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Aktualisiert am 09.09.2016 - 14:50 Uhrin MärkteLesedauer: 8 Minuten

Nachhaltigkeitsmanagement Nachhaltigkeit als wirtschaftliche Zukunftsperspektive

Perspektive Nachhaltigkeit

Die Bedeutung und Wirkung von Nachhaltigkeit als Trenderscheinung geht weit über den Einfluss auf das ökonomische Geschehen hinaus und lässt sich gleichzeitig nicht allein auf Umweltschutzaspekte reduzieren. Aus gutem Grund, denn per Definition handelt es sich um ein vielschichtiges Konzept, in dem Ökologie, Ökonomie und Soziales untrennbar miteinander verbunden sind.

Die Herausforderung von Unternehmensseite besteht also darin, einen komplexen und ganzheitlichen Ansatz von Prinzipien in die bestehende Strategie einzubringen. Zugleich birgt diese Aufgabe aber auf einer ganzen Reihe von Ebenen beste Zukunftschancen: Angefangen bei der sehr viel leichteren Umsetzung und Einhaltung von regulatorischen Anforderungen über betriebsinterne Einsparpotenziale bis hin zur Steigerung der Attraktivität für Verbraucher und Anleger ist die Integration einer nachhaltigen Unternehmensstrategie in vielerlei Hinsicht lohnenswert.

Im Einzelnen können die Gründe für eine nachhaltige Unternehmensführung natürlich auf gänzlich unterschiedlichen Schwerpunkten beruhen. Neben der Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichts können ebenso gut die Aussichten auf eine Reduzierung der Haftungs- und Reputationsrisiken ausschlaggebend sein, daneben spielen vielfach Verbesserungen der Ressourceneffizienz eine Rolle – zum einen unter dem Gesichtspunkt des Umwelt- und Klimaschutzes, zum anderen vor dem Hintergrund geringerer Kosten für Beschaffung, Produktion etc.

Letztendlich hilft nachhaltiges Wirtschaften auch beim Aufbau eines sehr viel positiveren Markenimages, denn für viele Anspruchsgruppen ist es ein durchaus relevantes Argument.

Nachhaltigkeit als Investmentargument

Dabei spielen selbstverständlich jeweils unterschiedliche Motivationen eine Rolle, für den Unternehmenserfolg sollten daher nach Möglichkeit die Anforderungen aller Gruppen Berücksichtigung finden. An erster Stelle sind hier die Verbraucher zu nennen, deren Bedürfnisse und Erwartungen hinsichtlich der Produktqualität und Unternehmensintegrität in der Konsequenz über das Kaufverhalten entscheiden. Ökologisch nachhaltig im Sinne von Bio-Qualität, Schadstofffreiheit, Sicherheit, Langlebigkeit, Energieeffizienz und Recycelbarkeit gehen einher mit dem Wahrnehmen ethischer Maßstäbe, insbesondere in puncto Sozialstandards und Arbeitnehmerrechte in allen Bereichen. Apropos Arbeitnehmer: Auch deren Wertvorstellungen wollen in gleicher Weise berücksichtigt werden, zumindest wenn eine langfristige Bindung motivierter Fachkräfte geplant ist. Gleichzeitig dient eine werteorientierte Unternehmenskultur der Identifikation mit dem Betrieb und dessen Philosophie.

Darüber hinaus ist Nachhaltigkeit auch an den Finanzmärkten ein wichtiges Kriterium: Investoren wie auch Banken achten in zunehmendem Maße darauf, welche Auswirkungen ihre Anlagen im sozialen und ökologischen Bereich haben. „Social Impact Investment“, also wirkungsorientiertes Investieren, befindet sich laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung auf dem deutschen Markt zwar noch in einer Findungsphase – was sich unter anderem in strukturellen Defiziten wie einer geringen Investorenbasis, kleinen und wenig diversifizierten Intermediären, einer begrenzten Anzahl an Anlageprodukten, wenigen investierbaren wirkungsorientierten Organisationen und einem großen Unterstützungsbedarfs hinsichtlich eines funktionierenden Marktumfelds äußert.

