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Aktualisiert am 13.07.2011 - 12:05 Uhrin FinanzberatungLesedauer: 5 Minuten

Fondsboutiquen und Family Offices – Schweigen kostet Gold?

Markus Hill
Markus Hill
Unzufriedenheit schleicht sich jedoch häufiger ein, da oft der Ruf nach quantitativem und qualitativem Wachstum nicht verstummt. Das Hamsterrad wird von diesen Kundengruppen oft in Gesprächen als Bild benutzt.

Im Sinne von: „Wir haben Top-Fondsmanager, exzellente Kundenbetreuer, hervorragende Dienstleistungen, spezielles Know-how und Produkte - aber eigentlich würden wir noch ganz andere Kundengruppen ansprechen. Leider haben wir oft nicht die Zeit, mit den richtigen Investoren in den Dialog zu treten“.

Worin können Gründe für diese Unzufriedenheit liegen? Gibt es überhaupt eine Lösung für das Problem?

Unabhängige Vermögensverwalter und Family Offices – Transparenz als Marktsignal Viele unabhängige Vermögensverwalter und Family Office beweisen oft durch eine sehr lange Firmenhistorie, dass man es geschafft hat, dem Kunden einen Mehrwert zu bieten.

Ein hoher Grad an Kundenbindung kann durch überlegene Performance wie auch durch das überlegene, maßgeschneiderte Angebot von Problemlösungen entstehen. Vergleichbar erscheint dieser Erfolg wie der Siegeszug der Hidden Champions der deutschen Mittelstandsindustrie.

Viele Family Offices bauen Ihren guten Ruf auf der speziellen Fähigkeit auf, über exzellente Kenntnis der Kundenbedürfnisse und ureigene Services zu verfügen beziehungsweise über Know-how-Netzwerke dem Kunden behilflich sein zu können.

In den letzen Jahren treten einige dieser „Consultants“ für den privaten Kunden auch als Anbieter von eigenen Produkten in Erscheinung.

Als Nebeneffekt der für die eigenen Kunden bei Kapitalanlagegesellschaften wie Universal Investment, Oppenheim Fonds Trust oder zum Beispiel Hauck & Aufhäuser aufgelegten Fonds profitiert zunehmend auch der Privatanleger wie auch der Institutionelle von deren Expertise.

Ein sehr kompetitives Umfeld: Durch den Schritt in die Öffentlichkeit signalisiert man Transparenz. Wettbewerb kommt den Privatkunden zugute, wie auch bei den Private Label Fonds von kleinen und mittelgroßen Vermögensverwaltern. („Fondsboutiquen“).

„Primitiver“ Produktvertrieb versus fachlicher Gedankenaustausch – wird zu viel gesägt und zu wenig geschärft?

Unternehmen mit großen Fixkostenblöcken und starkem Druck bezüglich Kapazitätsauslastung haben oft die Tendenz, ständig neue Ertragsquellen suchen zu müssen.

Muss man viele Portfoliomanager, Produktspezialisten und Marketingstäbe finanzieren unterliegt man oft dem Druck, viele neue Produkte in der Pipeline zu haben.

Die Frage, die sich seit Jahren stellt ist, ob das Wachstum der Asset-Management-Industrie auch von einem Wachstum der Anzahl der überdurchschnittlich guten Fondsmanager begleitet wird.

Diese Frage wird von vielen Investoren wohl mit einem entschiedenen Nein beantwortet. Kleine, unabhängige Asset Manager (ein Netzwerk in Frankfurt: Verband unabhängiger Vermögensverwalter e. V.) profitieren von dieser Entwicklung.

Bei vielen Projekt-Gesprächen mit Investoren im Seed-Money-Bereich und bei der qualifizierten Suche nach Produktlösungen wird mir immer wieder signalisiert, dass die Expertise von vielen kleinen Häusern, die im Direktkontakt ihr Know-how und ihre Vorzüge erläutern können, oft auf mehr Interesse stoßen als die durchschnittliche Sales-Story eines reinen Vertriebsmitarbeiters in Kombination mit unbestritten hochprofessionell aufbereitetem Marketingmaterial von manchem „großen“ Haus.

Zudem nehme ich oft Offenheit, Interesse und Dankbarkeit bei potentiellen Investoren wahr, wenn man im Dialog herausarbeitet, welche Produkte beziehungsweise Problemlösungen (!) überhaupt von Interesse sind.

Fairerweise, trotz negativer Investorenurteile, ist zu sagen: Es gibt natürlich gute Vertriebsleute in beiden Lagern und gutes Research, das oft von großen Häusern zur Verfügung gestellt wird. Research, Aufsätze und andere Ausarbeitungen, die vielen Investoren oft nicht bekannt sind!

