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Natixis-Studie Solvency II bereitet Versicherern die größten Sorgen

Im Rahmen einer internationalen Versicherungs-Studie, die heute von Natixis Global Asset Management vorgestellt wurde, geben knapp zwei Drittel (67 Prozent) der befragten Führungskräfte von Versicherern an, dass ihr Unternehmen auf die bevorstehenden regulatorischen Änderungen nicht ausreichend vorbereitet sei. Natixis Global Asset Management hat die Umfrage unter 200 Versicherungsmitarbeitern aus neun Ländern - USA, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Irland, Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen – durchgeführt.

Der Hintergrund: Durch die Solvency II-Richtlinie, die am 1. Januar 2016 in Kraft tritt, wird es für Versicherungen noch wichtiger, sich auf die neuen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen einzustellen. Solvency II zielt darauf ab, den Ausfall großer Versicherungskonzerne zu verhindern. Dadurch verändert sich die Art und Weise, wie diese Unternehmen agieren, investieren und im Wettbewerb zueinander stehen.

Auf kurze Sicht sorgt sich die Mehrheit der befragten Versicherungsmitarbeiter vor allem darum, die strengeren Kapitalanforderungen von Solvency II nicht erfüllen zu können. Darüber hinaus sieht sich die Branche durch die Kosten für die Umsetzung der neuen Vorgaben belastet. Aufgrund der neuen Bestimmungen werden viele Versicherer ihre Finanzreserven aufstocken und verstärkt in Risikomanagement-Expertise investieren müssen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf neue, immer größere Risiken wie etwa die Gefahr von Cyber-Attacken, Klimawandel und Terrorismus.

„Die Solidität von Versicherungsgesellschaften ist für das Finanzsystem von entscheidender Bedeutung. Deshalb wappnen sich die Versicherer momentan für die neuen, strengeren Standards“, so John Hailer, Chief Executive Officer bei Natixis Global Asset Management in Amerika und Asien. „Versicherer tun nichts anderes als Risiken zu steuern. Doch ihre bisherigen Strategien genügen womöglich nicht, um diese Risiken ausreichend einzudämmen und gleichzeitig die Investmentperformance zu verbessern. Um ihrer bedeutenden Rolle an den Märkten sowie auf gesellschaftlicher Ebene auch weiterhin gerecht zu werden, müssen die Versicherer deshalb innovative Wege finden, ihre Investments und Kapitalressourcen zu managen.“

Die meisten befragten Versicherer sind auf die aufsichtsrechtlichen Folgen nicht angemessen vorbereitet

Bereits in wenigen Wochen endet die Frist für die Umsetzung der Solvency II-Richtlinie der Europäischen Union. Gleichzeitig sind viele der sogenannten Dodd-Frank-Bestimmungen in den USA bereits in Kraft getreten. Laut Studienergebnis ist die Mehrheit der Versicherer jedoch nicht ausreichend auf die Herausforderungen, die das neue aufsichtsrechtliche Umfeld mit sich bringt, vorbereitet. So betrachtet die Hälfte der befragten Führungskräfte das regulatorische Umfeld als die größte Gefahr für die Versicherungsbranche.

Darüber hinaus hat die Studie ergeben, dass die Versicherungsunternehmen – unabhängig von ihrer Größe – derzeit bestrebt sind, sich immer effizienter zu organisieren. Gleichzeitig lässt sich bei der Suche nach neuen Wachstumsquellen ein hohes Maß an Findigkeit feststellen:

- Drei Viertel (76 Prozent) der Befragten zufolge wird es immer wichtiger, das Anlagevermögen möglichst effizient zu strukturieren.

- Zwei Drittel (64 Prozent) der Unternehmen betrachten Kapitalmarkt-Innovationen, wie versicherungsgebundene Wertpapiere und börsengehandelte Derivate auf Versicherungs-Indizes, als potenzielle Lösungen für ihre Bedürfnisse.

- 95 Prozent der Unternehmen beabsichtigen andere Kapitalmarkt-Lösungen, wie beispielsweise Futures, Swaps und andere Derivate, zu nutzen oder deren Einsatz zumindest in Erwägung zu ziehen.

- Gut die Hälfte (51 Prozent) der Versicherer ist der Meinung, dass die regulatorischen Veränderungen innerhalb der jeweiligen Region letztlich zu einem effizienteren Kapitaleinsatz geführt haben. Parallel dazu gehen 56 Prozent der Befragten davon aus, dass die neuen Vorgaben höhere Investitionen im Zusammenhang mit der Risikosteuerung zur Folge haben werden. Gleichzeitig wird eine Verbesserung von Risikomanagement-Strategien erwartet.