Auf der anderen Seite zeichnet sich aber die wachsende Bedeutung dieses Marktsegments ab: Innerhalb von nur drei Jahren hat sich der Umfang der Investitionen in wirkungsorientierte Finanzprodukte verdreifacht, nicht zuletzt deshalb, weil derartige Vermögensanlagen neben einem vergleichsweise guten Abschneiden beim Gegenüberstellen von Risiko und Rendite auch einen Überblick darüber erlauben, was das investierte Geld tatsächlich bewirkt. Damit diese Wirkung auch wirklich in der von den Anlegern gewünschten Weise entfaltet wird, braucht es jedoch beispielsweise Verwalter und Berater mit entsprechender Spezialisierung – ihre Aufgabe besteht unter anderem darin, die Messbarkeit der Wirkungsziele und die Möglichkeit der Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.

Zu diesen Vermittlern gehört beispielsweise Kames Capital, die sich mit ihrem Global Sustainable Equity Fund genau dieser Aufgabe widmen. Wie Fondsmanager Craig Bonthron im Interview mit Das Investment erklärte, beruht die Zusammenstellung des Portfolios auf einem Filterprozess aus Ausschlusskriterien und einer umfassenden Nachhaltigkeitsanalyse – letztere Bewertung erfolgt anhand des ökologischen und sozialen Verhaltens der betreffenden Unternehmen sowie deren Führung.

Ähnlich geht die Bank J. Safra Sarasin vor, die sich mit ihrem FairInvest-Universal-Fonds hauptsächlich an institutionelle Investoren richtet: Über das Best-of-Classes- und Best-in-Classes-Prinzip wird eine Branchenanalyse durchgeführt, die unter anderem Umwelt- oder Sozialrisiken aufzeigen kann. Wie bei Kames sind bestimmte Branchen, etwa aus dem Bereich Rüstung, Kernenergie, Tabakindustrie etc., von vorneherein ausgeschlossen. Erst nach der Beurteilung aufgrund der angelegten Nachhaltigkeitskriterien erfolgt die Finanzanalyse mit der Aussicht auf Aufnahme in das Portfolio. Nachhaltigkeit als Verkaufsargument

Wie bereits erwähnt, variieren die Gründe für eine Umstellung auf ein nachhaltigeres Wirtschaften – von Branche zu Branche, von Unternehmen zu Unternehmen. Worin auch immer die Motivation besteht, die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen ist unabhängig von der Größe des jeweiligen Betriebes machbar, das Institut für Management Informationssysteme imis weist aber in einer Analyse zur Nachhaltigen Unternehmensführung darauf hin, dass gerade in kleineren Unternehmen und im Dienstleistungssektor eine gleichzeitige Verfolgung ökologischer, ökonomischer und sozialer Zielsetzungen nicht der Standard ist.

Was keinesfalls bedeuten soll, dass sich nicht durchaus branchenübergreifend positive Beispiele für nachhaltige Unternehmensführung finden ließen. Zum Beispiel im Bankensektor, wo sich beispielsweise die GLS Bank einer an den menschlichen Bedürfnissen orientierten Nachhaltigkeitsstrategie verschrieben hat. Die Finanzierungsschwerpunkte liegen daher in den Bereichen Erneuerbare Energien, Wohnen, nachhaltige Wirtschaft, Bildung und Kultur, Ernährung und Sozialem und Gesundheit. Die von der GLS empfohlenen Unternehmen müssen für ihren ökonomischen Erfolg zwingend soziale und ökologische Faktoren berücksichtigen.

Zu den Positiv-Kriterien zählen deshalb eine an diesen Aspekten orientierte Unternehmenspolitik, soziales Engagement, entwicklungspolitische Ziele sowie Energie- und Ressourceneffizienz. Ausscheidungskriterien für Anlageempfehlungen sind hingegen die Verletzung von Menschenrechten, Kinderarbeit, Tierversuche, Tätigkeiten im Bereich Atomenergie, Rüstung, Suchtmittel etc. Damit deckt sich die Herangehensweise der GLS weitgehend mit der der oben genannten Nachhaltigkeitsfonds.

