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Billige Aktien und kaum Inflation: Schweizer Experten über die Währunsgabwertung

Quelle: Pixelio
Quelle: Pixelio
Thomas Steinemann, Chefstratege der Vontobel-Gruppe und Sven Schubert, Foreign Exchange und Emerging Markets Research von Vontobel

Die Verteidigung des neuen Wechselkursziels wird gelingen

„Wir gehen davon aus, dass die Verteidigung des neuen Wechselkursziels gelingen wird. Dies aus drei Gründen:
• Erstens hat die SNB durch die gewählte Formulierung ihre gesamte Reputation in die Waagschale geworfen.
• Zweitens dürfte sie das Einverständnis der Politik zu diesem ungewöhnlichen Schritt
mit allen Konsequenzen eingeholt haben.
• Und drittens gehen alle ernstzunehmenden Analysen selbst bei einem Kurs von 1,20 von einem überbewerteten Franken aus. Wir selbst halten einen Kurs von rund 1,28 für angemessen.

Die Solidität der Staatsfinanzen ist in der Schweiz nach wie vor deutlich höher als in der EU

„Die potentiell anhaltenden Kapitalzuflüsse in den Schweizer Franken werden die SNB zu einer weiteren Erhöhung der Geldmenge veranlassen und die kurzfristigen Zinsen entsprechend sehr niedrig halten. Im Extremfall werden auch Negativzinsen in Betracht gezogen werden. Bei den längeren Laufzeiten im Anleihenbereich ist hingegen von einem Anstieg auszugehen, sodass wir eine steilere Zinskurve erwarten. Denn das Wechselkursrisiko für Anleihen in Euro ist für Schweizer-Franken-Investoren deutlich geringer geworden. Allerdings gibt es weiterhin Gründe, warum sich die Anleihenrenditen nicht vollständig dem Euroniveau annähern werden. Die Solidität der Staatsfinanzen ist in der Schweiz nach wie vor deutlich höher und die Inflation niedriger.“

Aktienmarkt: Keine weiteren namhaften Kursanstiege

„Der Schweizer Aktienmarkt hat deutlich fester notiert. Vieles von der Wechselkursbewegung ist in den gestiegenen Preisen enthalten. Zudem sind die Probleme in der Eurozone nach wie vor ungelöst, sodass wir zunächst von keinen weiteren namhaften Kursanstiegen ausgehen. Wichtiger für die Aktienmärkte wird sein, wie die Politiker in Europa die anstehenden Meilensteine im September angehen. Wir bleiben somit bei Aktien unverändert untergewichtet.“

Stefan Bohren, Portfoliomanager des UBS Swiss Opportunity Fund Aktuelle Schweizer Aktienbewertungen liegen deutlich unter den historischen Niveaus

„Die Entscheidung zum Mindestwechselkurs wird sich sehr positiv auf die exportorientieren und international aktiven Schweizer Unternehmen auswirken, denn aus fundamentaler Sicht ist die Schweizer Wirtschaft weiterhin gut aufgestellt.“

„Eine Analyse von UBS Wealth Management kommt zu dem Ergebnis, dass die aktuellen Schweizer Aktienbewertungen deutlich unter den historischen Niveaus liegen, so dass Schweizer Aktien bei einer stabilen wirtschaftlichen Entwicklung auf mittlere Sicht sehr attraktiv seien. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis für den Swiss Performance Index von unter 12 für das Jahr 2012 liege die Marktbewertung klar unter dem historischen Durchschnitt von 15,7.“

Oliver Adler, Leiter internationale Volkswirtschaften bei Credit Suisse

Das Inflationsrisiko erscheint uns auf mittlere Frist sehr gering

„Ist das Wechselkursziel von 1,20 zu 1 glaubwürdig? Während der Währungsmarktinterventionen 2009/2010 wendete die SNB für die Devisenkäufe über CHF 180 Mrd. auf. Dennoch konnte eine weitere Frankenaufwertung nicht verhindert werden. Die Ausgangslage erscheint heute günstiger: Erstens hat die SNB ihr Ziel klarer und - zumindest verbal - verbindlicher kommuniziert. Zweitens herrscht am Markt Einigkeit darüber, dass der Franken auch bei 1.20 überbewertet ist. Drittens tendiert die Inflation in der Schweiz gegen null und die Konjunktur befindet sich in einer Abschwächungsphase. Somit stünden unsterilisierte Devisenmarktinterventionen vorläufig nicht im Widerspruch zu den übrigen Zielen der Notenbank. Viertens kann die SNB im Gegensatz zu 2009/2010 auf eine breite politische Unterstützung zählen. Allerdings kann keineswegs ausgeschlossen werden, dass das neue Kursziel der SNB vom Markt getestet wird. Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn sich die Turbulenzen im Euro-Raum weiter ausweiten.“

„Entsteht durch das Wechselkursziel Inflationsgefahr? Da ein Wechselkursziel, wie oben erwähnt, durch Devisenmarktoperationen potenziell zu einer ausgeprägten Ausdehnung der Notenbankgeldmenge führen könnte, stellt sich die Frage nach den möglichen inflationären Folgen. Im aktuellen Umfeld mit einem sehr tiefen Preisdruck in der Schweiz wie auch im Euroraum erscheint uns das Inflationsrisiko auf mittlere Frist sehr gering. Langfristig hängt das Inflationsrisiko davon ab, ob die SNB für eine rechtzeitige Abschöpfung dieser Liquidität sorgen wird. Sollte die (indirekte) Bindung des Schweizer Frankens an den Euro länger Bestand haben, würde das Inflationsrisiko langfristig vom Stabilitätsgrad der EZB-Politik abhängen. Vorerst bestehen auch hier kaum Zweifel, solange die Autonomie der EZB gewahrt wird und der Druck zur Stützung der Staatsfinanzen seitens der Mitgliedsländer begrenzt bleibt.“

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