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Schöne Worte statt schöner Taten Flossbach-von-Storch-Experte: Integrität ist oft nur vages Versprechen

Philipp Immenkötter, Research Analyst beim Flossbach von Storch Research Institute
Philipp Immenkötter, Research Analyst beim Flossbach von Storch Research Institute
Integrität ist ein gewichtiges Wort. Es klingt gut – und vermittelt Vertrauen. Kein Wunder, dass es in den meisten Unternehmensberichten zu finden ist. „Unsere Worte“, so möchten uns die Verfasser zurufen, „stimmen mit unseren Taten“ überein. Ist dem tatsächlich so? Leider gibt es keine TÜV-Plakette, die als Gütesiegel für die Glaubwürdigkeit der Worte eines Unternehmens taugen würde. Wir haben uns deshalb die Geschäftsberichte aller Dax-Konzerne vorgenommen und geschaut, ob für die schönen Worte auch schöne Taten – also handfeste Nachweise –  erbracht werden. Kurzum, ist das Handeln auch tatsächlich so integer ist, wie es die Zeilen ihrer Berichte weismachen wollen?

Das Ergebnis unserer Analyse ist ernüchternd; Maßnahmen, die ein solch integres Verhalten dokumentieren würden, sind selten. Nun müssen die fehlenden Belege nicht zwangsläufig bedeuten, dass es sie in Wahrheit gar nicht gibt. Möglicherweise wurde, aus welchen Gründen auch immer, nur darauf verzichtet, sie ausführlich im Geschäftsbericht darzulegen. Dennoch:  Das Gefühl, es handle sich bei den salbungsvollen Worten um nichts mehr als vage Versprechen, bleibt. Auch wenn ein TÜV-Prüfer zuweilen etwas übersehen mag, so steckt hinter der Plakette doch eine verlässlichere Aussage.

Volkswagen, Siemens, Daimler und die Deutsche Bank fallen als Positivbeispiele auf. Allesamt machen umfangreichen Integritätsversprechen, die, wie unsere Studie zeigt, auch durch entsprechende Maßnahmen untermauert sind.
Ist es Zufall, dass ausgerechnet diese vier Unternehmen als Vorbilder taugen, die in ihrer jüngeren Firmenhistorie mehr negative als positive Schlagzeilen produziert haben? VW als Manipulator von Abgaswerten, Siemens und Daimler mit Schmier- bzw. Bestechungsgeldern sowie die Deutsche Bank mit einer Vielzahl von Skandalen und Skandälchen. Schelm ist, wer Böses dabei im Sinn hat.

In den vergangenen Jahren jedenfalls waren den genannten Unternehmen die kurzfristigen Gewinne offenbar wichtiger als  Integrität und Nachhaltigkeit. Das Ergebnis ist bekannt: Investoren verloren Milliarden, und die Unternehmen erlitten einen  herben Vertrauensverlust.

Seither hat sich einiges getan: Daimler beispielsweise hat ein Vorstandsressort für „Integrität und „Recht“ installiert, das bis vor kurzem von einer ehemaligen Bundesverfassungsrichterin verantwortet wurde. Jene Dame ist übrigens jüngst zu Volkswagen gewechselt, um in Wolfsburg das neu geschaffene, gleichnamige Ressort zu leiten. Siemens wiederum verleiht unter Mitarbeitern einen Preis für Integrität und Compliance und die Deutsche Bank hat einen Integritätsausschuss im Aufsichtsrat gebildet.

Bei Siemens und Daimler scheinen sich die Maßnahmen auszuzahlen – das ramponierte Image ist Vergangenheit. Da die Skandale bei der Deutschen Bank und Volkswagen noch nicht restlos aufgearbeitet sind, wird sich erst noch zeigen, ob deren Wille zur Besserung und die gemachten Integritätsversprechen nachhaltig sind.

Eines jedoch ist sicher: Es lohnt sich, die eigene Integrität zu untermauern und den schönen Worten auch schöne Taten folgen zu lassen – siehe Siemens, siehe Daimler. Nur wäre es wünschenswert, wenn diese Erkenntnis nicht durch einen Skandal erzwungen würde, sondern lange davor reifte.

Der Autor arbeitet für das Flossbach von Storch Research Institute in Köln.

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