Wie betriebsinterne Nachhaltigkeit auf Ebene von Technik und Mitarbeitern integriert werden kann, zeigt die Produktion von diedruckerei.de: Die Online-Druckerei hat die Produktion in allen Bereichen nach Aspekten des Umweltschutzes strukturiert, angefangen bei den Anlagen, die beispielsweise für das ressourcenschonende „Computer-to-Plate“-Verfahren geeignet sind, über das Sammeldruckverfahren, Optimierungen beim Energie- und Wasserverbrauch reichen die Bemühungen um eine nachhaltige Unternehmensführung bis hin zur fortlaufenden Schulung der Mitarbeiter. Letztere dient – eigentlich in allen Unternehmen – nicht allein der Qualitätssicherung bezüglich der eigenen Produkte, sondern sensibilisiert außerdem für die wichtigen Themen des nachhaltigen Wirtschaftens.

Das Nachhaltigkeitsmanagement des Daimler-Konzerns steht sogar in einem verbindlichen Bezugsrahmen, der sich aus internationalen und nationalen Prinzipien zusammensetzt. Hierzu unter anderem die Richtlinien der UN Global Compact-Gruppe, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Arbeitsnormen der International Labour Organization (ILO), die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, der Deutsche Corporate Governance Kodex und einige andere mehr. Sie bilden die Basis für die Daimler-eigenen Grundsätze in puncto Nachhaltigkeit: die Richtlinie für integres Verhalten im Unternehmen, die Grundsätze der sozialen Verantwortung, Umwelt- und Energierichtlinien und die sozialen, ökologischen und geschäftsethischen Standards, die für die Lieferanten gelten.

Alternativloses Nachhaltigkeitsmanagement?

Die Frage, ob sich Investitionen von Unternehmensseite in das nachhaltige Wirtschaften tatsächlich auszahlen können, stellt sich in dieser Form eigentlich nicht. Es muss vielmehr danach gefragt werden, wie weitreichend die (positiven) Effekte des nachhaltigen Wirtschaftens letzten Endes sein können. Das Institut für Mittelstandsforschung kommt in seiner Untersuchung zu den Konzepten und Wirkungen nachhaltigen Unternehmertums zu dem Ergebnis, dass ökonomische Effekte sich im Zuge entsprechender Maßnahmen gewissermaßen als Begleiterscheinung einstellen: Der Nutzen macht sich unter anderem im Bereich der Kommunikationspolitik bemerkbar, wo beispielsweise eine bessere und positivere Öffentlichkeitswirkung erzielt werden kann, was wiederum die Kundenbeziehungen stärkt. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei der Personalpolitik ab – der vielfach beobachtete Nutzen des Nachhaltigkeitsman agements äußert sich in diesem Fall in der stärkeren Mitarbeiterbindung und größerer Motivation.

Nicht endgültig zu klären ist allerdings die Frage, inwieweit Nachhaltigkeit für sich genommen als wirtschaftlicher Erfolgstreiber fungieren kann. Das Potenzial, durch Verbesserungen im ökonomischen, ökologischen und sozialen Bereich zum Unternehmenserfolg beizutragen, ist sicherlich vorhanden – umgekehrt ist es aber ebenso möglich, dass erst der wirtschaftliche Erfolg überhaupt den finanziellen Spielraum für dahingehende Veränderungen ermöglicht. Unbestritten bleibt allerdings, dass Nachhaltigkeitsmanagement unabhängig von der Wirkungsrichtung und der Unternehmensgröße sowohl zu einer besseren Gesamtleistung als auch zu einem einfacheren Zugang zu Kapital führen kann. Alternativlos ist es dabei vorwiegend im Hinblick auf die ökologische und soziale Verantwortung der Unternehmen.

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