Das Streben nach Rendite treibt Risikobudgets nach oben

Die Ergebnisse der Umfrage sprechen dafür, dass sich bei den Versicherern ein grundlegender strategischer Wandel vollzieht, nachdem sich die Branche lange Zeit auf die Renditen von Anleihen verlassen hat. Die leitenden Mitarbeiter geben an, dass die repressive Geldmarktpolitik sowie die strengen aufsichtsrechtlichen Bestimmungen ihre Kapital- und Kostenstrukturen beeinflussen. Aus diesem Grund seien sie gezwungen, neue Wege zu finden, um zu investieren und das Risiko zu steuern.
Zu den entscheidenden Ergebnissen der Umfrage zählen außerdem folgende Erkenntnisse:

- Sechs von zehn Versicherern geben höhere Renditen als vorrangiges Anlageziel an. Allerdings sehen 68 Prozent ein Widerspruchspotenzial zwischen der Generierung eines Alpha einerseits und dem Schutz des investierten Vermögens andererseits.

- Mehr als drei Viertel (77 Prozent) erklären, dass wegen des extremen Niedrigzinsumfelds Anlageformen schwerer zu finden sind, mit denen sich die für die Bedienung zukünftiger Verbindlichkeiten erforderlichen Erträge erzielen lassen.

- Nach Einschätzung der meisten Befragten (62 Prozent) wird es außerdem immer schwieriger, Portfolios unter Einhaltung ihres Risikobudgets zu diversifizieren.

- 73 Prozent benötigen laut eigenen Angaben bessere Strategien zur Alpha-Generierung – ohne dabei das Risikobudget erhöhen zu müssen.

- Fast allen (92 Prozent) leitenden Versicherungsmitarbeitern ist bewusst, dass komplexere Portfoliostrukturen erforderlich sind, um ihre Anlageziele zu erreichen. Aus diesem Grund setzen 42 Prozent auf externe Vermögensverwalter, an die sie einen Teil oder sogar ihre gesamten Investmentaktivitäten auslagern.

„Durch die neuen Vorgaben steigt die Komplexität des Allokationsprozesses“, so Fabrice Chemouny, Executive Vice President und Global Head of Institutional Sales bei Natixis Global Asset Management. „Einerseits halten Versicherer nach Rendite Ausschau, während sie andererseits aber auch Stabilität bieten müssen, um ihre Investoren zufriedenzustellen. Außerdem müssen sie ihre eigenen Margen steigern, ohne dabei zusätzliche Risiken einzugehen oder die Kapitalkosten zu erhöhen. Durch die langfristigen Auswirkungen der niedrigen Zinsen bieten traditionelle Anlageformen nur noch begrenzte Optionen. Das ist ein sehr empfindliches Gleichgewicht.“

Die Umfrage hat ferner ergeben, dass die Versicherungsunternehmen ihre Allokationen in alternativen Investmentstrategien im nächsten Jahr anheben möchten. Auf diese Weise sollen höhere Renditen erzielt werden als jene, die man von Anleiheinvestments erwartet.

- Über die Hälfte der befragten Versicherer (58 Prozent) haben vor, vermehrt nicht-traditionelle Anlageformen wie Immobilien, Infrastrukturinvestments, Private Equity-Anlagen oder weitere alternative Vermögenswerte zu nutzen. Auf diese Weise möchten sie stabile Erträge mit einer niedrigen Korrelation zu den Märkten erwirtschaften.

- Aufgrund ihrer Zuversicht auf höhere Erträge plant fast die Hälfte der Versicherer (49 Prozent) ihre Allokationen in Aktien im Laufe des nächsten Jahres anzuheben. Nur 17 Prozent beabsichtigen, ihre Engagements in Anleihen aufzustocken.

- 59 Prozent sind der Auffassung, dass Investments in neue und alternative Anlageklassen aufgrund der neuen Bewertungsmethoden und der strengeren Kapitalanforderungen schwieriger geworden sind.

Die Ergebnisse der Natixis-Umfrage sowie die in Interviews mit leitenden Branchenvertretern gewonnenen Erkenntnisse sind auch in das Whitepaper „Seeking Certainty in Uncertain Times“ eingeflossen. Dieses ist vom Natixis Global Asset Management Durable Portfolio Construction Research Center herausgegeben worden.

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