Investoren: Bedürfniss, Wünsche und mögliche Stolpersteine

Worauf die beschriebene Kommunikationsthematik hinausläuft ist, dass viele Investoren nicht wissen, dass gegenwärtig sehr gute Produkte mit interessanten Ansätzen nach Seed-Money oder exzellente Fonds mit kleinem Volumen nach Aufstockungsmöglichkeiten suchen.

Was könnten zum Beispiel die möglichen Gründe für so einen Missmatch bei bestimmten Investoren in Frankfurt am Main sein?

Wie so oft kann es ganz einfach sein – der eine redet nicht mit dem anderen beziehungsweise der eine möchte mit dem anderen nicht reden, weil ihm dieser zu aufdringlich erscheint.

Ein Auftraggeber von mir will zum Beispiel neue Produkte auswählen, geht aber nicht mehr auf Veranstaltungen in Frankfurt, Düsseldorf und München und lehnt es ab, mit Vertriebsmitarbeitern von Fondsgesellschaften (große und kleine Gesellschaften!) zu sprechen, weil er in solchen Gesprächen keinen Mehrwert erkennen kann.

Indirekt einmal eine Anregung für den Ausbau von Trainingsmaßnahmen im Vertriebsbereich für alle Produktanbieter: Vertriebsmann als Know-how-Multiplikator versus „Sprechendes-Fact-Sheet-Image“.

Ein anderer, simpler Grund kann sein, dass viele der kleinen Unternehmen sich nicht die Zeit nehmen wollen, verstärkt in den Investorendialog zu treten, weil es Zeit und Geld – neue Mitarbeiter, intern oder extern, Marketingbudget – kosten würde.

Der elementare Grundstein für nicht zufriedenstellende Wachstumsraten und mangelnden Bekanntheitsgrad, ist hiermit „erfolgreich“ gelegt.
Know-how-Kommunikation: Fondsboutiquen und Family Offices könnten Vorreiterrolle einnehmen.

Wenn ein Geschäftsmodell langfristig ausgelegt ist und vielleicht sogar von außen aus gesehen deshalb als zu wenig profitorientiert betrachtet wird – häufige Kritik an nicht börsennotierten, eigentümergeführten Unternehmen – hat man einen Wettbewerbsvorteil.

Der Druck zum ständigen Produktverkauf steht nicht zwischen Anbieter und Investor. Erfolgreiche Fondsboutiquen und Family Offices haben diesen Vorteil schon vor Jahren erkannt.

Das weit verstreute Fachwissen von vielen kleinen und mittelgroßen Unternehmen in der Asset Management-Branche erscheint oft ungenutzt. Man stellt sein Licht unter den Scheffel.

Ertragsminderungen im Sinne von hohen Opportunitätskosten sind häufig die Folge: Ähnlich wie der deutsche Mittelständler, der in Europa den Schneepflug-Markt zu 70 Prozent beherrscht, sollten kleine, spezialisierte Fondsanbieter Segmente erfolgreich besetzen können – wenn man sie denn nur einfach kennen würde.

Könnten diese sich von den üblichen, oft stärker opportunistisch geprägten, Marketing-Strategien etablierter Häuser absetzen, würden sie zusätzliche Aufmerksamkeit bei Investoren finden.

Dies gilt sowohl für Fondsanbieter wie auch Family Offices. Family Offices erscheinen oft wie eine „Schatzkiste“ an gebündeltem Know-how. Dies trifft auch auf einige Kapitalanlagegesellschaften zu, die Private Label Fonds auflegen – oft unbekannte Consulting-Netzwerke.

Viele würden, unter Wahrung von Diskretion und Professionalität, gerne verstärkt ihre Dienstleistungen an vermögende private und institutionelle Investoren anbieten. Man kann nur beherzt fordern, dass diese Anbieter in Zukunft mehr Kommunikations- und Netzwerkaktivitäten betreiben.

Unabhängig davon, ob intern oder extern organisiert, betreut, „promotet“: Gute Qualität sollte mehr Visibilität erhalten. Denn wie in vielen Branchen, die gerne wachsen wollen, gilt: Reden ist Silber, Schweigen kostet Gold!

Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt. Seine Fachgebiete liegen in Marketing / Vertrieb / PR und in der Managerselektion. Hill beschäftigt sich intensiv mit Private Label Fonds, Fondsboutiquen und dem Einsatz von Publikumsfonds (Fondsselektion) bei Institutionellen: www.markus-hill.com 

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