen Eigenkapitalquoten hohe Bilanzsummen und mit dem Fremdkapital in etlichen Ländern hohe Bestände an Staatsanleihen vor allem ihrer eigenen Regierung gekauft haben (beispielsweise Italien). Grund dafür ist Kriterium Nr. 5 (siehe unten). Generell gibt es bei Renten den Sonderfall, dass zum ersten Mal seit der Zeit nach dem 2. Weltkrieg Zentralbanken frisches Geld geschaffen (gedruckt) haben, um in Japan in Höhe von über 90 Prozent, in der Eurozone über 40 Prozent und in den USA und Großbritannien über 20 Prozent des Volkseinkommens...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Zu 4: Ungewöhnlich hohe Kreditkäufe in einer Anlageform:
- Rentenmärkte weltweit: In der Eurozone finden wir dieses Phänomen bei vielen Banken, die mit sehr niedrigen Eigenkapitalquoten hohe Bilanzsummen und mit dem Fremdkapital in etlichen Ländern hohe Bestände an Staatsanleihen vor allem ihrer eigenen Regierung gekauft haben (beispielsweise Italien). Grund dafür ist Kriterium Nr. 5 (siehe unten). Generell gibt es bei Renten den Sonderfall, dass zum ersten Mal seit der Zeit nach dem 2. Weltkrieg Zentralbanken frisches Geld geschaffen (gedruckt) haben, um in Japan in Höhe von über 90 Prozent, in der Eurozone über 40 Prozent und in den USA und Großbritannien über 20 Prozent des Volkseinkommens Staatsanleihen aufzukaufen.
- Aktienmärkte: In den USA werden zurzeit Rekordbeträge (2018 etwa 800 Milliarden US-Dollar) für Aktienrückkäufe Parallel sind die Schulden der US-Unternehmen auf Rekordstände im Verhältnis zum Volkseinkommen gestiegen. Im Rest der Welt können wir zurzeit keine besonders hohen Kreditkäufe feststellen; die japanischen Unternehmen, die 1989 auf dem Höhepunkt des damaligen Aktienbooms (siehe Punkt 2) für Überkreuzbeteiligungen auf Pump extrem hohe Kredite aufgenommen hatten, sind aktuell sehr vorsichtig und haben besonders wenig Schulden und sehr hohe Kontoguthaben.
- Immobilien: Die Hypothekenverschuldung ist weltweit nach Werten von 10 bis 35 Prozent des Volkseinkommens von 1920 bis 1980 seit 1980 von 30 Prozent auf den historischen Weltrekord von 70 Prozent des Volkseinkommens gestiegen – eine direkte Folge der seit 1980 (fast in allen Industrieländern zweistellige Renditen für Staatsanleihen und damit natürlich auch für Hypothekendarlehen) extrem stark gesunkenen langfristigen Zinssätze.
- Kryptowährungen: Banken sind bisher immerhin klug genug, für Kryptowährungskäufe keine Kredite zu vergeben. Dieses Kriterium fehlt hier also, was aber nicht als Kaufempfehlung verstanden werden sollte.
Zu 5: Staatlich gewollte Falschbilanzierung – häufig die Ursache für das gleichzeitige Auftreten der Kriterien 1 bis 4:
- Rentenmärkte:Staatsanleihen sind in Staaten mit einer eigenen Notenbank einem moderaten Inflationsrisiko ausgesetzt, in Staaten ohne eigene Notenbank (Mitglieder der Eurozone) kommt das Risiko eines Staatsbankrotts (Griechenland) hinzu. Daher sind sie absolut nicht risikolos und dürften von Banken nicht ohne Eigenkapitalunterlegung gekauft werden, aber die Staaten erlauben dies, um eine permanente Nachfrage nach ihren Papieren sicherzustellen. Auch Lebensversicherer können Anleihen anders als Aktien ohne Eigenkapital kaufen.
- Aktienmärkte: Zwei bekannte und folgenschwere Falschbilanzierungen waren Auslöser der oben erwähnten Aktienblasen in Japan 1989 und an der Nasdaq 2000. In Japan durften die Firmen in den 80er Jahren eingekaufte Aktienpakete mit dem Tageskurs oder dem Einkaufskurs bilanzieren, je nachdem welcher höher war. Dies war die Erfindung des Höchstwertprinzips in der Bilanzierung und faktisch eine Risikoloserklärung von Aktien. Die Folge war ein Kreditboom für Aktienkäufe und danach der Zusammenbruch des Aktienmarktes ab Januar 1990. An der Nasdaq durften die Aufwendungen der Firmen für die Bezahlung der Mitarbeiter über Aktienoptionen direkt über das Eigenkapitalkonto unter Umgehung der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht werden, so dass die damaligen gewaltigen Personalkosten dieser Firmen verschleiert werden konnten. Der Staat duldete die dadurch erzeugte extreme Überbewertung dieser Firmen, damit sich das Ausland nicht in die einzigartige Hightech-Industrie der USA einkaufen konnte.
- Immobilien: In Deutschland wurden nach der Wiedervereinigung 50 Prozent Sonderabschreibung auf Immobilienkäufe in Ostdeutschland gewährt, damit Privatleute ihr Vermögen im märkischen Sand verbuddeln und damit einen privat finanzierten Wirtschaftsboom auslösen und bezahlen sollten. Die Folge waren ein massiver Immobiliencrash nach dem Auslaufen der Sonderabschreibungen und hohe Vermögensverluste deutscher Privatanleger.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Rentenmärkte nach 2008 weltweit zu einer staatlich gewollten Blase geworden sind, aus der zurzeit nur in den wirtschaftlich im Moment starken USA vorsichtig etwas Luft abgelassen wird. Besitzer von deutschen Staatsanleihen werden in den nächsten zehn Jahren mehr als 15 Prozent realen Vermögensverlust erleiden.
An den Aktienmärkten herrschen dagegen relativ normale Verhältnisse. Auch der hoch bewertete US-Technologiesektor ist eher keine Blase, da die Firmen ein, der hohen Bewertung entsprechendes, hohes Gewinnwachstum aufweisen und ganz überwiegend sehr gute Bilanzen haben.
Im Immobilienbereich sind in einigen Teilmärkten, insbesondere Luxuswohnungen, weltweit Blasensymptome vorhanden. Kryptowährungen sind definitiv eine Blase, da sie keine Zinsen oder andere laufenden Renditen sowie ein enormes Totalverlustrisiko aufweisen sowie politisch dauerhaft nicht geduldet werden dürften.
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- Seite 1 − Wendepunkt vor 40 Jahren
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